[Flugzeuge über Berlin] [English] English version available


"Ende und Anfang" richtet den Blick auf das Medium Photographie. Wo sind seine Grenzen und Möglichkeiten angesichts eines epochalen Ereignisses, wie es das Kriegsende vor 50 Jahren war? Photographien gelten gemeinhin als getreue bildliche Dokumente oder Illustrationen der Geschichte. Die Photographie kann aber - entgegen den Hoffnungen ihrer Erfinder - keine objektiven Abbilder der Wirklichkeit hervorbringen. Photographien sind auch gestaltete Schöpfungen individueller Persönlichkeiten. Deren ästhetische und moralische Intentionen finden sich ebenso im Bild wie die Fragmente der Wirklichkeit.

Die Ausstellung zeigt verschiedene photographische Perspektiven und Reaktionen auf das Kriegsende. Zum einen die Bilder der Sieger, Photographen und Photographinnen, die mit den alliierten Armeen ins Land kamen, um die Befreiung und die Überreste der Naziherrschaft zu dokumentieren. Ihre Photos entstanden im Auftrag von Medienkonzernen und Nachrichtenagenturen mit dem Ziel, die Öffentlichkeit der jeweiligen Länder zu informieren.

Einige der ausgestellten Bilder sind - millionenfach verbreitet - zu Ikonen der "Stunde Null" geworden. Sie prägen bis heute das kollektive Bildgedächtnis vom Kriegsende. Das gilt besonders für die Bilder aus den befreiten Konzentrationslagern. In erschütternden, an die große Tradition der "Desastres de la Guerra" in der europäischen Kunst erinnernden Werken haben amerikanische und britische Photographen die Leiden der Opfer des NS-Regimes gezeichnet. Der Versuch, das unvorstellbare Grauen in adäquate Bilder zu fassen, offenbart jedoch die Grenzen der Photographie. George Rodger zog seine Konsequenz: Entsetzt darüber, daß er beim Photographieren der Leichenberge in Bergen-Belsen hauptsächlich an eine gute Komposition gedacht hatte, beschloß er, nie wieder Bilder vom Krieg zu machen.

Die sowjetischen Photographen, selbst Teil der bewaffneten Truppe, begleiteten den Vormarsch der Roten Armee Etappe für Etappe, vom Sieg bei Stalingrad bis zur Einnahme Berlins. In dramatischen Bildern wird der Kampf der Sowjetsoldaten zum heroischen Epos stilisiert. Höhepunkt ist die Eroberung des Berliner Reichstags, für die Rote Armee das Symbol des "Dritten Reiches".

Aber auch auf der Seite der Besiegten, Besetzten und Befreiten wurde photographiert. Photographen, die sich bislang ganz unterschiedlichen Sujets gewidmet hatten, etwa der Tier-, Architektur-, Tanz-, Porträtphotographie oder der sozialkritischen Reportage, finden im Angesicht der Katastrophe ihr gemeinsames Thema: die Zerstörung der großen deutschen Städte, den Untergang der über Jahrhunderte gewachsenen Kultur. Meist ohne Auftrag betrieben sie Spurensuche in den Trümmern ihrer Heimat. Es sind Bilder der Trauer über die menschlichen und materiellen Verluste, aber auch Bilder, die den Erscheinungsformen der Zerstörung ästhetischen Reiz abgewinnen: "Materialbilder", romantische Ruinenlandschaften oder surrealistische Trümmerszenarien.

Ergänzt wird die Sicht der Berufsphotographen um Bilder deutscher Amateure. Photographieverbot und Requirierung von Photoapparaten seitens der Alliierten hielten die Menschen offensichtlich nicht davon ab, den historischen Moment für das private Album zu dokumentieren. Auch hier steht die Zerstörung im Mittelpunkt: Monumente in Trümmern, Denkmale, Dome und Dinge, die zuvor als historisch dauerhaft galten. Familienbilder erhalten nun eine besondere Bedeutung: Porträts von Heimkehrern beweisen und bekräftigen die Rettung aus dem Chaos: "Wir sind noch einmal davongekommen". Bilder von jungen Paaren und Kindern künden von der Kontinuität menschlicher Lebenszyklen inmitten einer in Unordnung geratenen Welt.

Eine ähnliche virtuelle Photoausstellung gibt es zu "Sichtbare Zeit".


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