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Die Kriegsrohstoffabteilung

Schon vor Beginn des Ersten Weltkriegs wurde in der englischen Presse offen über eine Blockade der deutschen Seehäfen diskutiert, mit der die Mittelmächte im Kriegsfall an der Einfuhr von Lebensmitteln und Rohstoffen gehindert werden sollten. Doch in Erwartung eines schnellen Siegs über die Entente-Staaten hatten die deutschen Militärstrategen auch für eine langfristige Versorgung der Industrie mit Rohstoffen keinerlei Vorkehrungen getroffen.

Nur wenige Zeitgenossen hatten wie der Industrielle Walther Rathenau und der Wirtschaftspolitiker Wichard von Moellendorff erkannt, dass ein moderner Krieg auch als Wirtschaftskrieg geführt wird und ohne zentrale Bewirtschaftung aller kriegswichtigen Güter und Rohstoffe nicht zu gewinnen war. Ihrer Anregung folgend, verfügte der preußische Kriegsminister Erich von Falkenhayn am 13. August 1914 die Errichtung einer seinem Ministerium angegliederten Kriegsrohstoffabteilung (KRA) und ernannte Rathenau zu deren Leiter. Da die anderen Bundesstaaten dem preußischen Kriegsministerium die Federführung bei der Rohstoffbewirtschaftung zusprachen, erhielt die KRA zwar den Charakter einer Obersten Reichsbehörde, aber bei ihrem Bemühen um eine vorrangige Versorgung der Rüstungsindustrie mit Rohstoffen geriet sie vor allem anfangs häufig in Konflikt mit dem Reichsamt des Innern, das - durch das Ermächtigungsgesetz vom 4. August 1914 legitimiert - auf die Versorgung der Zivilbevölkerung größeres Gewicht legte. Eine erste stichprobenartige Erhebung aller vorhandenen Rohstoffe durch die KRA bei 900 Firmen hatte ergeben, dass die Vorräte an kriegswichtigen Rohstoffen nach der britischen Seeblockade nur etwa ein halbes Jahr reichen würden. Daraufhin wurden zunächst bei rund 5.000 Firmen alle Metallvorräte in Form von Verfügungsbeschränkungen beschlagnahmt, um sie der Rüstungsindustrie zuzuführen. Als der Kriegsverlauf eine lange Kriegsdauer immer wahrscheinlicher machte, erfasste die KRA zwischen Frühjahr 1915 und Sommer 1916 alle in Deutschland vorhandenen Rohstoffe und überwachte deren Verarbeitung. Während Rathenau zur Sicherung der Rohstoffversorgung mehr Gewicht auf die - völkerrechtswidrige - Requisition von Rohstoffen in den okkupierten Gebieten legte, entwickelte Moellendorff ein Konzept zur staatlich gelenkten Mangelbewirtschaftung, auf dessen Grundlage in einer Mischung aus staatlichem Dirigismus und industrieller Selbstverwaltung für rund 200 Wirtschaftsbereiche eigene Kriegsrohstoffgesellschaften gebildet wurden. Unter Kontrolle der KRA oblag diesen Gesellschaften als Selbstverwaltungskörperschaften der entsprechenden Industrien die unternehmerische Verwaltung und Verteilung der Rohstoffe.

Um die Produktion der Rüstungsindustrie trotz des immer größer werdenden Rohstoffmangels zu sichern, musste einerseits der Verbrauch gesenkt und andererseits die Rohstofferzeugung um nahezu jeden Preis gesteigert werden. Während der Senkung des Verbrauchs aufgrund der militärischen Gegebenheiten äußerst enge Grenzen gesetzt waren, gab es mehrere Möglichkeiten zur Steigerung der Rohstofferzeugung: Zum einen nahmen viele erst kurz zuvor aus Rentabilitätsgründen stillgelegte Betriebe ihre Produktion wieder auf, zum anderen förderte die KRA die Entwicklung von Ersatzstoffen, etwa durch das "Haber-Bosch-Verfahren" und andere rohstoffsparende Produktionsverfahren. Auf Dauer aber konnte die bis 1918 auf 2.500 Mitarbeiter angewachsene KRA die deutsche Kriegsfähigkeit nicht sichern, auch eine noch so gut organisierte Verwaltung des Mangels konnte den überlegenen Ressourcen der Alliierten nichts Gleichwertiges entgegensetzen.

Burkhard Asmuss
14. September 2014

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