aufbau
west - aufbau ost
Die Planstädte Wolfsburg und Eisenhüttenstadt in der Nachkriegszeit |
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Ein
neues Werk - eine neue Stadt
Die Anfänge von Eisenhüttenstadt
Um wirtschaftlich überleben zu können, benötigte die DDR Roheisen. Sie besaß
jedoch nur ein kleines Werk in Thüringen, denn die oberschlesischen Betriebe
waren nach dem Zweiten Weltkrieg an Polen gefallen. Zugleich war der Eisen-
und Stahlimport aus der Bundesrepublik aus politischen Gründen fast völlig
zum Erliegen gekommen. 1950 entschied sich die SED-Führung mit dem Ersten
Fünfjahrplan für eine weitgehend autarke Wirtschaftspolitik und für den
Aufbau einer eigenen Roheisenproduktion. Der III. Parteitag beschloß deshalb
die Gründung eines Eisenhüttenkombinates. Die Standortwahl fiel auf Fürstenberg
an der Oder. In der neuen Anlage sollte das Roheisen nicht nur produziert,
sondern bis zum Feinblech weiterverarbeitet werden. Doch die ökonomische
Kraft reichte zunächst nur für ein Roheisenwerk. Ursprünglich war für dieses
Werk lediglich eine Arbeitersiedlung geplant. Anfang 1951 gelang es dem
Architekten Kurt W. Leucht, der SED-Führung den Gedanken einer Stadt nahezubringen.
Ulbricht berief Leucht zum Generalprojektanten dieser neuen Stadt. Leuchts
Planung folgte den Leitsätzen des sozialistischen Städtebaus nach sowjetischem
Vorbild und wurde darin beispielgebend für die gesamte DDR. Zugleich wurde
die "Wohnstadt des EKO" als "erste sozialistische Stadt Deutschlands" gefeiert.
1953 erhielt sie den Namen "Stalinstadt". |
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Rodung
für den Aufbau
Am 18. August 1950, dem sechsten Todestag Ernst Thälmanns, fällte der Industrieminister
der DDR, Fritz Selbmann, die erste Kiefer, um dem neuen Hüttenwerk in einem
symbolischen Akt Platz zu schaffen. Ein Gebiet von 12 Hektar mußte dafür
gerodet werden - eine Arbeit, die fast ausschließlich Frauen übernahmen.
Unter den rund 600 weiblichen Arbeitskräften waren viele Kriegerwitwen und
Vertriebene. |
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Am Bebauungsplan läßt
sich die Einteilung der Stadt in Wohnkomplexe nachvollziehen. Jeder von
ihnen weist eine eigenständige Infrastruktur auf. Dazu gehören je eine
Kinderkrippe, ein Pionierheim, mindestens eine Schule und eine Wäscherei.
In jedem dieser Wohnkomplexe sollten rund 5.000 Menschen leben. Im Zentrum
der Stadt liegen - entsprechend den "16 Grundsätzen" - die wichtigsten
politischen, administrativen und kulturellen Gebäude: das "Haus der Parteien",
das Rathaus und die Deutsche Notenbank sowie das Kulturhaus. Anstelle
privater Handwerksbetriebe sieht der Entwurf ein "Handwerkerkombinat"
vor, das am nördlichen Stadtrand angesiedelt ist. Privates Handwerk war,
ebenso wie privater Handel, in der "ersten sozialistischen Stadt" verboten.
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Rathaus und Kommunalpolitik
in der "ersten sozialistischen Stadt"
Stalinstadt sollte keine Kirche erhalten. Statt dessen wünschte
Walter Ulbricht für das projektierte Rathaus einen "schönen Turm", der
die Stadtmitte markieren sollte. Doch weder das Haus noch der Turm wurden
gebaut. Als erstes (und fast einziges) Gebäude am Zentralen Platz entstand
das monumentale "Haus der Partei und Massenorganisationen". Als sich herausstellte,
daß das Rathaus aus finanziellen Gründen nicht gebaut werden würde, verweigerte
die SED den "Massenorganisationen" (mit Ausnahme der FDJ) den Einzug.
Das Haus wurde geteilt: Eine Hälfte erhielt die Stadtverwaltung zur Nutzung
als Rathaus, die andere nutzten SED und FDJ. In wenigen Städten der DDR
lagen damit die Machtverhältnisse auch räumlich so offen wie in Stalinstadt.
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