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    Filmplakat zu dem antisemitischen Propagandafilm der Nationalsozialisten "Der ewige Jude", 1940

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Der Film "Der ewige Jude"

Der 1940 gedrehte Film "Der ewige Jude" war nach den Worten seines Regisseurs Fritz Hippler (1909-2002) eine "Symphonie des Ekels und des Grauens". Exakt beide Gefühlsregungen sollte der von Propagandaminister Joseph Goebbels in Auftrag gegebene "Dokumentarfilm" mit der Darstellung "typisch jüdischer Fratzen" beim deutschen Publikum erzeugen. Die Aufnahmen wurden zum größten Teil im Ghetto von Lodz gedreht, aber auch in Warschau, Krakau und Lublin. Die infolge der beengten Wohn- und schlechten Hygieneverhältnisse katastrophalen Lebensbedingungen in den Ghettos nach der deutschen Besetzung Polens dienten den Nationalsozialisten als Beweis eines angeblich unzivilisierten und daher minderwertigen Lebens der sogenannten Ostjuden. Jüdische Riten wie das blutige Schächten stellte "Der ewige Jude" als barbarisch und verabscheuungswürdig dar.

 

Der Film wollte den angeblich verderblichen Charakter der Juden aufdecken und mit gefälschten Statistiken ihre nach NS-Auffassung typischen Wesensmerkmale wie Kriminalität, Habgier, Schmarotzertum und Wucher beweisen. Beispiele von jüdischen Geschäftsleuten, Politikern, Künstlern und Wissenschaftlern sollten zeigen, wie die Juden heimlich ihre Macht auf der ganzen Welt ausdehnten. Mit der gleichnishaften Darstellung von wandernden Ratten mit in der Diaspora lebenden Juden assoziierte der Film eine zerstörerische Unterwanderung der westlichen Welt - und des deutschen Volks. Damit versuchte er, die Weltverschwörung durch das sich nur vordergründig anpassende "jüdische Parasitenvolk" und die Bedrohung für Deutschland zu offenbaren. Zum Schluss des Films propagierte daher eine zusammengeschnittene Version von einer Rede Adolf Hitlers im Reichstag am 30. Januar 1939 als Ausweg allein die "Vernichtung der jüdischen Rasse".

Durch Geschichtsfälschung und Verknüpfungen von nicht zueinander passenden Bildern wurden dem Zuschauer unter dem Deckmantel eines Dokumentarfilms antisemitische Vorurteile unterbreitet und mit einer für die damalige Zeit perfekten Technik der Eindruck von Realität vermittelt. Bei der Produktion hatten Goebbels als auch Hitler, der den Film mehrere Male ändern ließ, starken Einfluss genommen, um ihre Vorstellungen von antisemitischer NS-Propaganda durchzusetzen. Am 28. November 1940 lief "Der ewige Jude" in den deutschen Kinos an. Er war konzipiert als eine "dokumentarische Ergänzung" zu den ebenfalls 1940 anlaufenden antisemitistischen Filmen "Jud Süß" und "Die Rothschilds". Beim deutschen Publikum konnte "Der ewige Jude" aber nicht annähernd den Zuspruch der beiden Spielfilme erreichen und hatte nicht den Erfolg, den sich das NS-Regime von ihm erhofft hatte. Mit dem Film wollte die NS-Führung nach Beginn des Zweiten Weltkriegs und mit der Verschärfung der Repressionen gegen Juden deren Ausgrenzung und Verfolgung als notwendigen Selbstschutz der deutschen Bevölkerung darstellen und in dieser antisemitische Vorurteile bekräftigen. Maßnahmen wie die Nürnberger Gesetze von 1935 und das Novemberpogrom von 1938 sollten nachträglich legitimiert und in der Bevölkerung Zustimmung für die beginnenden Deportationen der Juden erzielt werden. Als Pflichtprogramm für Polizei- und SS-Verbände, Spezialeinheiten der Wehrmacht sowie für die Wachmannschaften von Konzentrations- und Vernichtungslagern sollte "Der ewige Jude" mögliche Skrupel gegenüber einer Verfolgung von Juden und deren Ermordung beseitigen.

Verena Keilen
13. Mai 2015

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