Symbol "Stahlhelm"Der Stahlhelm war eine Ikone der "Konterrevolution". In Hitlers Buch
"Mein
Kampf" (1925) steht er für die Kriegserinnerung schlechthin. Dieses Motiv kann man bereits kurz nach Kriegsende in einem Aufsatz des Malers Fritz Erler antreffen, jenes Künstlers, der im Jahr 1916 das erfolgreichste und einflußreichste49 deutsche Kriegsplakat geschaffen hatte (Abb. 13). Rückblickend sah Erler den deutschen Soldaten verstrickt in einem Konflikt mythischen Ausmaßes, aus dem, einer nordischen Götterdämmerung gleich, er dann als moderner Sturmtruppler, als "Mann mit dem Stahlhelm vor Verdun", reinkarniert wurde.50 Alfred Rosenberg schließlich verstieg sich in seinem Buch "Der Mythus des 20. Jahrhunderts" gar zu der Behauptung, der Deutsche müsse nach der Wiedererringung der Lehre Meister Eckharts erleben, daß der Mystiker und "der feldgraue Held unterm Stahlhelm ein und derselbe sind".51 Bezeichnend für die kulturpolitische Atmosphäre im Jahr 1934, in dem das "Grab im Niemandsland" entstand, ist der Film "Stosstrupp 1917". Diesem lag das den Krieg romantisierende und verherrlichende Buch "Glaube an Deutschland" (1931) von Hans Zöberlein zugrunde. Wieder wird der Mythos Cambrai beschworen. Wieder werden die stahlharten Stoßtruppler gefeiert. Auf der Rückseite des Filmprogramms befindet sich die Montage von Köpfen stahlhelmbewehrter Soldaten. In einem Kopf wird das Motiv des Freikorpslers zitiert, das bereits auf einem präfaschistischen Nachkriegsplakat von Ludwig Hohlwein für den Eintritt in die Reichswehr geworben hatte. 52 Es verwundert nicht, daß die politische Linke seit der Novemberrevolution
1918 mit dem Symbol des Stahlhelms Nationalismus, Militarismus und Tod
assoziierte (Abb.14). Vor dem Hintergund des verlorenen Weltkriegs, des Widerstandes gegen die Republik und der Polarisierung der politischen Lager erschließt sich vielleicht auch die oben angesprochene vertikale Gliederung des "Grab(es) im Niemandsland": die Gegenüberstellung von dunklem und lichterfülltem Bereich auf der linken bzw. rechten Bildhälfte. Auf der hellerleuchteten rechten wäre demnach das nationale Lager verortet, das Opfer gebracht hat, um die nationale Ehre zu retten. Demgegenüber befänden sich auf der linken jene Kräfte dersogenannten
Novemberverbrecher, die die Weimarer Republik stützen und für den Untergang
des Reichs verantwortlich gemacht werden. Hierhin, ins Dunkel, läuft die
Ratte. In den siebziger Jahren sagte der Maler, das Tier wäre Ausdruck des von ihm angestrebten Realismus des Krieges gewesen, mit ihm hätte er also auf Verwesung und katastrophale hygienische Zustände in den Gräben angespielt. Die Art und Weise der Darstellung paßt aber nicht in den Kontext des Gefallenenkults. In dem hier rekonstruierten ideologischen Rahmen macht die Ratte jedoch durchaus Sinn. Für die These, daß jeweils in den Bildhälften das republikanische bzw.
das national-konservative Lager gemeint ist, sprechen noch zwei weitere
Aspekte. Mit seiner hellerleuchteten Signatur auf der rechten Bildhälfte schließlich legt der Künstler nicht nur Zeugnis davon ab, das Dargestellte selbst erlebt zu haben, sondern er bezieht auch ganz offensichtlich Position. |