Begleitprogramm Reisen
Donnerstag, 18. November 2004
Donnerstag, 09. Dezember 2004
Donnerstag, 13. Januar 2005
Donnerstag, 10. Februar 2005
jeweils um 19 Uhr im Auditorium des Pei-Baues
Eintritt frei
Jorge Semprúns Erzählung "Die große Reise" war der Ausgangspunkt für unsere Lesereise. Spätestens dieses Buch, das 1963 erschien, hat deutlich gemacht, dass das Reisen nicht mehr nur mit dem Ausflug in die Fremde oder die Fahrt in die Ferien verbunden werden kann. Reisen ist auch ein Synonym für Deportationen, für Tod, für Flucht und für Verlust geworden.
In der Ausstellung "Mythen der Nationen. 1945 – Arena der Erinnerungen" findet sich in jedem Kapitel das Motiv der Reise. Es erscheint in Gestalt der Deportationen in die Konzentrations- und Vernichtungslager der Nationalsozialisten, oder nach Sibirien, als Transport von Soldaten an die Front oder nach Hause, als Flucht ins rettende Ausland. Die Enkelgeneration macht sich wieder auf den Weg, Spuren dieser unterschiedlichen Reisen zu finden.
Donnerstag, 18. November 2004, 19:00 Uhr
Monika Maron
"Pawels Briefe"
Am 18. November 2004 liest Monika Maron aus ihrer Familiengeschichte "Pawels Briefe". 1998 reiste sie gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrem Sohn nach Polen, um nach Spuren ihres jüdischen Großvaters Pawel Iglarz zu suchen, der als konvertierter Jude Anfang des Jahrhunderts von Lodz nach Berlin-Neukölln auswanderte, nach Polen vertrieben und 1942 umgebracht wurde. Nur ein Karton mit Briefen aus dem Ghetto bleibt der Familie, ein Fluchtpunkt aus der Vergangenheit, bevor sie durch den Nationalsozialismus aufgelöst wurde. Monika Maron sucht auf ihrer Reise nach einem Gesicht, nach einem Haus, nach einer Brücke, nach einem Leben.
Donnerstag, 09. Dezember 2004, 19:00 Uhr
Thomas Medicus
"In den Augen meines Großvaters"
Ganz anders die Reise von Thomas Medicus. Der Enkel versucht ebenfalls seinen Großvater zu finden, allerdings war dieser während des Zweiten Weltkrieg kommandierender Wehrmachtsgeneral im besetzten Italien. Der Enkel reist in die Toskana und erfährt dort, daß sein Großvater die Erschießung dreier italienischer Zivilisten zu verantworten hat. Der Verdacht, daß er an einem der SS zuzurechnenden Verbrechen beteiligt war, bestätigt sich glücklicherweise nicht. Auch Thomas Medicus sucht eine Verbindung zur Vergangenheit herzustellen, er möchte sein Verhältnis zu seinem beschwiegenen Großvater wie die moralische Verstrickung seiner Familie in den Nationalsozialismus klären.
Donnerstag, 13. Januar 2005, 19:00 Uhr
Peter Roos "Tabori zieht um: Wie soll man eine Wohnung finden, wenn es regnet?"
Peter Roos kennt George Tabori seit langem. In seinem Buch beschreibt er den durch Berlin wandernden jüdischen Freund, seine Wahrnehmung und seinen Humor. Tabori sucht eine Wohnung und findet sie nicht, weil es regnet. Diese Hommage an George Tabori ist zugleich ein Bild für den ruhelosen Theatermacher, der, zunächst von Nationalsozialisten über den Kontinent getrieben, das Reisen zu seinem Leben macht.
Donnerstag, 10. Februar 2005, 19:00 Uhr
Ulrich Anschütz liest aus: Jorge Semprún, "Die große Reise"
Die letzte Lesung wird Jorge Semprún und seinem Roman "Die große Reise" gewidmet sein. Der junge Semprún, Mitglied der Résistance, beschreibt seine Deportation als Reise in das Konzentrationslager Buchenwald. Der Alptraum dieser Reise, der Fall aus der Normalität in die Barbarei, scheint nicht vergehen zu können. Semprún schreibt so als würde, was ihm geschah, jetzt und hier passieren. Der Schmerz in den Gliedern, die schöne Landschaft des Moseltals, der Tod eines Jungen, alles ist gegenwärtig, fast so, als ob es niemals Distanz geben kann.
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Ulrich Anschütz wurde am 7. Mai 1945 geboren. Seine Ausbildung machte er an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin. Von 1970 bis 1985 hatte er ein festes Engagement am Hans Otto-Theater in Potsdam. Seit 1986 spielt er am Maxim-Gorki Theater in Berlin, u.a. den „Amadeus“ (1989 bis 1995), „Der Zimmerspringbrunnen“ (1996 bis heute) und „Berlin Alexanderplatz“. Im Fernsehen war er u.a. zu sehen in „Sperling und das Ehrenwort“, „Der letzte Zeuge“ , „Der Prinzgemahl“ oder „Ein Hund namens Freitag“. Außerdem spielte Anschütz in den Kinofilmen "Der Superstau", "Die Braut" und „Zutaten für Träume“. |
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