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Prinz, 27. 9. 90
Ausgerechnet jetzt eine Bismarck-Ausstellung? Die Frage wird sich mancher
stellen. Da diese Ausstellung bereits vor drei Jahren konzipiert wurde,
wird man den Ausstellungs-Planern jedenfalls nicht vorwerfen dürfen,
jene fragwürdige Analogie der Reichsgründung von 1871 - für
die der Name Bismarck steht - zur neuerlichen "Reichsgründung"
herstellen zu wollen. Wer sich zum derzeitigen Zeitpunkt - angesichts
des politischen und nationalistischen Einigungs-Gerangels - diese Ausstellung
ansieht, reagiert skeptisch und empfindlich auf soviel Deutsches, allzu
Deutsches.
Doch die Ausstellungsmacher haben alles daran gesetzt, den Kritikern von
vornherein den Wind aus den Segeln zu nehmen. Mußten sie ja auch
bei ihrer ersten Ausstellung, wo es doch eine Bewährungsprobe zu
bestehen gibt. Und so bekommt man so ziemlich alles, was man sich bei
dem heiklen Thema wünscht, geboten. Zehn Millionen kostete die Ausstellung,
die, von einigem ästhetischen Schnickschnack (wie etwa des "Erlebnisraums"
im Lichthof) einmal abgesehen, vorzüglich präsentiert wird.
Man bietet den historischen (europäischen) Kontext, private Innen-
und politische Außenansichten, Perspektivenvielfalt, kritische Distanz,
und zuweilen sogar eine Portion Ironie. Diese Bismarck-Schau ist ein Panorama
deutscher Geschichte zwischen 1815 und dem Ersten Weltkrieg: Deutschlands
Auf- und Abstieg. Preußens und Bismarcks Größenwahn...
Dirk David
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