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Schweiz
Wehrhaft barmherzig
In den beiden ersten Jahrzehnten nach 1945 war die kollektive Erinnerungswelt von den Bildern der Wehrhaftigkeit beherrscht. Besonders General Guisan spielte eine bedeutende Rolle. Daneben stand das Bild von der „barmherzigen Schweiz“, um das militärisch-politische Nichtengagement des Neutralen auszugleichen. Dies ermöglichte noch im Krieg die Verschmelzung der Bilderwelten: Die Identität von „Wehrhaftigkeit“ und „Barmherzigkeit“. Die „barmherzige Schweiz“ wurde und wird dokumentiert durch die Militärinternierten, die Grenzbevölkerung und die Ferienkinder. Bilder von schutzsuchenden politisch oder aus „rassischen“ Gründen Verfolgten des NS-Regimes finden sich indes kaum. Es dominierte die Vorstellung, daß man durch die Widrigkeit der Umstände zur Grausamkeit gegenüber Schutzbedürftigen gezwungen gewesen sei. Bundesrat Eduard von Steiger, hauptverantwortlich für die Flüchtlingspolitik, bestritt nicht, daß seine Politik grausam war. Zur Rechtfertigung der Grenzschließung prägte er das Bild vom Rettungsboot und verkündete am 30. August 1942: „Wer ein schon stark besetztes kleines Rettungsboot mit beschränktem Fassungsvermögen und ebenso beschränkten Vorräten zu kommandieren hat, indessen Tausende von Opfern einer Schiffskatastrophe nach Rettung schreien, muß hart erscheinen, wenn er nicht alle aufnehmen kann.“ |
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General Henri Guisan steht für die Wehrhaftigkeit der Schweizer. Seine während des Krieges überall aufgehängten Porträts blieben an ihren prominenten Orten (Amtsstuben, Polizeiposten, Wirthäusern) einfach hängen. Sie verschwanden nach und nach erst in den 70er Jahren – um dann allerdings in den Trödlergeschäften und auf Flohmärkten wieder aufzutauchen. In den 60er Jahren wurden Guisans „Worte zur Stunde“ auf einer Schallplatte in die Öffentlichkeit gegeben. |
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Die Flüchtlingsproblematik war bereits 1944/45 in dem Film „Die letzte Chance“ thematisiert worden. Eine Flüchtlingsgruppe gelangte im Herbst 1943 nach größten Anstrengungen aus Italien über die Berge in die Schweiz und wird nach bangen Momenten des Wartens schließlich aufgenommen – eine Story mit Happy End.
Der Filmproduzent mußte, um die nötigen Drehbewilligungen zu erhalten, Bundesrat Eduard von Steiger versprechen, da ß der Film den Interessen der Schweiz im Ausland förderlich sei. Die Landesregierung wollte den Film vor der Freigabe „visionieren“, da man befürchtete, das Bild der „barmherzigen Schweiz“ könne Schaden nehmen. Bundesrat von Steiger kritisierte bei der Abnahme, daß der Films den sympathischen Flüchtlingen einen bürokratischen Offizier gegenüberstelle und die schweizerische Medizin schlecht darstelle. Auf dem Plakat werden verschiedenen Motive aus dem Film kombiniert: groß hervorgehoben die Helfer, von denen nur zwei überleben werden, und die verfolgten Flüchtlinge vor großartiger Bergkulisse im Schnee, kurz vor der rettenden Schweizer Grenze. |
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