aufbau
west - aufbau ost
Die Planstädte Wolfsburg und Eisenhüttenstadt in der Nachkriegszeit |
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Neue
Städte - neue Leitbilder
Anders
als in gewachsenen Gemeinden war in den Städten Wolfsburg und Stalinstadt
das gesamte städtische Leben gleichsam neu zu ›erfinden‹. Mit ihrer Suche
nach neuen Leitbildern spiegeln beide Städte die gesellschaftlichen und
politischen Vorstellungen des jeweiligen deutschen Teilstaates, in dem
sie sich entwickelten. Und sie spiegeln sie um so deutlicher, als sie
junge Städte waren, in denen der Entwicklung von Neuem keine Tradition
entgegenstand. Das gilt für die Benamung von Straßen, Schulen und öffentlichen
Gebäuden ebenso wie für das Kulturangebot, für die Architektur oder die
Vorstellungen vom Wohnen.
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Die
Politik der Namen: Wolfsburg
Nach dem Krieg war es in der "Stadt des KdF-Wagens" zu zahlreichen Umbenennungen
gekommen. Der Name der Stadt und Straßenbezeichnungen wurden symbolisch
entmilitarisiert und entnazifiziert. Indem man Straßen nach Dichtern oder
Philosophen benannte, verhielt man sich bewußt apolitisch. Dies gilt -
sowohl in Wolfsburg als auch in anderen Städten der jungen Bundesrepublik
- nicht für die Straßennamen in den Neubaugebieten, die häufig auf die
ehemaligen deutschen Ostgebiete verweisen. Mit der 1951 so benannten Porschestraße
und der Nordhoff-Straße (seit 1968) ehrte die Stadt die wohl wichtigsten
Führungskräfte des Volkswagenwerkes und stellte sie als Vorbilder heraus.
Mit Altbundespräsident Theodor Heuss wählte sich 1961 das zweite Gymnasium
der Stadt einen zeitgenössischen Politiker zum Namenspatron.
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Die
Politik der Namen: Stalinstadt
Auf den Straßenschildern
Stalinstadts konnten kommunistische Führer wie Lenin, Luxemburg, Thälmann
oder Pieck zu Ehren kommen, ohne Vorläufer zu verdrängen. Die Wahl der
Namen für Straßen und öffentliche Gebäude spiegelte das politische, soziale
und kulturelle Bezugssystem der neuen Gesellschaft. Nicht wenige Bewohner
empfanden den Namen Stalinstadt als Makel. 1961 wurde im Rahmen der (späten)
Entstalinisierung in der DDR der Name "Stalinstadt" durch das technisch-sachliche
"Eisenhüttenstadt" ersetzt. Nach der politischen Wende von 1989 beschloß
der Rat der Stadt im Mai 1992 die Umbenennung von 18 Straßen und Plätzen
- unter Verzicht auf ausdrückliche politische Bezüge.
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1945:
Wolfsburg
Mit der Grundsteinlegung 1938 hatte die heutige Stadt Wolfsburg den Namen
"Stadt des KdF-Wagens" bekommen. Die endgültige Namengebung hatte sich
Hitler persönlich für einen späteren Zeitpunkt vorbehalten. Eine der ersten
Amtshandlungen der amerikanischen Besatzungsmacht nach Kriegsende war
es, den nationalsozialistisch geprägten Stadtnamen durch eine unpolitische
Benennung zu ersetzen. Die Umbenennung wurde am 25. Mai 1945 in der ersten
Sitzung der Stadtverordneten beschlossen. Zur Begründung heißt es im Sitzungsprotokoll,
daß der alte Stadtname "durch die Zeitverhältnisse völlig überholt sei
und auch dem Willen der gesamten Bevölkerung nicht mehr entsprechen dürfte".
Die Stadt trug fortan den Namen des nahegelegenen Renaissance-Schlosses
Wolfsburg.
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Straßenumbenennungen
in Wolfsburg 1945 |
Straßenbenennungen
in Stalinstadt 1954 |
Alter
Name |
Neuer
Name |
Prinz-Eugen-Straße |
Bebelstraße |
Boelckehof
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Dantehof |
Goebehof |
Fontanehof
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Litzmannstraße |
Friedrich-Ebert-Straße |
Roonstraße |
Fritz-Reuter-Straße |
Nettelbeckstraße |
Ganghoferstraße |
Schlieffenstraße |
Goethestraße |
Gneisenaustraße |
Gustav-Freytag-Straße |
Yorckstraße |
Halbehof |
Ludendorffstraße |
Heinrich-Heine-Straße |
Manteuffelallee |
Kantallee
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Admiral-Scheer-Straße
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Liebknechtstraße |
Alte
Landstraße |
Porschestraße
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Hötzendorfplan
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Rathenauplan
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Zeppelinhof
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Rilkehof |
Lützowhof |
Scheffelhof |
Richthofenstraße
/ Moltkestraße |
Schillerstraße
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Schillhof |
Stormhof
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Graf-Spee
Straße |
Stresemannstraße |
Schönererstraße
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Tucholskystraße
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Scharnhorststraße |
Wilhelm-BuschStraße |
Weddingenstraße |
Windhorststraße
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Alter
Name |
Neuer
Name |
A-Straße
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Karl-Marx-Straße |
B-Straße
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Clement-Gottwald-Straße |
C-Straße |
Georgij-Dimitroff-Straße
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D-Straße |
Rosa-Luxemburg-Straße |
E-Straße |
Karl-Liebknecht-Straße |
F-Straße |
Fritz-Heckert-Straße |
G-Straße |
Straße
der Republik |
H-Straße |
Lenin-Allee |
I-Straße
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Straße
der Jugend |
K-Straße |
Friedrich-Engels-Straße
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Straßenumbenennungen
in Eisenhüttenstadt 1991 |
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Alter
Name |
Neuer
Name |
Klement-Gottwald-Straße
|
Alte
Ladenstraße |
Otto-Grotewohl-Ring
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An
der Holzwolle |
General-Walter-Straße |
An
der Schleuse |
Marchlewskiring |
Brunnenring |
Helmut-Just-Straße |
Dr.-Semmelweis-Straße |
Georgi-Dimitroff-Straße |
Eichendorffstraße |
Thälmannstraße |
Eisenhüttenstädter
Chaussee |
Philipp-Müller-Straße |
Kastanienstraße |
Wilhelm-Pieck-Straße |
Königsstraße |
Leninallee |
Lindenalle |
Marx-Engels-Platz |
Marktplatz
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Zementstraße
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Oderlandstraße
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John-Schehr-Straße
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Poststraße
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Roter Platz |
Roßplatz
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Straße
des Komsomol |
Saarlouiser
Straße |
Mittelstraße |
Schützenstraße |
Straße
der Jugend |
Wilhelmstraße
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Stalinstadt
Einem Beschluß des SED-Politbüros zufolge sollte die Wohnstadt des EKO im
Frühjahr 1953 den Namen Karl-Marx-Stadt erhalten. Am 5. März desselben Jahres
jedoch starb Stalin, und der neuen Stadt wurde gleichsam über Nacht sein
Name aufgezwungen. Dieses Schicksal teilte sie übrigens mit ihrer ungarischen
"Schwesterstadt", dem heutigen Dunaújváros (Donau-Neustadt), das den Namen
Sztálinváros führen mußte. Den Namen "Karl-Marx-Stadt" erhielt statt dessen
die Stadt Chemnitz. Ulbricht "taufte" am 7. Mai 1953, also am Vorabend des
Jahrestages der "Befreiung" durch die Rote Armee, die junge Stadt in einer
feierlichen Zeremonie auf den Namen "Stalinstadt". Dieser Akt war ein politisches
Bekenntnis zur Sowjetunion und zur Ideologie des Stalinismus. |
Die "modernste Stadt
Deutschlands"
In den fünfziger Jahren expandierte das Volkswagenwerk zum führenden Automobilhersteller
in Europa. Gleichzeitig entwickelte sich die Barackensiedlung zu einer
modernen Stadt, erbaut nach den im Westen dominierenden städtebaulichen
Leitbildern der Nachkriegszeit. Eine öffentliche Auseinandersetzung mit
der Vergangenheit der Stadt gab es kaum - der Blick war nach vorn gerichtet.
Die sich herausbildende städtische Identität spiegelt sich in der Stadtwerbung.
Hier präsentierte sich die junge Stadt Wolfsburg als "Volkswagenstadt",
"Deutschlands moderne Autostadt" und als "modernste Stadt Deutschlands".
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Die
"erste sozialistische Stadt Deutschlands"
Mit der "ersten sozialistischen Stadt" wollten ihre Gründer ein völlig neuartiges
Gemeinwesen schaffen, das nicht nur äußerlich durch einen neuen Architekturstil
erkennbar sein sollte. Es gab hier weder Kirchen noch private Produktion,
Handwerk und Handel. Die Ansichtskarten, mit denen sich Stalinstadt schon
wenige Jahre nach der Gründung präsentierte, künden von einer wohlhabenden,
jungen und vorwärtsstrebenden Kommune. |
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Eisenhüttenstadt
Am 13. November 1961 wurde Stalinstadt in Eisenhüttenstadt umbenannt. Die
Stadt präsentierte sich jetzt mit ihrer modernen Architektur. Ihr äußeres
Erscheinungsbild ist kaum von einer westlichen Stadt dieser Zeit zu unterscheiden.
Die Eingemeindung der Nachbarorte Fürstenberg und Schönfließ bildete den
offiziellen Anlaß für die Umbenennung. Vorausgegangen war die Entstalinisierung
der DDR, die sich über Jahre hinzog. Bereits 1956 hatte Chruschtschow auf
dem XX. Parteitag der KPdSU den Personenkult um Stalin verurteilt. Kurz
nach dem Bau der Berliner Mauer 1961 wiederholte er seine Kritik. Jetzt
stimmte auch die SED-Führung, immer noch zaghaft, mit ein. In einer Nacht
im November 1961 verschwanden in der DDR alle Denkmäler, Straßen- und Betriebsnamen,
die Stalin ehrten. |
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