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Die Planstädte Wolfsburg und Eisenhüttenstadt in der Nachkriegszeit |
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Die
"Stadt des KdF-Wagens"
Zur Gründungsgeschichte von Wolfsburg
Das heutige Wolfsburg wurde am 1. Juli 1938 als "Stadt des KdF-Wagens" gegründet.
Sie war gedacht für die Arbeiter des Volkswagenwerkes, das auf der anderen
Seite des Mittellandkanals entstand. Träger des Werkes, das den von Ferdinand
Porsche entwickelten Volkswagen herstellen sollte, war die Deutsche Arbeitsfront
(DAF). Deren Freizeitorganisation "Kraft durch Freude" (KdF) gab dem angekündigten
Wagen wie der projektierten Stadt ihren Namen. Den Auftrag zur Stadtplanung
erhielt der junge österreichische Städtebauer Peter Koller. Protegiert durch
den Generalbauinspektor für Berlin, Albert Speer, paßte Koller seine Planungen
nationalsozialistischen Leitbildern an: Er sah eine Aufmarschachse und alles
überragende Parteibauten vor. Zur Grundsteinlegung kam Hitler persönlich.
Er versprach eine "vorbildliche deutsche Arbeiterstadt", die eine "Lehrstätte
sowohl der Stadtbaukunst wie der sozialen Siedlung" werden sollte. Eine
weitere nationalsozialistische Stadt- und Werksgründung, die "Stadt der
Hermann-Göring-Werke", lag nicht weit entfernt. Das heutige Salzgitter entstand
für die Arbeiter der "Reichswerke Hermann Göring". Der Aufbau der "Stadt
des KdF-Wagens" kam nach Kriegsbeginn fast ganz zum Erliegen. Das nahezu
fertiggestellte Autowerk wurde in die Rüstungsproduktion eingegliedert.
Es lieferte in großer Stückzahl Kübelwagen, die militärische Version des
Volkswagens, und V1-Flugbomben. Möglich war dies nur durch den Einsatz von
mehr als 10.000 ausländischen Zwangsarbeitern, Kriegsgefangenen und KZ-Häftlingen.
Mehrere hundert starben infolge der besonders in der letzten Kriegsphase
unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen. Statt das Werk nach Kriegsende
zu demontieren, ließ die britische Besatzungsmacht die zivile Automobilproduktion
im VW-Werk anlaufen. Die Stadt erhielt den Namen Wolfsburg. |
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Festakt
der Grundsteinlegung zum Volkswagenwerk
26. Mai 1938
Am Himmelfahrtstag des Jahres 1938 legte Adolf Hitler bei Fallersleben den
Grundstein für das Volkswagenwerk. Der mit großem inszenatorischen Aufwand
betriebene Festakt stellte die Deutsche Arbeitsfront als Träger des neuen
Werkes und seines Produktes heraus und unterstrich damit den Gedanken der
Motorisierung der "Volksgemeinschaft".
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Kirche in der "Stadt
des KdF-Wagens"
In der "Stadt des KdF-Wagens" sollte es ursprünglich eine evangelische
und eine katholische Kirche geben. 1940 untersagte jedoch Generalbauinspektor
Albert Speer ihren Bau von Hitlers Sommersitz aus. So ist es nicht unwahrscheinlich,
daß Hitler selbst dieses Verbot verfügt hatte. Möglicherweise erfolgte
das Bauverbot, weil wegen des Krieges alle öffentlichen Bauvorhaben als
"nicht kriegswichtig" gestoppt wurden. Möglicherweise ist es der Ausdruck
der generell kirchenfeindlichen Haltung des NS-Regimes. Während die evangelischen
Gläubigen auf die Gotteshäuser in der Umgebung ausweichen konnten, mußten
die Katholiken in der evangelisch geprägten Gegend den ehemaligen Tanzsaal
einer Gaststätte als "Notkirche" nutzen. Die Arbeit der Pfarrer wurde
eingeschränkt und behindert.
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Stadtplanung
für die "Stadt des KdF-Wagens"
Peter
Koller entwarf die "Stadt des KdF-Wagens" nach dem Leitbild der "gegliederten
und aufgelokkerten" Stadt. Der Schüler Heinrich Tessenows griff dabei Ideen
der Gartenstadtbewegung auf und plante die einzelnen Stadtteile wie "Siedlungszellen",
durch Grünzonen voneinander abgetrennt. Die "Hauptachse" in der Stadtmitte,
vorgesehen für Aufmärsche, und die "Stadtkrone" erinnern hingegen an Albert
Speers Planungen für die Reichshauptstadt Berlin. Die Fassaden der zwei-
bis viergeschossigen Mietshäuser wurden nach den Empfehlungen des Reichsheimstättenamtes
in Anlehnung an regionale Bautraditionen dekoriert. Die Nähe zum "Heimatschutzstil"
zeigte sich besonders im heimeligen Charakter der Waldsiedlung Steimker
Berg. |
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Das
Volkswagenwerk
Die Deutsche Arbeitsfront (DAF) als Träger finanzierte das Werk aus dem
widerrechtlich angeeigneten Vermögen der deutschen Gewerkschaften. Die DAF
versprach sich von der Ausweitung ihrer Kompetenzen Prestigegewinn und pries
das Unternehmen als "Olympia der Arbeit". Projektiert auf eine Jahresproduktion
von etwa 500.000 PKW, wurde hier jedoch bis Kriegsbeginn kein einziger "Volkswagen"
gefertigt. Statt dessen lieferte der spätere "Kriegsmusterbetrieb" Kübelwagen,
V1-Flugbomben und andere Rüstungsgüter. Ferdinand Porsche, einer der Hauptgeschäftsführer,
übernahm 1941 mit dem Vorsitz der "Panzerkommission" eine Spitzenposition
in der Kriegswirtschaft. |
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Zwangsarbeiter,
Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge
Mehr als 10.000 ausländische Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene mußten im
Volkswagenwerk arbeiten. Vor allem die in nationalsozialistischer Terminologie
als "rassisch minderwertig" stigmatisierten Menschen aus der Sowjetunion
und aus Polen fristeten in den Lagern ein Dasein, das bestimmt war durch
Schwerstarbeit, Unterernährung und Mißhandlungen. Unter ihnen befanden sich
viele Frauen. 1944 wurde zusätzlich ein Außenlager des KZ Neuengamme eingerichtet,
in dem zuletzt mehr als 1.600 Häftlinge zusammengepfercht waren. Hunderte
von ihnen starben, nicht zuletzt infolge brutaler Schikanen durch die SS-Wachmannschaften. |
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