Marie-Louise von Plessen
Die Ausstellung folgt der Gestaltung eines
Vereinten Europa zu Kriegs- und Friedenszeiten, die die
Veränderungen der Topographie Europas über 2000
Jahre bis in die Gegenwart geprägt haben. Aus Erstschriften
zitiert, werden jene Vorstellungen im historischen Kontext
vom antiken Raub der Europa' bis zur aktuellen Aufgabe
der Realisierung der Europaunion eingefügt. Leitlinie
der Konzeption ist die mit der Europavision eng verknüpfte
Friedensidee, die nach dem Zweiten Weltkrieg zur politischen
Einheit Europas führt.
Unter dem Protektorat der Europäischen Kommission und
des Europarats präsentiert die Ausstellung in originalen
Schriftquellen mit Zitaten der Fürsprecher von Einigung
und Einheit Entwürfe und Visionen für eine neue
Ordnung der europäischen Staatenwelt: als Konvent oder
Konzil, als Zivilisationsprojekt, als Bundesstaat oder Staatenbund.
Die Chronik der Zeugnisse zeigt die Ideale der Utopie, die
ihrer Gegenwart vorauseilten, im Kontrast mit Konflikten,
überliefert von erstrangigen Künstlern und Zeitzeugen
in allegorischen und realistischen Bildwerken der Klage
und Beschwörung, der Hoffnung und Verzweiflung. Sie
verdeutlicht, dass die Bedrohung durch äußere
Feinde und die Prägung außereuropäischer
Feindbilder die europäische Identität wie die
Dramatik der Integration und nach den Katastrophen zweier
Weltkriege den Prozess der Einigung bedingten.
Die Idee einer
europäischen Union ist nicht im 20. Jahrhundert
geboren. Das Ideal einer Gemeinschaft ohne Krieg verknüpfte
christliche Versöhnungs- und Einigungsideen; Kriege
und nationalstaatliche Konflikte waren Bedingung für
die Annäherung der Völker und, angesichts
massenwirksamer Vernichtungswaffen, Voraussetzung für
die europäische Einigung. In Krieg und Frieden
hat die Idee Europa' Hochzeiten und Niederungen,
Verräter, Fürsprecher, Vorkämpfer und
Handlungsagenten gefunden: Missions- und Kreuzzüge,
Unabhängigkeits- und Erbfolgekriege, dynastische
Dualismen und territoriale Spaltungen, das europäische
Mächtekonzert oder der napoleonische Hegemonialanspruch
der Grande Armée, die Friedensschlüsse in
Versailles von 1871 und 1919, Hitlers Propagandafeldzug
für das Neue Europa'; Blockbildung und Westbindung
im Kalten Krieg; das Europa der Gemeinschaften und de
Gaulle's 'Europa der Vaterländer' sind im Europäischen
Haus' verwirklichte Geschichte geworden. |
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Die Ausstellung zeigt die Konfliktfelder von Friedensperspektiven
und deren Scheitern: Der Wunsch nach Stärkung
des inneren Friedens für äußere Sicherheit,
der Beschränkung von Waffengewalt und Abrüstung
vereint politische und diplomatische Konzepte quer
durch die Nationen, da Friede' trotz geltender
Verträge immer neu erfunden werden musste.
Der Ausstellungsweg führt mit dem Kompass der
Schriftzeugnisse von Eireine, der ersten Friedensgöttin
der Griechen, flankiert von der friedensbringenden
Siegesgöttin Victoria und ihrer römischen
Partnerin Italia' vom Ara Pacis Bogen des Friedenstempels,
den Kaiser Augustus
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im Jahre 13 n. Chr. auf das Marsfeld setzen ließ,
in die Gegenwart von Maastricht und Nizza. Der Gang
durch die europäische Geschichte orientiert sich
an Leitmotiven, die wie Wirbelkörper die Leitlinie
der Zeitachse im epochalen Schnitt gliedern.
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Es sind Ansichten des Kontinents Europa, allegorische
Darstellungen der Heldin und ihres Mythos von
der Antike bis in die Gegenwart; Kriegs- und
Friedensallegorien und historische Ereignisbilder,
Beurkundung und festliche Begehung wesentlicher
Friedensschlüsse; illuminierte und bebilderte
Handschriften und Holzschnitte; originale Autografen
und Erstschriften von Leittexten der Friedens-
und Versöhnungsideen vom 14. bis in das
20. Jahrhundert, seit dem Ersten Weltkrieg in
Ablösung der Schriftquellen Originalreden
als Film- und Tondokumente sowie für die
jüngste Gegenwart Europadebatten als Video.
Den Weg durch das Raumbild Europa begleiten
Kernzitate der Primärquellen zum Europagedanken
seit seiner Ersterwähnung im sechsten vorchristlichen
Jahrhundert. Wie ein Röntgenbild spiegeln
sie Krisen und Konfliktherde ihrer Zeit. Resigniert
konstatiert Erasmus angesichts der Türkenkriege
und wechselnder Allianzen, den Islam zu besiegen
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"Wenn die Christen Glieder an einem
Leibe sind, warum freut sich da nicht
jeder am Glück des anderen ? "
Jener wiederholten Klage Europas'
geht die Ausstellung in Bild, Kunstwerk
und Wort als Genesis des Europagedankens
nach. Seine Friedensschrift, die Erasmus
1515 als Rat Herzog Karls von Burgund
verfasste, reflektiert über die Tugend
des Krieges, welche die Sicherheit der
europäischen Staaten gefährde
und deren eigennützige Interessen
fördere, sie richtet über die
Türken und die territoriale Ordnungspolitik
der christlichen Fürsten, die ,Despoten
gleich, den Erdkreis aus fadenscheinigen
Rechtstiteln 'mit Krieg überziehen'.
'Querela pacis' ist ein leidenschaftlicher
Appell für den Frieden, gerichtet
an die Könige Frankreichs und Spaniens.
Der Wunsch nach Einigung ist die europäische
Dimension.
Neben der Eröffnungsausstellung
in Berlin plant das Deutsche Historische
Museum eine Wanderversion mit Reproduktionen,
die für Schulzwecke und als allgemeine
Information zur Geschichte der Europaidee
in Städten der Europaunion und anderswo
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gezeigt
werden kann. Auf diese Weise wird die Reiseversion
der Ausstellung selbst eine Topographie
der Erinnerungsorte beschreiben. |
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Die Ausstellung gliedert
sich in neun Abschnitte
1. Mythos
der Europa und Mappae mundi
2. Gemeinschaft
im Kontinent des Glaubens'
Europa, orbis christianus: Heimat der Christenheit
3. Souveränität und Ordnung der Welt
Protestantismus und Türkenkriege in der res publica
Christiana'
4. Gleichgewicht und Konzert der Nationen
Europa in der Neuen Welt
5. Manifest Europas
1789 Nation und Revolution
6. Vom Europa der Utopien zum Europa der Nationen
Völkerfrühling und Junges Europa
7. Volksbund und Paneuropa-Idee
Vom Mächtekonzert zur Blockbildung
8. Baustelle Europa
Von der Europäischen Gemeinschaft zur Europäischen
Union
9. Vereintes Europa
Europäische Integration
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1. Mappae mundi: Oriens -
Occidens
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Das antike Europa: von
der Geographie zur Geschichte
Die Geographen der Antike entdeckten zunächst
Europa in Abgrenzung von Asien. Herodot stellte
sich im 6. Jahrhundert v.Chr. die Frage, warum
ihr Name einem Territorium verliehen wurde:
"Am merkwürdigsten ist, daß
die Tyranerin Europa asiatischer Geburt war
und niemals auf dieses Land gekommen ist, das
die Griechen jetzt Europa nennen" Der erste
Begriff von Europa bezeichnete die Ausdehnung
eines nach Norden hin unbekannten Territoriums
jenseits des mare nostrum, des Mittelmeers.
Die Griechen gaben dem von den "Säulen
des Herkules", der Meerenge von Gibraltar,
bis zum Schwarzen Meer bekannten Kontinent den
Namen der von Zeus in Stiergestalt den Phöniziern
geraubten Prinzessin.
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2. Kontinent des Glaubens
Orbis christianus: Europa als Heimat der Christenheit
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Die mittelalterliche Kartographie spiegelt mit
der Weltsicht ihrer Interpreten zugleich die Ordnung
dieses Kontinents. Nach der biblischen Überlieferung
der Völkertafel in Genesis 10 entstand Europa
als dritter der Kontinente, die Stammvater Noah
unter seinen Söhnen aufteilte: Sem erhielt
Asien, Ham Afrika, Japhet Europa. Im 9. und 10.
Jahrhundert verkommt Europa' zu einem geografischen
Begriff. Die äußere Bedrohung des Kontinents
durch Mongolen und Türken bewirkt das Wiederaufleben
der Idee im Kampf der nach Einheit und Frieden
strebenden Christenheit. Die Kreuzzüge zur
Befreiung der heiligen Stätten von islamischer
Herrschaft ergreifen als erste geschichtliche
Bewegung ganz Europa |
im Geist des vom Hl. Augustinus
propagierten "gerechten Krieges" gemäss
Papst Urban II. Aufruf zum Kreuzzug 1095: "Kein
Christ streite mehr wider den anderen, damit
das Christentum selbst nicht untergehe, sondern
verbreitet und gefördert werde. Es höre
auf Mord und Feindschaft und Bedrückung".
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3. Souveränität und Ordnung der Welt
Protestantismus, Religions- und Türkenkriege
in der res publica christiana'
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Nach den Kreuzzügen gegen den Islam sind
es nun Häretiker und Türken, die die
Europäer im Kampf um Kultur und Religion
einen. Als Forum der Nationen um die Wahrung des
Friedens vermitteln Kirchenkonzilien in Kontroversen
und Konflikten. Das Basler Konzil von 1431-57,
das unter dem Humanisten Aeneas Silvius Piccolomini
die Friedensstiftung der Völker Europas erstrebte,
antwortet 1453 auf die türkische Eroberung
von Konstantinopel. Als Papst Pius II. ruft Piccolomini
im Oktober 1454 auf dem Reichstag zu Frankfurt
für eine europäische Armee gegen die
Türken auf: "Jetzt aber wurden wir in
Europa, also in unserem Vaterland, in unserem
eigenen Haus, an unserem eigenen Wohnsitz aufs
schwerste getroffen". Die Unionsvision des
Böhmenkönigs Georg von Podiebrad von
einem "Fürstenbund der Christenheit
gegen die Türken" (1464) als Staatenbund
mit nationalem Votum gründet auf dem Europa
der entstehenden Nationen, der Eintracht wahren
und innerem Zerfall wehren soll. Die in konfessionellen
Spaltungen und Glaubenskriegen |
vollzogene Säkularisierung
entthront das einheitsstiftende Gebot der Christenheit:
Mit der lutherischen Reformation siegt die Autarkie
der modernen Staatsidee über die Perspektive
einer Einigung durch die Religion.
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4. Gleichgewicht und Konzert der Nationen
Europa in der Neuen Welt
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Als
Mächte der neuentdeckten Kontinente schaffen
Portugal, Spanien, die Niederlande und England
für den Handel mit Luxusgütern neue
geopolitische Allianzen. Machtpolitik wird zum
bestimmenden Faktor europäischer Spaltungen.
Nach der Devise des Ius in bello' heißt
Wahrung des Friedens jetzt auch Erhaltung des
Gleichgewichts der Kräfte, das immer wieder
durch Kriege justiert werden muss. Auf die Religionskriege
des 15. und 16. Jahrhunderts folgen Kriege um
Unabhängigkeit und Erbfolge nach der Vereinheitlichung
der Territorien durch die Landesherren, die ihre
Souveränität auf "göttliches
Recht" begründen und die einigungsstiftende
Christenheit als souveräne Gemeinschaft leugnen.
Friedensschriften haben Konjunktur. Der französische
Mönch Emeric Lacroix (Crucé) fasst
die Utopie der Versöhnung 1623 zusammen:
"Wir können uns leicht die Bequemlichkeit
und den Vorteil vorstellen, mit dem Reisepaß
eines beliebigen Landes durch die Staaten Europas
zu reisen, wobei dieser Paß durch die Liga
des Friedensstaates legitimiert wird". Nicht
mehr der Papst noch der Kaiser garantieren den
Frieden, sondern die souveränen Staaten selbst
nach dem Grundsatz "cuius regio eius religio".
Als "Grand dessin d'Henri IV", auf das
sich Winston Churchill 1948 in seiner Eröffnungsrede
am 7. Mai 1948 zum ersten Kongress für die
Einheit Europas in Den Haag beruft, präsentiert
der Staatsminister Heinrichs IV. Graf von Sully
1641 zur Befriedung Europas die "République
très chrétienne", derzufolge
die Deutschen sich nach der Rekonstitution des
Reichs Karls des Grossen einigen sollen, um sodann
ihr Reich in 15 "Dominationsgebiete"
aufzuteilen: Eine protestantische Fürstenallianz
soll die Vormacht Habsburgs abwenden. Nach Sullys
Vorbild stellt auch Abbé de St. Pierre
1728 seine Schrift zum Ewigen Frieden unter den
versöhnlichen Schutz Henri IV.: Alle 18 europäischen
Souveraine sollten zur Friedenssicherung und ewigem
Handel einen Unionsvertrag schließen. Kants
Schrift "Zum Ewigen Frieden" von 1795
folgt dem Utrechter Vorbild von 1713 für
einen dauerhaften Friedenskongress. |
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5. Manifest Europas
Französische Revolution und Nationalitätenprinzip
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Nach der Unabhängigkeitserklärung der
Vereinigten Staaten von Amerika von 1776 gilt
im revolutionsfreundlichen Europa das Selbstbestimmungsrecht
der Völker für zukünftige Staatsrechtsverträge.
So schreibt George Washington an General La Fayette:
"Je suis citoyen de la grande République
de l'humanité. Je vois le genre humain
uni comme une grande famille par des liens fraternels.
Nous avons jeté une sémence de liberté
et d'union qui germera peu à peu dans toute
la terre. Un jour, sur le modèle des Etats-Unis
d'Amérique se constitueront les Etats/Unis
d'Europe. Les Etats-Unis seront le législateur
de toutes les nationalités". (Ich
bin Bürger der großen Menschheitsrepublik.
Ich sehe die Menschen in einer großen Familie
durch brüderliche Bande vereint. Wir haben
ein Korn der Freiheit und Einheit gesät,
das nach und nach auf der ganzen Erde keimen wird.
Eines Tages werden sich nach dem Modell |
der Vereinigten Staaten
von Amerika die Vereinigten Staaten von Europa
bilden. Die Vereinigten Staaten werden der Gesetzgeber
aller Nationalitäten sein). Das auf der
Solidargemeinschaft des Volkes beruhende Nationalitätenprinzip
leitet eine neue Epoche ein.
Das Europa der Nationalstaaten strebt nach der
Freiheit seiner Völker, die Menschenrechte
bedrohen das Recht der Souveräne. Napoleon,
als Vollstrecker der Revolution "Kaiser
der Volkssouveränität", ist für
den österreichischen Staatskanzler Fürst
Metternich 1809 der "Souverain de l'Europe",
ein "Charlemagne du Jacobisme", der
die Seelen der Völker für das Nationalgefühl
ausnutzt. Der Wiener Kongreß und die Heilige
Allianz der Souveräne, die sich nach dem
Gesetz der Heiligen Dreieinigkeit auf die wahre
Herrschaft Gottes beruft, schafft den Frieden
für Europa' durch Neuordnung der
Territorien, aber gegen das Prinzip der Volkssouveränität
und für die restaurative Ordnung der Legitimität.
Metternichs restaurative Politik der Konferenzen
und Konventionen zugunsten der Stabilität
wahrt während vierzig Jahren zumindest
den äußeren Frieden in Europa.
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6. Vom Europa der Utopien
zum Europa der Nationen
Jenseits der Romantik: Das Europäische
Konzert und seine Allianzen
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Nach dem Völkerfrühling von 1830 werben
militante Pazifisten für die bürgerliche
Emanzipation der Menschenrechte und Grundrechte:
Im Exil in Marseille ruft Giuseppe Mazzini 1843
mit dem Manifest Giovane Europa' für
das 'Comité révolutionnaire européenne'
zur Gründung einer europäischen "Föderation
der Republiken" ohne supranationale Institutionen
auf. Der Apostel der italienischen Einheit in
der Republik entwirft darin einen Bruderschaftsvertrag
zwischen den Völkern für die Stammzellen
des 'Jungen Italien, des Jungen Polen und des
Jungen Deutschland' im Schweizer Exil. Victor
Hugo spricht 1850 als erster von den "Etats
Unis de l'Europe, se tendant la main par dessus
des mers" (Den Vereinigten Staaten von Europa,
die sich über die Meere hinweg die Hand reichen).
1847 verkündet er auf dem von Mazzini in
Paris organisierten Friedenskongreß und
wird dafür ausgelacht:
"Un jour |
viendra ou,
vous France, vous Russie, vous Italie, vous
Angleterre, vous Allemagne, vous toutes nations
du continent, sans perdre vos qualités
distinctes et votre glorieuse individualité,
vous vous fondrez dans une unité supérieure
et vous constituerez la fraternité européenne
(...) Un jour viendra ou les boulets et les
bombes seront remplacées par les votes,
par le suffrage universel des peuples, par le
vulnérable arbitrage d'un grand Sénat
souverain qui sera à l'Europe ce que
le Parlement est à l'Angleterre, ce que
la Diète est à l'Allemagne, ce
que l'Assemblée législative est
à la France". (Ein Tag wird kommen,
wo Ihr Frankreich, Ihr Russland, Ihr Italien,
Ihr England, Ihr Deutschland, all ihr Nationen
des Kontinents, ohne Eure jeweiligen Unterschiede
und Eure ruhmreiche Individualität zu verlieren,
Euch einer höhere Einheit einordnen und
die europäische Brüderschaft begründen
werdet (...) Ein Tag wird kommen, wo das universelle
Wahlrecht der Völker Kugeln und Bomben
durch Wahlzettel in der gewissenhaften Vermittlung
eines großen souveränen Senats ersetzen
wird, der für Europa das sein wird, was
für England das Parlament, für Deutschland
der Reichstag, die gesetzgebende Versammlung
für Frankreich ist.). Zur Verhinderung
einer Wiederbelebung der heiligen Allianz der
Monarchien entwirft der Sozialist Proudhon 1863
ein Konzept der Föderation von Föderationen.
Sein Schüler Charles Lemonnier gründet
1867 die "Ligue de la Paix et de la Liberté",
für die Garibaldi und Victor Hugo auftreten.
1872 begründet Lemonnier ein Journal mit
dem Titel "Les Etats-Unis d'Europe",
aus deren Impulsen 1898 auf Initiative Zar Nikolaus
II. unmittelbar nach dem Russisch-türkischen
Krieg die erste Haager Friedenskonferenz hervorgeht.
Auf den Wogen des Internationalen Sozialismus
und Kommunismus erfasst die Friedensbewegung
Europa. Doch das uneinige Konzert der Großmächte
und die Blutbäder der Nationalkriege haben
den Europagedanken nach 1870 zerstört.
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7. Volksbund und Paneuropa-Idee
Vom Mächtekonzert zur Blockbildung
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Das Scheitern der Bündnispolitik als Rückversicherung
für Frieden und Machterhalt im Wettrüsten
eskaliert im Ersten Weltkrieg: "In ganz Europa
gehen die Lichter aus", so der britische
Aussenminister Sir Edward Grey. Romain Rolland
bezeichnete im September 1914 den Krieg als 'Verbrechen
gegen Europa'. In der Tat waren die Bemühungen
um Frieden, Versöhnung und Abrüstung
zerrüttet. Präsident Wilson's 14 Punkte
Programm reagiert auf Lenins Friedensschrift zur
Propagierung des bolschewistischen Sieges von
1917. Wilsons Vorschläge begründen nach
dem Selbstbestimmungsrecht der Völker die
Idee eines Völkerbundes mit Garantien politischer
Unabhängigkeit und territorialer Integrität.
Nach der Katastrophe des Ersten Weltkrieges und
den territorialen Neugliederungen des Versailler
Vertrages fragte Paul Valéry: "Wird
Europa zu dem werden, was es eigentlich ist, nämlich
ein kleines Vorgebirge des asiatischen Kontinents?
Oder wird es bleiben, was es scheint, nämlich
der edelste Teil des Universums, die Perle der
Welt, das Hirn eines großen Körpers?"
(1924) Mit einem transnationalen Netzwerk für
den Frieden gründet Graf Coudenhove-Calergi
1923 die Paneuropa-Bewegung mit Sitz im Wiener
Kaiserpalais. |
1929
gewinnt er den französischen Außenminister
Aristide Briand für den Vorsitz. Dessen Plädoyer
Dans la voie de la paix' (Auf dem Weg zum
Frieden) für den Aufbau einer supranationalen
europäischen Föderation findet jedoch
vor dem Völkerbund in Genf kein Gehör.
Mit einem antibolschewistischen Kreuzzug im Namen
des "Neuen Europa" zerrüttet der
deutsche Faschismus derart idealistische Einigungsideen
in dem Bestreben, den Kontinent der germanophilen
Hegemonie des Dritten Reiches zu unterwerfen.
Goebbels' Apparat entfaltet zur 'Beseitigung der
Schmach von Versailles' die europaweit Frieden
verheißende " Neue Ordnung " und
propagierte seit Sommer 1941 den " Aufbruch
Gesamteuropas gegen den Bolschewismus ",
der sich als Kreuzzug mit " Hitler als Heerführer
für die gemeinsame Kultur " gerierte.
Hitler gestattete die Verwendung des vielsagenden
Begriffs erst, nachdem er Europa rassisch als
erweitertes " Germanisches Reich Deutscher
Nation " definiert hatte: " Europa ist
kein geographischer sondern ein blutsmäßig
bedingter Begriff ", die wirkliche Grenze
zwischen Asien und Europa die, " die die
germanische von der slawischen Welt trennt ",
weshalb es " unsere Pflicht ist, sie dahin
zu legen, wo wir sie haben wollen ".
Die Nachkriegspläne der Widerstandsbewegungen
entwerfen einen anderen Europäischen
Kreuzzug gegen den Nazismus' und suchen den demokratischen
Wiederaufbau Europas mittels Selbstverwaltung
der Länder und Regionen gegen den Totalitätsanspruch
der Nationalstaaten zu erreichen. Für die
Rekonstruktion Europas propagiert Winston Churchill
bereits 1943 die Einrichtung eines europäischen
Rates. |
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8. Baustelle Europa
Von der Europäischen Gemeinschaft zur europäischen
Union
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Das Ende des Zweiten Weltkrieges forciert zur
Vermeidung neuer Vernichtungsschläge die
Perspektive eines Friedensprozesses. Zunächst
jedoch vollzieht sich mit der Blockbildung des
Eisernen Vorhangs die Spaltung Europas im Kalten
Krieg. Churchill wiederholt in seiner Zürcher
Rede am 19.9.1946 die Einrichtung eines europäischen
Rats zur Schaffung der Vereinigten Staaten von
Europa als Voraussetzung für den Wiederaufbau
und reflektiert über die Westverschiebung
Deutschlands als Konsequenz von Jalta. De facto
teilten die Alliierten den alten Kontinent in
Einflussphären unter sich und restituierten
das alte Nationalstaatssystem.
Mit der Idee der 'Generalstände von Europa'
tagt ein erster Europa-Kongreß 1947 in Montreux
unter Vorsitz von Paul Henri Spaak, de Gasperis,
Churchill und Léon Blum sowie dem französischen
Außenminister Robert Schuman. 1948 folgt
die Gründung des Europarats in Den Haag.
Die erste Sitzung findet 1949 in Strassburg mit
12, später mit 16 Nationenvertretern statt.
Der Dollarsegen des Marshallplans fördert
mit dem European Recovery Program zeitgleich den
moralischen und wirtschaftlichen Wiederaufbau
in sechs Nationen, die zu Kernländern der
künftigen Europäischen Gemeinschaft
werden. |
Am 18. April 1951 schufen Jean Monnet und Robert
Schuman mit Italien, Benelux, Frankreich und der
jungen Bundesrepublik in der Europäischen
Gemeinschaft für Kohle und Stahl, dem nucleus
der EWG und EURATOM, einen Rahmen für Rüstungskontrolle
und Interessensausgleich im Kontext der europäischen
Integration. Zwischen EVG, NATO und Warschauer
Pakt leistet das Konzept der strategischen Abrüstung
im Gleichgewicht des Schreckens einen gewaltigen
Beitrag zur Vermeidung von Krieg in Europa und
vermittelt der Gemeinschaft der Europäer
zugleich transnationale Werte. 1967 fusionieren
Euratom, EWG und die Montanunion zur Europäischen
Gemeinschaft.
Dieser und der letzte Ausstellungsteil präsentiert
mit originalen Tondokumenten und Dokumentarfilmbildern
die Stationen vom Mouvement Européen von
1947 bis in die Gegenwart. |
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9. Vereintes Europa
Idee Europa als Staatenföderation
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Die Europapolitik der seit
1989/90 nach Osten erweiterten Staatengemeinschaft
müht sich um nationalen Ausgleich der inneren
Verfassung des alten Kontinents in einer global
agierenden Welt. ,Wird das Reizwort Föderation',
dessen kulturhistorische Wurzeln bis zu Pierre
Dubois' Staatenbund der zu einigenden Christenheit'
von 1306 weisen, in der Debatte um die Verfassung
der EU eine für alle Nationen befriedigende
Form finden? Jürgen Habermas konstatiert
in seiner Hamburg Lecture vom 26. Juni 2001: Warum
braucht Europa eine Verfassung ?: " Im Verlaufe
von schmerzhaften und oft schicksalhaften Verstrickungen
hat Europa gelernt, mit der Konkurrenz zwischen
geistlichen und säkulären Mächten,
mit der Spaltung zwischen Glauben und Wissen,
mit dem endemischen Streit der Konfessionen, am
Ende auch mit der Feindschaft und Rivalität
zwischen kriegslüsternen Nationalstaaten
fertig zu werden. Das ist uns dadurch gelungen,
dass wir die Konflikte nicht etwa aufgelöst,
sondern durch Ritualisierung auf Dauer gestellt
und zur Quelle von innovativen Ideen gemacht haben.
" |
Der derzeit gültige
Kompass der Europäischen Einigung heißt
Integration. Die jüngste Konstellation
der globalen Staatenwelt bietet neue Chancen
für den Aufbau kooperativer Sicherheitsstrukturen
innerhalb existenter Grenzen. Der Kontinent
Europa erweitert sich.
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"Idee Europa"
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