[Kunst und Macht]

Kunst und Macht: Europa unter den Diktatoren (1930 - 1945)

[Europarat] 23. Ausstellung des Europarats

Deutsches Historisches Museum: 11. Juni - 20. August 1996

[English] English version available

[Adolf Ziegler, Die 4 Elemente] Die politischen Umwälzungen, die sich in den 30er Jahren und während des Krieges in Europa ereigneten, wirken immer noch nach und die Welt, in der wir heute leben, wurde von dieser Ära extremistischer Weltanschauungen nachhaltig geprägt. Mehr als 50 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, zeigt uns eine neuartige Ausstellung, die heute im Deutschen Historischen Museum zu sehen ist, wie Kunst, Architektur und Film von der Ideologie totalitärer Regime (Hitler, Stalin und Mussolini) als Werkzeuge der Propaganda mißbraucht wurden.

In der äußerst beklemmenden Atmosphäre im Europa der 30er Jahre stritten sich die miteinander konkurrierenden Ideologien Kommunismus und Faschismus heftig um die Kultur und die Künstler waren gezwungen, in ihrer Beziehung zur Macht klar Stellung zu beziehen, was manchen einzigartige Möglichkeiten verschaffte, während andere dafür mit ihrem Leben zahlten.

Vier Großstädte bilden das Konzept der Ausstellung, angefangen von der Weltausstellung 1937 in Paris, wo die Großmächte ganz im Einklang mit ihren Kriegsvorbereitungen auf dem Gebiet der Kultur im Wettstreit miteinander standen. Die Weltausstellung von Paris war Schauplatz einer erbitterten kulturellen Konfrontation an den Ufern der Seine und jeder Pavillon hatte sein eigenes nationales Credo. Der deutsche Pavillon von Speer mit dem preußischen Adler erhob sich gegen den sowjetischen Pavillon von Iofan mit der berühmten Monumentalgruppe von Muchina: "Der Arbeiter und die Kolchosbäuerin". Der spanische Pavillon des katalanischen Architekten Sert zeigte Picassos Werk "Guernica".

Nach Paris zeigt die Ausstellung Kunst aus Rom, Moskau und Berlin. Mehr als 600 Werke sind vertreten: Bilder, Skulpturen, Architekturmodelle, Zeichnungen, Fotografien, Plakate und Filme. Ein Großteil der architektonischen Dokumente wurde noch nie zuvor gezeigt. Hitler, Mussolini und Stalin, Diktatoren, deren Größenwahn sich insbesondere in ihrer Vorliebe für Kolossalbauten manifestierte, haben die neuen Stadtplanungen für diese Großstädte persönlich vorangetrieben. Die Ausstellung zeigt, wie Berlin aussehen würde, wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte: Speers Plan sah den Bau eines Triumphbogens vor, der dreimal so groß sein sollte wie der von Paris, einen riesigen Palast für den Führer und zwei 50 km lange Autobahnen von Ost nach West und von Nord nach Süd. An einer dieser Straßen sollte sich ein 300 m hoher Volkspalast mit einem Fassungsvermögen von 150.000 Personen erheben.

Die Toleranzschwelle gegenüber den Künstlern war von Land zu Land äußerst unterschiedlich. In Deutschland war die Situation besonders dramatisch. Beckmann, Nolde, Klee, Barlach und Kollwitz wurden als degeneriert abgestempelt, während Maler und Bildhauer wie Ziegler, Breker, Thorak und Kolbe von den Nazis gefördert wurden und große Aufträge erhielten. Dagegen befanden sich unter den italienischen Künstlern, die in der Gunst von Mussolinis Faschisten standen, große Vertreter der Kunst der 30er Jahre wie der Bildhauer Martini und der Maler Sironi. Zu den italienischen Künstlern gehörten außerdem de Chirico, Guttuso, Fontana, Morandi, Pirandello und Carrà.

Im Mittelpunkt der russischen Abteilung stehen der Moskauer Stadtplan von 1935 nach den Vorstellungen Stalins und andere Baupläne: die Moskauer U-Bahn, der Palast des Wettkampfes der Sowjets und der landwirtschaftliche Ausstellungspark des Verbandes. Unter den sowjetischen Künstlern befindet sich auch die Avantgarde der vorausgegangenen Generation mit Malevich, Tatlin und Filonow sowie Malern und Bildhauern des sozialistischen Realismus wie Gerassimow, Brodsky und Muchina, die den offiziellen Stil vertraten. Aus allen drei Städten werden sowohl Werke gezeigt, die vom Staat in Auftrag gegeben wurden, als auch solche, die im Exil oder Untergrund geschaffen wurden.

Die wichtigsten Museen, die Werke für die Ausstellung verliehen haben, sind die Galerie Tretiakow und das Architekturmuseum Chtchoussew in Moskau, die Staatliche Galerie für Moderne Kunst in Rom; die Galerie für Moderne Kunst in Mailand, die Neue Nationalgalerie und die Kunsthochschule von Berlin, das Städelsche Kunstintitut in Frankfurt, das Kunstmuseum der Universität Iowa, das Museum für Moderne Kunst in New York und das Museo Nacional Reina Sofia von Madrid sowie zahlreiche Privatkollektionen.

Die Ausstellung "Kunst und Macht" wurde zusammengestellt von Dawn Ades von der Universität Essex, David Elliott, Direktor des Museums für Moderne Kunst in Oxford, Tim Benton, Dekan der Kunsthochschule des Fernstudien-Zentrums, Iain Boyd Whyte, Direktor des Zentrums für Architekturgeschichte der Universität Edinburgh, des Malers und Filmemachers Lutz Becker und der Historikerin für italienische Kunst des 20. Jahrhunderts, Simonetta Frachelli. Sie wird gefördert von einem einflußreichen internationalen Komitee von Museumskonservatoren und Kunsthistorikern aus ganz Europa.

"Kunst und Macht" ist die neueste Ausgabe einer bemerkenswerten Ausstellungsreihe des Europarats, die seit dem Ende des Krieges in mehreren europäischen Großstädten gezeigt wurde. Sie ist erst die zweite Ausstellung, die sich mit dem 20. Jahrhundert befaßt. Vorausgegangen war die Ausstellung "Tendenzen der Zwanziger Jahre", die 1977 ebenfalls in Berlin organisiert wurde. Nach der Hayward Gallery in London und dem Zentrum für Zeitgenössische Kunst in Barcelona ist die Ausstellung vom 11. Juni bis 20. August 1996 im Deutschen Historischen Museum in Berlin zu sehen.

Zu der Ausstellung ist ein illustrierter Katalog zum Preis von DM 48,- erschienen mit einem Vorwort von Eric Hobsbawm und einem Nachwort von Neal Ascherson sowie Beiträgen bedeutender Fachleute aus Rußland, Frankreich, Italien, Deutschland und Amerika. (vergriffen)


  • Begleitprogramm mit Filmen, Vorträgen, Lesungen und Konzerten
  • Öffnungszeiten: täglich von 10 bis 20 Uhr außer mittwochs.
  • Eintritt frei
  • Weitere Auskünfte:
    • In Berlin bei Angelika Wachs
    • In Straßburg: Denise Slavik und Micaela Börner
      Tel.: 033 41 25 74 und 033 41 25 95, Fax: 033 41 27 89/90.
Council of Europe - Conseil de l'Europe
INFORMATION AND INFORMATION TECHNOLOGIES
COMMUNICATION ET TECHNOLOGIES DE L'INFORMATION
F-67075 STRASBOURG CEDEX (FRANCE)
Tél: 88 41 25 60 Telex :871388F Telefax 88 41 27 90
[Sowj. u. deutscher Pavillion]
[Horacio Ferrer, Die schwarzen Flugzeuge]
[Tullio Crali, Sturzflug auf die Stadt]
[A. Amochwalow, S.M. Kirow nimmt die Sportparade ab]
[Willi Baumeister, Der Rächer mit Kopf v. W. Baumeister]
[Gerardo Dottori, Il Duche]
[Georgi Rubljev, Stalin]


HomePage Up Mail Impressum Guestbook