Humboldt-Universität zu Berlin
Institut für Geschichtswissenschaften
Neueste Geschichte
Dr. des. Kiran Klaus
Patel in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Historischen Museum
(DHM, Brigitte Vogel und Stefan Bresky, Museumspädagogik)
Wintersemester 2001/2, Mi 14-16 Uhr, Raum 3015
Die
Vernichtung der europäischen Juden
als Thema der Geschichtswissenschaft und einer Ausstellung des DHM
Internetseiten
zum Thema
"Holocaust"/"Wannseekonferenz"
Zu diesem Thema gibt es eine unüberschaubare
Anzahl von Webseiten im Internet. So zeigen verschiedene Suchmaschinen
(wie "google.de" oder "altavista.de") zum Stichwort
"Wannseekonferenz" mehrere hundert bzw. über eintausend
Treffer, zum Stichwort "Holocaust" finden sich mehr als
eine Million Treffer (auf "google.de").
Die verschiedenen Seiten sind, je nach Anliegen und Aufwand des
Anbieters, in Qualität und Umfang sehr unterschiedlich. Aus
Platzgründen sollen hier nur zwei Seiten genauer vorgestellt
werden, nämlich
- www.shoa.de und
- http://remember.org
Das Internet als Ort der Information
Die erste Seite ist ein Schlagwortindex des Arbeitskreises
"shoa.de" in Düsseldorf, der unter dem Motto "Erinnerung
schafft Zukunft" steht. Fast wie in einem virtuellen Lexikon
kann hier sowohl der Laie als auch der "Experte" Begriffe
nachschlagen oder Dokumente einsehen. Die Stichworte sind nach den
Rubriken "Holocaust", "3. Reich", "2. Weltkrieg"
und "Nachkriegszeit" unterteilt; dadurch wird die Seite
übersichtlich und die Stichwortsuche beschleunigt. Die Stichworte
reichen von "Antisemitismus" über weniger bekannte
Begriffe wie "Madagaskar-Plan" oder "Weise von Zion"
bis "Zyklon B". Es werden "Opfer und Helden"
des Holocaust, etwa Anne Frank oder Oskar Schindler, ebenso beschrieben
wie die (Haupt-)Täter, die Geschichte des "Dritten Reiches"
und des 2. Weltkrieges. Einige Film- und Tondokumente sowie Literaturtipps
zu fast allen Stichworten ergänzen das Angebot der Seite sinnvoll.
Es gibt auch ein Diskussionsforum, in dem über verschiedene
Themen debattiert werden kann (u. a. zum Umgang mit der Geschichte
des 2. Weltkrieges oder zum heutigen Antisemitismus). Außerdem
findet sich ein Gästebuch sowie ein Chatbereich und man kann
einen Newsletter abonnieren, so dass sich die vielen Möglichkeiten
des Internets nutzen lassen.
Um die Seite einsehen zu können, wird natürlich ein Internetzugang
benötigt, für Ton- und Filmsequenzen möglichst über
ISDN oder DSL (über ein normales Modem verminderte Qualität),
außerdem sollten eine bessere Sound- und Grafikkarte sowie
der "RealPlayer" zur Verfügung stehen. Bei einer
etwas veralteten Hardware, bauen sich die "restlichen"
Seiten trotzdem schnell auf, da man sich auf den Text konzentriert
und relativ wenige Photos auf den Seiten zu finden sind.
Das Internet als Ort der ritualisierten Erinnerung
Unter http://remember.org können Überlebende des Holocaust,
deren Angehörige oder Hinterbliebene der Holocaustopfer ihre
Geschichte schildern und an ihr Schicksal erinnern. Im Bereich "The
Holocaust Quilt" (unter der Rubrik "forums") ist
ein Forum zum Gedenken und gegen das Vergessen geschaffen worden.
Anlehnend an den "AIDS Memorial Quilt", in dem seit 1987
Freunde, Partner und Angehörige an verstorbene AIDS-Patienten
erinnern und ihrer gedenken, soll ein zusammengesetzter "Flickenteppich"
individuelles Gedenken und Trauern ermöglichen und den Opfern
bzw. den Hinterbliebenen so ihre Sprache wiedergeben.
Ein Quilt ist eigentlich eine Steppdecke, auf die man in jedes Feld
eine persönliche Stickerei fügt. Im "AIDS Memorial
Quilt" geschah das Gedenken durch Zusammensetzen von Stoffrechtecken,
auf denen der Verstorbenen gedacht wird. Im "Holocaust Quilt"
findet das Gedenken im virtuellen Raum des Internet statt. Die Anbieter
der Seite sind dabei auf das Mitwirken der Hinterbliebenen der Opfer
angewiesen, und diese werden ausdrücklich aufgefordert, sich
zu beteiligen und eigene Beiträge zur Verfügung zu stellen.
Alphabetisch nach den Familiennamen geordnet finden sich bisher
etwa 400 Eintragungen. Der Quilt ist also noch im frühen Entstehungsprozess
und erscheint in vielen Punkten noch improvisiert, unübersichtlich
und unausgewogen.
Die Form der Erinnerung kann weitgehend individuell gestaltet werden:
Zunächst werden Name, Land, Stadt und KZ bzw. Ghetto des Opfers
angegeben, dann kann ein Gedicht folgen, die Sicht des Hinterbliebenen
oder der Leidensweg des Opfers geschildert werden. Auch Personen,
die keinen persönlichen Bezug zum Holocaust haben, geben in
Eintragungen ihre Bestürzung und ihre Trauer hinsichtlich des
Völkermordes wieder. Der Rest der Internetseite (außerhalb
des Holocaust Quilts) ist auch zur Erinnerung an den Holocaust und
seine Opfer eingerichtet worden, konzeptionell aber weniger interessant
und außerdem recht unübersichtlich gestaltet. Unter den
Punkten "Forum", "Bilder", "Diskussion",
"Zeugen", "Bildung", "Links" und "Buchtipps"
findet sich eine Vielzahl von Einträgen zum Thema Holocaust,
die allerdings unsystematisch zusammengestellt wurden und so nur
eine Ansammlung von individuell gestalteten Ausschnitten aus dem
breiten Themenspektrum darstellen.
Besondere Hardwareanforderungen stellt die Seite nicht; nur sollte
der Nutzer beachten, dass die Seite komplett in Englisch ist.
Bewertung
Die Seite www.shoa.de eignet sich besonders für
den Einstieg in das Thema "Holocaust", denn durch die
knappen, aber informativen Artikel und die große Übersichtlichkeit
kann man sich schnell in das Thema "einlesen". Insgesamt
dient diese Seite primär als Informationsmedium und trägt
eher zur Aufklärung über den Holocaust und das "Dritte
Reich" bei, als zum Gedenken der Opfer. Zur Erinnerung und
zum Gedenken an den Holocaust und seine Opfer sind die dargestellten
Fakten und Zahlen vielleicht etwas zu abstrakt. Besser gelingt das
möglicherweise über die Darstellung der Schicksale und
Familiengeschichten der Opfer, wie es auf der zweiten Homepage geschieht.
Allerdings besteht hier die Gefahr, dass durch die individuelle
und unsystematische Gestaltung wichtige Aspekte des Holocaust ausgeblendet
werden und die Information zu kurz kommt. Insbesondere (junge) Menschen,
die sich bisher wenig oder gar nicht mit dem Thema auseinandergesetzt
haben, können so ein verzerrtes oder falsches Bild vom Holocaust
vermittelt bekommen. Deshalb ist die zweite Seite eher für
Personen geeignet, die zumindest über Grundkenntnisse in diesem
Bereich verfügen.
Am Besten man schaut sich beide Seiten an und
bildet sich ein eigenes Urteil.
Tobias Klopfleisch
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