Berliner Linke, 13. 9. 90

...Was aber hat damit Bismarck zu tun, frage ich mich? Nichts! Die Ausstellung im Jahr seines 175. Geburtstages und das der 120. Wiederkehr jenes Tages, an dem der Eiserne Kanzler von Kaiser Wilhelm II. aus allen Ämtern entlassen wurde, bietet mit über tausend Exponaten von rund 250 privaten und öffentlichen Leihgebern eine optisch opulente Biographie, die eingebunden ist in die europäische Geschichte ihrer Zeit. Die Stücke werden reizvoll und originell präsentiert, Mittel modernster Museums - und Ausstellungsarchitektur wurden eingesetzt. Die Perfektion hat einen winzigen Mangel: Sie setzt den gebildeten, komplex informierten und denkenden Ausstellungsbesucher voraus. Einwenig Vorbelasteter wird eventuell von der Fülle erschlagen. Doch alles in allem überwiegt das Positive. Dazu würde ich übrigens auch den freien Eintritt für DDR-Bürger zählen - doch wie handhabt man diese Regelung nach dem 3. Oktober? Müssen wir dann als eingemeindete Bundesbürger bis zum Schließen der Ausstellung am 25. November die obligatorischen 8 DM entrichten oder nicht?

Frank Schumann