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Der Völkische Beobachter

Seit Dezember 1920 verfügte die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) mit dem "Völkischen Beobachter" über eine eigene Wochenzeitung. Hervorgegangen war das Sprachrohr der Partei aus dem 1887 gegründeten Vorstadtblatt "Münchener Beobachter", das 1918 in den Besitz der Thule-Gesellschaft überging. Mit etwa 11.000 Exemplaren avancierte die Zeitung zum wichtigsten Publikationsorgan völkischer Gruppierungen in der bayerischen Hauptstadt. Der Kauf der im August 1919 in "Völkischer Beobachter" umbenannten Zeitung durch die NSDAP erfolgte auf Drängen von Dietrich Eckart, Herausgeber der antisemitischen Wochenschrift "Auf gut deutsch". Unter der Chefredaktion Eckarts übernahm das Parteiorgan die Aufgabe, Versammlungen anzukündigen und politische Richtlinien zu vermitteln. Hetze gegen die Weimarer Republik sowie ein radikaler Antisemitismus kennzeichneten die Artikel und rassentheoretischen Beiträge des "Völkischen Beobachters". Seine Polemik gegen die Demokratie und das "internationale Judentum" wurde von keiner anderen Zeitung auch nur annähernd erreicht.

Unter der Parteiführung Adolf Hitlers entwickelte sich der auch für weniger Gebildete verständlich geschriebene "Völkische Beobachter" zu einem wichtigen Agitationsinstrument der NS-Propaganda. Seit dem 8. Februar 1923 erschien er als Tageszeitung, die Hauptschriftleitung übernahm wenig später Alfred Rosenberg. Die Auflagenhöhe steigerte sich zwischen Jahresbeginn 1921 und Herbst 1923 - nicht zuletzt aufgrund der Nachfrage während der Ruhrbesetzung - von 8.000 auf ca. 25.000 Exemplare. Nach dem Verbot der NSDAP infolge des Hitler-Putsches im November 1923 musste auch der "Völkische Beobachter" sein Erscheinen bis zur Neugründung der Partei am 26. Februar 1925 einstellen. 1926 erschien das in München gedruckte und bis zu seiner Erweiterung als Reichsausgabe ein Jahr später weitgehend auf Süddeutschland beschränkte Blatt auf Vorschlag des NS-Photographen Heinrich Hoffmann erstmals mit Photos.

Bis 1931 stieg die Auflage kontinuierlich auf 120.000 Exemplare. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten erfolgte eine rapide Auflagensteigerung von rund 336.500 Exemplaren 1934 auf etwa 1,7 Millionen 1944. Als Zentralorgan der NSDAP entwickelte sich der "Völkische Beobachter" im NS-Regime zu einem regierungsamtlichen Massenblatt, dessen Verlautbarungen offiziellen Charakter annahmen. Ende April 1945, wenige Tage vor der deutschen Kapitulation im Zweiten Weltkrieg, stellte der "Völkische Beobachter" sein Erscheinen ein.

Arnulf Scriba
2. Mai 2015

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