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Stadtgründungen der Neuzeit
sind dünn gesät, zumal im zwanzigsten Jahrhundert und besonders solche,
die sich erfolgreich durchgesetzt haben. Wolfsburg gehört zu den erfolgreichsten
Neugründungen des zwanzigsten Jahrhunderts in Mitteleuropa. Adolf Hitler
ist der Despot, der die Stadt des KdF-Wagens, das spätere Wolfsburg, aus
dem Boden stampfen ließ. Der Architekt Peter Koller ist der Planungsvater
der Stadt. Als einer seiner Nachfolger im Amt des Stadtbaurates empfand
ich bald das Besondere der städtebaulichen Arbeit in einer Stadt, die
nur sechs Jahre älter ist als ich selbst. (1)
Ich habe nicht über Koller geforscht, ich habe ihn nicht in der beruflichen
Zusammenarbeit erlebt. Er begegnete mir anonym in Form der Strukturen
der Stadt, in alten Plänen und Aufzeichnungen, bis er eines Tages anrief:
"Hier ist der Peter Koller. Ich hab' g'hört, Sie sind der neue Stadtbaurat.
Kommen Sie mich doch mal besuchen!" Damit begannen Gespräche in unseren
Wolfsburger Wohnungen auf dem Steimker Berg und bei Besuchen auf seinem
Bergbauernhof in Kärnten, ergänzt durch eine intensive Korrespondenz.
Als wir uns 1983 zum ersten Mal trafen, war er 76 Jahre alt. Die nachfolgenden
Zitate stammen - falls nicht ausdrücklich eine andere Herkunft erwähnt
wird - aus meinen Gesprächen, unserer Korrespondenz sowie Aufzeichnungen
von Peter Koller.
Lebenslauf
Kollers Leben weist lange kontinuierliche Phasen auf, von scharfen Zäsuren
unterbrochen, die Richtungsänderungen, Neuorientierungen, Erkenntnisschübe
auslösten. Er wurde am 7. Mai 1907 geboren, entstammte einer alten Kärntner
Familie. Sein Vater war Zahnarzt in Wien. Dort ging er zur Schule und
von Herbst 1925 bis Herbst 1928 zur Technischen Hochschule. Er wechselte
dann zur Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg, wo er das Wintersemester
1928/ 29 verbrachte und von den Professoren Heinrich Tessenow (Architektur)
und Hermann Jansen (Stadtplanung) ganz besonders geprägt wurde. Nach seinem
Diplom in Wien machte er noch ein Nachstudium in Berlin (1929), wo er
auch den zwei Jahre älteren Albert Speer, Assistent bei Tessenow, kennenlernte.
Zwei Jahre Anstellung im Büro Hermann Jansens folgten, dem einzigen nur
auf Stadtplanung spezialisierten Büro in Deutschland. Koller heiratete
1931. Die Wirtschaftsdepression zwang ihn nach Kärnten zurück, wo er knapp
zwei Jahre lang den Bauernhof des Vaters bewirtschaftete. Diese Zeit als
Bauer hat ihn sein ganzes Leben über sehr bewegt. Immer wieder hat er
seine Erkenntnisse über Bodenwertigkeit, den Zyklus Aussaat Pflege - Ernte,
die existentielle Sicherung, das klare und einfache Abschätzen dessen,
was notwendig ist, in seine spätere Arbeit und sein Leben einbezogen.
1933 holt Albert Speer, der zu diesem Zeitpunkt mit Aufträgen für NS-Monumentalbauten
befaßt ist, Koller nach Berlin ins "Reichsheimstättenamt". Koller fühlt
sich zunächst "oben auf", doch sein Benehmen gegenüber den anderen Mitarbeitern
bringt ihn in die Isolation. (2)
Bis zur Auflösung des Amtes 1935 arbeitet Koller dann in der "Reichsstelle
für bäuerliche Siedlungsplanung". Er wird kurz arbeitslos, hat aber erneut
Glück: Durch entsprechende Verbindungen kehrt er 1936 zurück in den Staatsdienst,
wenn auch nur in der bayerischen Provinz ("Reichsstelle für bayerische
Landesplanung").
Im Herbst 1937 hilft Speer Koller zum zweiten Mal und holt ihn wieder
nach Berlin. Koller verweigert zwar eine Mitarbeit an der Neugestaltung
Berlins, erhält aber von der Gezuvor (Gesellschaft zur Vorbereitung des
Deutschen Volkswagens) den Auftrag, eine Stadt für das geplante Volkswagenwerk
zu entwerfen. Zwar sind mit dieser Aufgabe bereits drei Professoren der
Technischen Hochschule Braunschweig befaßt, aber als der Geschäftsführer
der Gezuvor fragt: "P. G. Koller, wir wollen eine Stadt für 60 000
Einwohner bauen! Sind Sie der richtige Mann für uns?«, antwortet Koller
mit dem ihm eigenen Selbstbewußtsein: "lch bin der Einzige, der in Betracht
kommt!" (3)
Die Beauftragung Kollers ist insofern ungewöhnlich, als der zu diesem
Zeitpunkt Dreißigjährige bis dahin nur jeweils zweite Preise in internationalen
Wettbewerben, für Zagreb 1931 und für die Altstadtsanierung von Teplitz-Schönau
in Böhmen 1932, als Besonderheiten aufzuweisen hat.
Ende 1937, nach dem Gespräch in Berlin, "gings los! Mit Ausnahme der Landbeschaffung
war alles meine Sache! Ich saß am Anfang oft weinend am Tisch mit Ma und
ihrer Mutter, weil ich meinte, ich wüßte nicht weiter, denn ich wußte
noch viel zu wenig." (4)
Im Frühjahr 1938 hat Koller seinen Entwurf für die Stadt des KdF-Wagens
trotzdem fertig. Nach Anpassung an Hitlers Architekturvorstellungen genehmigt
dieser die Pläne und spricht von einer "vorbildlichen deutschen Arbeiterstadt".
In einem für diese Aufgabe unglaublich jungen Alter wird Koller Chef des
Stadtbaubüros. Dabei wird sichtbar, daß der Protegé Talent hat
und seine Fähigkeiten als Planer und Organisator entwickelt. Doch die
erste Stadtentwicklungsphase endet für ihn abrupt. Er schrieb mir: "Die
Bautätigkeit lief im wesentlichen Ende 1941 soweit aus, daß ich Anfang
1942 meine U.K.-Stellung aufheben ließ und Frühjahr 42 zum Barras ging."
Ich habe nie herausbekommen, warum Peter Koller mit 35 Jahren, als Vater
von inzwischen sieben Kindern und mit seinen Verbindungen sicher über
die Möglichkeit verfügend, auch weiter in "U.K.-Stellung" (unabkömmlich)
zu verbleiben, in den Krieg zog. Es waren dann aber nicht die Kriegsmonate,
sondern die Zeit der Gefangenschaft, die sein weiteres Leben intensiv
prägten.
Koller kam am Heiligen Abend 1943 östlich des Dnjepr als Gefreiter in
russische Kriegsgefangenschaft. Krankheit, Hunger, Tod waren alltäglich
im Arbeitslager. Für Koller fand sich allerdings bald eine besondere Aufgabe:
"Ich hatte als Ingenieur Stahlbeton- und Holzbauten zu entwerfen, zu berechnen
und die Ausführung zu überwachen. Eine gesprengte Fabrik war wieder aufzubauen.
So was hatte ich vorher nie gemacht!" (5)
Rückblickend bezeichnete Koller immer wieder die Zeit bis zu seiner Rückkehr
im November 1945 als die bis dahin ergiebigsten Jahre seines Lebens, in
denen er zu sich selbst kam.
Als ab Mitte 1948 das Bauen wieder langsam beginnt, wirkt Koller als Planer
aus dem Hintergrund. Wenige Jahre nach Kriegsende ist es indiskutabel,
den ehemaligen Leiter des Stadtbaubüros der Deutschen Arbeitsfront mit
einem öffentlichen Amt zu betrauen, auch wenn zwischen diesem und der
britischen Besatzungsmacht gute Kontakte bestehen, die bis hin zu privaten
Einladungen reichen.
1948 macht Koller sich selbständig. Durch seine Kenntnis der Gegebenheiten
vor Ort, durch seine Verbindungen sowie nicht zuletzt durch seine fachliche
Kompetenz erlangt er schnell entscheidenden Einfluß auf alle städtebaulichen
Belange der Stadt. In seinem Photoalbum findet sich ein Bild, das ihn
vor einer Karte von Braunschweig zeigt: "1950 Der >Spiegel< hat mich fotografieren
lassen: Nun war ich wieder >wer<."
Ohne irgendein Mandat wird sein Einfluß dennoch so wirkungsvoll, daß er
1955 mit 48 Jahren zum Stadtbaurat gewählt wird. Mit großem Wissen, breiter
Erfahrung und intensiver Lebensreife wirkt er bis zu seiner Berufung als
ordentlicher Professor an die Technische Universität Berlin 1960 erfolgreich
für die Stadt Wolfsburg. Zwölf Jahre später zieht er sich auf einen Bergbauernhof
in der Nähe von Arriach/ Kärnten zurück, behält aber eine kleine Wohnung
auf dem Steimker Berg in Wolfsburg. Dort stirbt er am 2. März 1996 im
Alter von 88 Jahren.
Der Stadtplaner
Was ist aus diesem Menschen Peter Koller in das Entstehen und Werden der
Stadt Wolfsburg hineingeflossen? Koller besaß ein großes Selbstvertrauen.
Er hatte bei einem der besten Stadtplaner seiner Zeit studiert und gearbeitet,
hatte sich und seine Familie als Bauer mit seiner Hände Arbeit über Wasser
gehalten, hatte sich in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten in verschiedenen
Stellungen durchgebissen und hatte dennoch auch nein sagen können. Nein
sagen, als Albert Speer ihn im Winter 1936/ 37 aufforderte, zu ihm
nach Berlin zu kommen, um an der Neugestaltung Berlins mitzuarbeiten.
Ein Nein zum Angebot des ihm aus der Studienzeit gut bekannten Generalbauinspektors
für Berlin! Koller hatten die Pläne nicht zugesagt - wenngleich er dann
in seinen eigenen Entwürfen für die Stadt des KdF-Wagens durchaus bereit
war, Zugeständnisse an die Monumentalästhetik des Nationalsozialismus
zu machen.
Die ersten Vorskizzen Kollers hatten Hitler nicht gefallen, ihm war der
Entwurf allzu geländeangepaßt, und er entsprach auch nicht seinen architektonischen
Auffassungen. Speer gab daraufhin Koller >Gestaltungshilfen<, indem er
ihm persönliche Architekturskizzen Hitlers zeigte, die er in seinem Panzerschrank
aufbewahrte. Koller wollte sich den Auftrag nicht entgehen lassen und
paßte sich in der Führung der Hauptstraßenzüge und der Stellung der Parteigebäude
an.
Koller schien später in seinen Erzählungen darunter etwas zu leiden, denn
immer wieder war ihm wichtig darzustellen, daß von diesen Anpassungen
an den Hitlerstil nicht das geringste verwirklicht oder ausgeführt wurde.
Als anläßlich der Grundsteinlegung für die Stadt am 1.Juli 1938 Hitler
von einer »Lehrstätte der Stadtbaukunst« sprach, war Koller erschrocken
und besorgt, weil er keinerlei Hinweise, Vorstellungen oder Beschreibungen
kannte, die Hitler als Richtschnur für seine Vorstellungen von einer solchen
"Lehrstätte" dienen konnten. Erst später erkannte Koller, daß Hitler "sich
aus der Stimmung heraus von der Rede tragen ließ und dabei zu ganz irrationalen
Aussagen kam".
Koller merkte schon sehr früh, daß es nicht Gesetze, Vorschriften und
Erlasse sind, die Realisierungsprozesse in Gang setzen, sondern daß es
das Handeln von Personen ist. Paradebeispiel dafür war für ihn die Auswahl
des Standortes für das Volkswagenwerk in Deutschland. Dr. Lafferentz,
Geschäftsführer der Gezuvor, hatte die Idee, für das zukünftige Volkswagenwerk
eine neue Stadt zu bauen, um damit bei der damaligen Wohnungsnot Arbeiter
anzulocken. Um das Massenauto billig zu halten, mußte man Selbstabholung
vorsehen, was eine zentrale Lage in Deutschland verlangte, möglichst nahe
an der Eisenbahnlinie und der Autobahn Ost-West und am Mittellandkanal
zwischen Elbe und Weser. Innerhalb dieses Landstriches suchte Lafferentz
vom Flugzeug aus den Standort, den er dann durchsetzte. Koller: "Ein Beispiel
dafür, wie der geniale Dilettant oft mit einem Schlag das Richtige trifft!"
Koller hatte seinen Flächennutzungsplan nur dort mit einigen Bebauungsandeutungen
differenziert, wo diese zügig erwartet wurden. Dieser Ausgangsflächennutzungsplan,
mehr funktional und rational entwickelt denn als Gesamtkunstwerk entworfen,
gab allen Nachfolgern Kollers eine gut fundierte Grundstruktur vor, ließ
ihnen aber in der Ausformung dieser Struktur viel Spielraum. Koller betrachtete
Stadtplanung nicht als rein ästhetisches Problem, wie bis dahin allgemein
üblich, sondern er "rechnete" sie. Intensiv berücksichtigte er topographische
Gegebenheiten, die Zusammenarbeit mit Vermessungstechnikern betrachtete
er als eine wichtige Voraussetzung für seine Arbeit.
Obwohl sich Koller immer von der Architektur absetzte und sich deutlich
als Stadtplaner empfand und Planen als Vorherdenken begriff, ist er in
seinem Wesen immer mehr zum Typus des dem >Hier und Jetzt<-Verbundenen
geworden. Meiner Meinung nach hat dieses Wesen letztlich zu einer annähernd
bruchlosen Stadtentwicklung beigetragen.
Koller nach 1945 in Wolfsburg
In den Jahren nach 1945 sieht Koller verschiedene Stadtbauräte kommen
und gehen. Er selbst ist als Beauftragter und Berater der »Neuland"
und als Mitarbeiter im Büro seines ehemaligen Partners Titus Taeschner
tätig. Mit seinem Instinkt, seinem Sinn für Lebenswirklichkeiten, für
die Vorgänge des Alltags, mit seinem breiten Fachwissen und seinen menschlichen
Vorzügen ist er für viele bald wieder ein wichtiger Partner. Jahrelang
gibt es Uneinigkeiten zwischen ihm und Hans Bernhard Reichow, der den
Auftrag zur Erstellung eines neuen Flächennutzungsplanes der Stadt Wolfsburg
hatte. Die Auseinandersetzungen über die Vorstellungen beider Stadtplaner
wogen im Rat der Stadt Wolfsburg hin und her. Wie sich Koller später erinnern
wird, bekennt sich der Rat erst dann zu seinen Vorstellungen, als Reichow
beginnt, ihn als ehemaligen Nazi abzuqualifizieren.
Zehn Jahre nach Kriegsende ist Koller für die Stadt auch wieder politisch
tragfähig: 1955 wird er zum Stadtbaurat gewählt. Der erfolgreiche Verlauf
der Auseinandersetzungen mit Reichow scheinen mir dafür eine wichtige
Grundlage gewesen zu sein.
Koller ist inzwischen 48 Jahre alt, hat neun Kinder und strebt endlich
eine abgesicherte Existenz an. Die Konstellation ist günstig. Seit 1945
ist er in die unterschiedlichsten Planungs- und Bauaufgaben Wolfsburgs
und der Umgebung einbezogen und hat sich dabei profiliert. Der Generalbebauungsplan
mit Reichow ist schiefgegangen, in Wolfsburg ist die Enttäuschung darüber
groß, hatte man sich doch den berühmtesten Mann geholt! Das städtische
Bauamt war nicht kompetent genug, um die rasante Entwicklung im Volkswagenwerk
und die sich daraus ergebenden Aufgaben für die Stadt auch nur annähernd
zufriedenstellend zu bearbeiten. Die nächste Technische Hochschule ist
zwar im nahegelegenen Braunschweig, aber dort "saß der alte Göderitz als
sein eigenes Denkmal".
Kollers fünfjährige Stadtbauratstätigkeit ab Sommer 1955 ist von einem
guten Einvernehmen mit seinem Chef, Oberstadtdirektor Wolfgang Hesse,
geprägt. Der ist für ihn "ein Spitzenmann, ein gewandter Praktiker, ein
sehr angenehmer Chef", der es zudem versteht, zu dem mächtigen "General
Nordhoff" im Volkswagenwerk ein sehr tragbares Verhältnis aufzubauen.
Für die Stadtgeschichte Wolfsburgs ist diese zweite Hälfte der fünfziger
Jahre eine überaus erfolgreiche Zeit. Erstaunlich ist, daß trotz der vielen
Unwägbarkeiten gute städtebauliche Ergebnisse herausgekommen sind. Es
war für die Stadtbauräte in Wolfsburg nicht einfach, auf das "Ein- und
Ausatmen" des Werkes schnell reagieren zu müssen. Zu Zeiten Kollers aber
traf dieses Oszillieren der Belegschaftszahl noch auf eine kleine Stadt,
so daß die Auswirkungen um so schwieriger zu bewältigen waren. Koller
beklagte sich, daß Nordhoff der Stadt nie mitgeteilt habe, welches Wachstum
der Belegschaft er anstrebe. "Tausend Mann mehr im Werk bedeutete einen
ganzen Stadtteil mehr, der zwei Jahre braucht, bis Menschen dort einziehen
können." So beteuerte Nordhoff in dieser Zeit auch, daß er sich nicht
mehr als 25 000 Beschäftigte in einer Fabrik vorstellen könne, da eine
sinnvolle Leitung dann nicht mehr möglich sei. Als Koller Ende 1959 nach
Berlin ging, waren es schon 40 000!
Aus den Erzählungen Kollers entnehme ich, daß seine Zeit als Stadtbaurat
seine produktivste Zeit war. Er versteht die Klaviatur von Planung, Entscheidungsvorbereitung
und Entscheidung zu spielen. Koller war von hoher kommunikativer Kompetenz
(diesen Begriff würde Koller rügen!). Er "konnte" mit den Bauern der Umgebung
genauso gut wie mit Wirtschaftsbossen, Verwaltungsangestellten und Einzelhändlern:
Er hatte eine hohe Gabe, sich seinen Gesprächspartnern anzupassen und
war dadurch ein erfolgreicher Verhandlungsführer. Zugute kamen ihm seine
schon genannten breitgefächerten Kenntnisse er hat sich immer als Generalisten
bezeichnet -, die er fortwährend weiter zu vertiefen suchte. Sein positives,
optimistisches Naturell war ansteckend und vertrauensbildend.
Peter Kollers Berufsweg ähnelt dem vieler anderer seiner Profession und
Generation: Der politische Rahmen, innerhalb dessen zu handeln war, wurde
kaum hinterfragt. Ziel war es, die eigenen Vorstellungen zu verwirklichen
in der Uberzeugung, daß qualitätvolle Arbeit ihren Adressaten sicher finden
werde. Uneigennützige, zielorientierte Arbeit und das Setzen auf langfristigen
Erfolg waren Kollers Vorgehensweise. Er fühlte sich oft als Mittler zwischen
technischen Erfordernissen und menschlichen Interessen. Schon vor vierzig
Jahren hatte er die höchst moderne Erkenntnis, "man kommt heute wohl ohne
Generalisten als Moderator nirgends mehr aus".
Koller hat später immer wieder zu vermeiden versucht, sich noch fachlich
mit der Stadt zu befassen. "Nach einer verflossenen Liebe dreht man sich
tunlichst nicht mehr um", pflegte er zu sagen. Und so war er manchmal
fast unwirsch, wenn man ihn mit Vortragsmanuskripten behelligte, um etwas
Plausibilität in eigene Interpretationen und Vorstellungen zu bekommen,
oder wenn man ihn, wie zum fünfzigsten Stadtjubiläum, in Ausstellungs-
und Dokumentationsvorbereitungen einschaltete.
Er, der eigentlich kein Stadtmensch war, hat eine gelungene Stadtentwicklung
konzipiert, in die Wege geleitet, realisiert. Den Menschen vernünftige
Existenzmöglichkeiten, Lebensmöglichkeiten zu bieten, dafür hat er sich
engagiert. Er war mächtig und hat Macht trotzdem oder gerade deswegen
als Problem empfunden: "Überall, wo Macht ist, ist Gedränge, Konkurrenz,
Wettbewerb, Kampf. Daraus folgt Ballung, Verdichtung, Bedrängnis."
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