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Künstlergemeinschaft Mecklenburg
Frühes Ende einer Utopie: Wie das MfS eine von der Bauhaus-Idee
inspirierte Künstlerkommune vor der Gründung zersetzte
Es gehörte zu den großen Enttäuschungen meiner
Generation, schreibt der 1948 geborene Puppenspieler und Regisseur
Martin Morgner, daß der uns permanent postilierte Sozialismus
die Spielfelder immer und immer wieder einteilte, zerteilte, mit Zäunen
umgab und mit finster blickenden und drohenden Posten umstellte.
Die Zerschlagung der Künstlergemeinschaft Mecklenburg, die sich 1980
zu formieren begann und im Januar 1982 von der Staatssicherheit als zersetzt
zu den Akten gelegt wurde, taugt als Modellfall für jene skeptische
Lageeinschätzung. Inspiriert von der Idee des Bauhauses entwickelten
einige über das Land verstreute Theaterleute ein Konzept für
eine selbstverwaltete Utopie in Mecklenburg. Der Ausstieg aus den institutionellen
Strukturen war darin die Hauptvoraussetzung für die Gründung
eines schöpferischen Kollektivs, in dem neben Theaterinszenierungen
auch eine für die DDR neuartige Arbeits- und Lebensgemeinschaft entstehen
sollte. Die vor allem von den Schauspielern Frieder Venus und Wolfgang
Häntsch mobilisierte Künstlergruppe wollte die entstandene
Kluft zwischen Theaterarbeit und kulturellem Leben der Bevölkerung
überbrücken und für eine Zeitraum von fünf bis
sieben Jahre kollektiv leben und arbeiten.
Der Traum von einem kulturellen Zentrum, etwa in der Gutshaus-Ruine
Carlsdorf, blieb jedoch unerfüllt. Mit einem umfangreichen Maßnahmeprogramm
wurden Mitglieder der Künstlergruppe in fünf Operativen Vorgängen
von der Staatssicherheit feindbearbeitet, verunsichert und
von staatlichen Stellen diszipliniert. Selbst der Kauf eines geeigneten
Objektes scheiterte an der Staatsmacht. Nachfolgend ist der Verlauf des
OV Künstlergemeinschaft in Auszügen dokumentiert
vom auslösenden Bericht eines Inoffiziellen Mitarbeiters bis
zum Abschlußbericht des Operativen Vorgangs.
(Zitate von Martin Morgner aus: Deckname Maske. Die Künstlergemeinschaft
Mecklenburg 1980/1981, Schriftenreihe der Robert-Havemann-Gesellschaft,
Berlin 1995)
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