Ein
Ergebnis bisheriger DDR-Politik ist die Trennung der Künstler
von der Bevölkerung durch Privilegien. Wir brauchen Solidarität
statt Privilegien. Ich lese einen Aufruf der Initiative für unabhängige
Gewerkschaften:
Kolleginnen und Kollegen, was hat der FDGB in 40 Jahren für
uns getan? Hat er die Frage der Arbeitszeitverkürzung als ständige
Forderung an die Betriebsleitungen gerichtet? Warum hat er nicht die
40-Stunden-Woche mit uns erkämpft? Hat er dafür gesorgt,
daß unsere Löhne der schleichenden Inflation angepaßt
werden? Warum sind nicht ständige Tarifverhandlungen über
Lohnerhöhungen geführt worden? Wo stehen die Funktionäre
des FDGB, wenn in unserem Betrieb neue Normen eingeführt werden?
Auf unserer Seite? Verhindern sie die Normen, bevor nicht klar ist,
daß wir auch entsprechend bezahlt werden? Wie kann der FDGB
als unser angeblicher lnteressenvertreter es zulassen, daß wir
im Durchschnitt 10 Tage weniger Urlaub haben als unsere Kollegen im
Westen? Hat der FDGB sich für die Herabsetzung des Rentenalters
stark gemacht? Hatten wir schon erlebt, daß die Betriebsgewerkschaftsleitung
den staatlichen Plan in unserem Interesse nicht akzeptiert? Haben
wir überhaupt schon mal erlebt, daß die Gewerkschaft etwas
gegen den Staat und die Partei für uns durchsetzt? 40 Jahre ohne
eigene Interessenvertretung sind genug. Wir dürfen uns nicht
mehr organisieren lassen, auch nicht von neuen Männern und Frauen.
Wir müssen uns selbst organisieren. Die nächsten Jahre werden
für uns kein Zuckerschlecken. Die Daumenschrauben sollen angezogen
werden. Die Preise werden steigen und die Löhne kaum. Wenn Subventionen
wegfallen, trifft das vor allem uns. Der Staat fordert Leistung. Bald
wird er mit Entlassung drohen. Wir sollen die Karre aus dem Dreck
ziehen. Wenn der Lebensstandard für die meisten von uns nicht
erheblich sinken soll, brauchen wir eigene Interessenvertretungen.
Gründet unabhängige Gewerkschaften.
Darf ich noch einen persönlichen Satz sagen: Wenn in der nächsten
Woche die Regierung zurücktreten sollte, darf auf Demonstrationen
getanzt werden.