Humboldt-Universität zu Berlin
Institut für Geschichtswissenschaften
Neueste Geschichte
Dr. des. Kiran Klaus
Patel in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Historischen Museum
(DHM, Brigitte Vogel und Stefan Bresky, Museumspädagogik)
Wintersemester 2001/2, Mi 14-16 Uhr, Raum 3015
Die
Vernichtung der europäischen Juden
als Thema der Geschichtswissenschaft und einer Ausstellung des DHM
Überleben in Auschwitz
Einführung
Primo Levi, der Autor des Erinnerungsberichtes "Ist
es ein Mensch", hat noch heute als Zeuge der nationalsozialistischen
Verbrechen einen wichtigen Platz in der Geschichts- und Literaturwissenschaft.
Er überlebte Auschwitz und verstand es als sein Vermächtnis,
davon Zeugnis abzulegen.
Wer war Primo Levi?
Der am 31. Januar 1919 geborene Turiner stammte aus
einer nichtpraktizierenden jüdischen Familie. Während
seines Chemiestudiums engagierte er sich in der antifaschistischen
Studentenvereinigung "Groupe Amay". Im Dezember 1943 wurden
er und weitere Anhänger der Gruppe verhaftet und in das Lager
Carpi-Fossoli deportiert. Nach zwei Monaten erfolgte der Weitertransport
in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz. Hier musste
er im Außenlager Buna-Monowitz unter schwersten Bedingungen
Zwangsarbeit leisten. Anfang Januar erkrankte er so schwer, dass
er in den Krankenbau eingeliefert werden musste, was sich als lebensrettend
erweisen sollte. Primo Levi entging so der Evakuierung des Lagers
im Januar 1945 und wurde zehn Tage später von der Roten Armee
befreit. Nur drei der vormals sechshundertfünfzig Häftlinge
überlebten. Nach seiner Rettung arbeitete er einige Monate
als Krankenpfleger in einem sowjetischen Lager, bevor er im Oktober
1945 nach Turin zurückkehrte. Bereits 1946 begann er mit der
Niederschrift seines ein Jahr später veröffentlichten
Buches "Se questo è un uomo?", das in deutscher
Übersetzung unter dem Titel "Ist das ein Mensch?"
erschien. Sein Werk wurde in zahlreiche Fremdsprachen übersetzt
und fand auch in Frankreich soviel Anklang, so dass es noch heute
in den Schulen zur Pflichtlektüre gehört. Primo Levi eröffnete
sich in der Folge mit zahlreichen weiteren Erzählungen ein
weites literarisches Feld. 1987 hatte den Überlebenden der
nationalsozialistischen Gewaltherrschaft jedoch der Lebensmut verlassen.
Primo Levi beging am 11. April Selbstmord.
Das Werk und seine Bedeutung für die Gegenwart
In Primo Levis Werk "Ist es ein Mensch?"
vereinen sich Erinnerungsbericht und philosophische Reflexion. In
siebzehn Kapiteln vermittelt er dem Leser die Entwicklung der Hölle
von Auschwitz. Empirisch beschreibt er die Ereignisse mit der Distanz
eines nur Berichtenden. Doch seine Geschichte ist keine Fiktion,
sondern erlebte Wirklichkeit. Die Präzision seiner Darstellungen,
die geradezu an Tagebucheintragungen erinnern, geben dem Leser einen
Eindruck von der täglich durchlebten Unmenschlichkeit. Sein
Buch hat auch heute noch große Bedeutung. Auch in Frankreich
werden Denkmäler und jüdische Friedhöfe geschändet.
Dabei sind diese Orte, ebenso wie Primo Levis Erinnerungsbericht,
Spuren der Vergangenheit und daher zu achten und zu schützen.
So wie das französische Dorf Oradour sur Glane, dessen gesamte
Bevölkerung während des Zweiten Weltkrieges von den national-sozialistischen
Besatzern ermordet wurde und das heute noch als beeindruckendes
Mahnmal gilt.
Isabelle Duflot
Levi, Primo, Si c´est un homme?, Paris 1990
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