KATALOG

Vorwort Prof. Dr. Hans Ottomeyer, Generaldirektor des Deutschen Historischen Museums, Berlin
Dr. Dieter Vorsteher, Direktor des Deutschen Historischen Museums, Berlin

Das Jahr 2003 hat programmatische Bedeutung für das Deutsche Historische Museum: Nach fünf Jahren baulichem Provisorium meldet sich das nationale Geschichtsmuseum in der deutschen Hauptstadt zurück. Die nun fertiggestellte Ausstellungshalle von I.M. Pei eröffnete mit ihrer weltweit beachteten Architektur die neue »Spielzeit«. Zwei Ausstellungen, ›Idee Europa‹ im Mai und ›John F. Kennedy‹ im Juni, setzten inhaltliche Glanzpunkte, deren Botschaft lautete: Das Deutsche Historische Museum hat wieder eine feste Adresse, von hier aus will es die Gunst und das Interesse seiner Besucher zurückgewinnen und sich den kulturhistorischen wie auch politischen Fragen aus Vergangenheit und Gegenwart stellen.

Zu diesem Comeback gehörte nicht nur, historisch relevante Themen zu besetzen und Neubauten zu errichten, sondern auch gute Traditionen aus der Arbeit der neunziger Jahre wieder aufzugreifen. Eine dieser Traditionen ist, der Gattung Fotografie im Deutschen Historischen Museum Beachtung zu schenken. An keinem anderen Ort in Berlin konnte man seit 1992 die Fotografie so vielfältig kennenlernen wie in der Fotogalerie unseres Museums.

Bedeutende Fotografen wie Barbara Klemm, Bettina Reims, Stephan Moses und Yousuf Karsh widmeten wir eigene Ausstellungen. Die häufig nur als Dokument unterschätzte Pressefotografie stellten wir in das Spannungsfeld zwischen Dokumentation, Propaganda und künstlerischem Anspruch. Jungen Fotografen boten wir eine Bühne. Diese Tradition wollen wir fortsetzen. In den kommenden Jahren soll die Fotografie, Medium und Bildsprache des 20. Jahrhunderts, in der neuen Ausstellungshalle ihren festen Ort finden.
Es ist uns eine große Ehre und Freude zugleich, daß wir an dem Fotoprojekt von Klaus Honnef als die Berliner Station teilnehmen dürfen. Nach Prag und vor Moskau und Bochum präsentieren wir für drei Monate die Ausstellung ›Von Körpern und anderen Dingen‹, die uns die Avantgarde deutscher Fotografie des 20. Jahrhunderts vorstellt. Sie spannt zeitlich den Bogen von den Anfängen der Weimarer Republik bis zur Gegenwart und betrachtet die fotografische Konstruktion und Dekonstruktion der Körper. Es ist kein Zufall, daß diese Epoche auch anthropologisch von zwei dämonischen Körpererlebnissen begrenzt wird: von einer zuvor nicht gekannten massenhaften industriellen Zerstörung des Körpers auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges und der atemberaubenden Diskussionen über die Grenzen einer gezielten Rekonstruktion von Körpern durch das Klonen zur Jahrtausendwende.

Ausstellung und Katalog stellen den menschlichen Körper und die menschliche Dingwelt zur Diskussion zwischen den Begriffen der Versachlichung, der Manipulation, der Pervertierung, des Menschenmaterials und der Fragmentierung.

Vor allem gilt unser Dank den Autoren und Leihgebern, die uns in fast dreihundertfünfzig Beispielen eine großartige Revue der fotografischen Körperwelten aus dem letzten Jahrhundert vor Augen führen.

 

Prof. Dr. Hans Ottomeyer, Generaldirektor des Deutschen Historischen Museums, Berlin
Dr. Dieter Vorsteher, Direktor des Deutschen Historischen Museums, Berlin