„Jüdisches
Leben in Deutschland von 1914 bis 2004“ wird
für den bundesweiten Schulunterricht als DVD
angeboten und ab Ende Januar 2005 in deutscher und
englischer Sprache ins Internet
gestellt.
Die Erinnerung an den Holocaust ist heute Teil
der allgemeinen Zeitgeschichte, sie lebt jedoch
auch in Einzelschicksalen fort – sie trägt
Namen und hat Gesichter. Ein gemeinsames Projekt
der Bundeszentrale
für politische Bildung und der Multimediaabteilung
des Deutschen Historischen Museums bringt Ereignisgeschichte
und Familienbiographie zusammen: „Jüdisches
Leben in Deutschland von 1914 bis 2004“ spiegelt
sich in der Geschichte der Familie Chotzen.
Die Familie Chotzen
Die vier Söhne der Familie Chotzen aus Berlin-Wilmersdorf
waren blond, sportlich, strahlen auf unzähligen
Fotos Kraft und Freude aus. Als sogenannte „Halbjuden“,
ihre Mutter Elsa stammte aus protestantischem Elternhaus,
schien es für die jungen Männer sogar
im Bereich des Möglichen in Nazideutschland
zu überleben. Doch dann hat die „Endlösung“
sie eingeholt, wie einer der Brüder in einem
Brief lapidar vermerkt. Drei der Brüder kamen
mit ihren Frauen im KZ um. Vorausgegangen waren
unzählige und zeitweise auch erfolgreiche Befreiungsversuche
der Mutter, die auch an der legendären Rosenstraßen-Demonstration
teilnahm.
Diese Geschichte erzählt von großem Leid,
aber auch von großer Liebe. Noch kurz vor
der Deportation heiraten alle Jungs ihre Freundinnen,
um mit ihnen zusammen zu bleiben. Ruth – die
Überlebende, die uns von dieser Zeit berichtet
– folgte ihrem Mann aus Liebe bis nach Auschwitz.
Die Zeitgeschichte
Jüdisches Leben im Deutschland des 20.
Jahrhunderts beginnt mit einer Phase der kulturellen,
wissenschaftlichen und ökonomischen Blüte
an der jüdische Frauen und Männer einen
bedeutenden qualitativen Anteil haben. Diese Periode
der Emanzipation und Integration zur Kaiserzeit
und während der Weimarer Republik erfährt
mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten
ein jähes Ende.
Bedrohung, Entrechtung, Ausbeutung und Verfolgung
der Deutschen jüdischen Glaubens münden
im Holocaust, in der physischen Vernichtung der
europäischen Juden.
Eine eigene, neue historische Periode stellt die
Geschichte der Juden in Deutschland nach 1945 dar.
Diese ist geprägt durch die Entstehung neuer
Gemeinden, den Generationswechsel in den Führungspositionen
und nicht zuletzt durch die veränderte Situation
der Wiedervereinigung von 1990. „Anfang des
21. Jahrhunderts finden in Deutschland wichtige
Veränderungen statt, darunter auch die Entwicklung
zu einer unbestritten etablierten Position, die
jüdische Gemeinden in der Öffentlichkeit
einnehmen.“ (Staatsminister Prof. Dr. Julian
Nida-Rümelin)
Das Projekt „Jüdisches Leben
in Deutschland 1914 bis 2004“
In diesem Medienprojekt ist einumfangreicher Datenpool
mit ca. 1700 Einzelbildern und über 200 Filmausschnitten
abrufbar, der die Geschichte des Wandels jüdischen
Lebens in Deutschland ausführlich dokumentiert.
Durch die Parallelität von Familienbiographie
und Ereignisgeschichte erhält die politische
Geschichte gleichsam ein persönliches Gesicht:
Die Daten und Fakten der Zeit finden ihren ganz
individuellen Widerhall im Familienleben der Chotzens.
Ungewöhnlich an der Auslöschung dieser
Familie ist der minutiös dokumentierte Verlauf.
Das Deutsche Historische Museum, das den Fall 2002
für die große Holocaust-Ausstellung aufarbeitete,
und die Gedenkstätte Haus
der Wannsee-Konferenz besitzen Briefe, Fotos,
Postkarten, sowie das Haushaltsbuch der Mutter.
Darin notiert Elsa Chotzen akribisch alle Ausgaben
und Einkünfte der Familie. Jeder einzelne Tag
ist mit jedem ausgegebenen Pfennig exakt aufgeführt.
Der Autor Gorch Pieken zeichnet den Weg einer ganz
normalen Familie nach, die dem Holocaust zum Opfer
fiel.
Die neuen Medien und Technologien eröffnen
auch neue Qualitäten des Lernens. Für
die verstärkte Verknüpfung der Bildungsinstitutionen
Schule und Museum werden für Grundschule, Sekundarstufe
I und II Texte, Aufgabenstellungen und Themenführungen
angeboten. Themenbezogene Text- und Materialsammlungen
können von den Schülern selbstständig
zusammengestellt und mit Hilfe eines Präsentationsmoduls
vorgetragen werden.
Unter dem Titel „Chronik eines verordneten
Todes – die Vernichtung einer deutschen Familie“
ist von Gorch Pieken und Sönke El Bitar auch
ein Dokumentarfilm produziert worden. Die Erstausstrahlung
des Filmes war am 15.12.2004 auf 3sat.
Link: Begleitbrief
für Lehrer und Lehrerinnen
Trailer
Trailer 1: |
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Trailer 2: |
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Audios
Zeitzeugin
Ruth Weinstein (.mp3, 2.145 kB)
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