10. Februar bis 19. März 1996
Texttafel zur Ausstellung im Deutschen Historischen Museum
Bereits in den 50er Jahren hatten Walter Ulbricht und das Politbüro des Zentralkomitees der SED den Plan gefaßt, ein "Zentrales Gebäude" im Zentrum Berlins zu bauen. Allerdings verhinderten vor allem wirtschaftliche Schwierigkeiten die Ausführung der Planungen. Erst der Nachfolger Walter Ulbrichts, Erich Honecker, konnte das Vorhaben verwirklichen. Im März 1973 faßte das Politbüro den Beschluß, den "Palast der Republik" zu errichten, und am 2. November wurde nach ungefähr 20jähriger Bebauungsplanung der Grundstein gelegt. Anläßlich des IX. Parteitages der SED konnte der "Palast" dann am 23. April 1976 als "Haus des Volkes" eröffnet werden.
Dem Gebäude wurden von Anfang an zwei Funktionen zugedacht. Einerseits war es als "Volkshaus" konzipiert, andererseits versammelte sich hier die DDR-Volkskammer. In seiner Doppelfunktion als "Volkshaus" und "Volkskammer" sollte es symbolisch Regierung und Volk zusammenbringen.
Nicht zufällig steht der "Palast der Republik" auf dem Gelände, auf dem bis 1918 die Hohenzollern residierten. Mit der Sprengung des Schlosses ab dem 7. September 1950 und mit dem Bau eines "Palastes" versuchte sich die DDR demonstrativ über eine jahrhundertelange Geschichte zu erheben.
Den räumlichen Mittelpunkt des Palastes bildete das über zwei Etagen reichende Foyer, das für die Besucher über die Haupttreppe vom Marx-Engels-Platz (heute Schloßplatz) erreichbar war. In diesem 42 Meter breiten, doppelt so langen und acht Meter hohen Hauptfoyer fand die repräsentative Bildergalerie ihren Platz.
Im Januar 1974 trafen sich 19 Künstler aus der DDR zu einem ersten Arbeitsgespräch im Ministerium für Kultur. Eingeladen hatte der Kulturminister Hans-Joachim Hoffmann. Fritz Cremer, der als künstlerischer Berater in dem Bauteam um Heinz Graffunder, den Architekten des Palastes, fungierte, hatte im Vorfeld allerdings schon die Künstler benannt. Der Bildhauer Cremer genoß in der Künstlerschaft der DDR allgemeine Anerkennung. Er war somit die ideale Integrationsfigur, deren Auswahl allgemein akzeptiert wurde und die zwischen den Künstlern und dem Auftraggeber vermitteln konnte. An diesem ersten Gespräch nahmen beinahe alle Künstler teil, die schließlich vom Ministerium Aufträge erhielten. Zu den Gästen gehörten im Winter 1974 Günther Brendel, René Graetz, Erhard Großmann, Bernhard Heisig, Wolfgang Mattheuer, Arno Mohr, Willi Neubert, Ronald Paris, Kurt Robbel, Wolfram Schubert, Willi Sitte, Werner Tübke, Hans Vent und Walter Womacka. Dabei waren auch Gerhard Bondzin, Günter Tiedeken, Karl Erich Müller, José Renau und Horst Sagert, die später ausschieden. Für diese kamen die Maler Matthias Wegehaupt und Lothar Zitzmann in das Team.
Um den Künstlern genug Spielraum einzuräumen, aber gleichzeitig die Bedürfnisse der Politik zu befriedigen, erfand Fritz Cremer das Motto: "Dürfen Kommunisten träumen?". Mit dieser Themenstellung waren Auftragnehmer wie Auftraggeber gleichermaßen zufrieden.
Die 16 Bilder zeigen in ihrer unterschiedlichen Thematik die Möglichkeiten, die die Künstler in den 70er Jahren in der DDR hatten. Einige von ihnen waren schon auf die "documenta" in Kassel eingeladen worden. Spätestens seit dem Beginn der KSZE-Konferenz 1973 war die DDR-Führung bestrebt, international das Bild einer "offenen Gesellschaft" mit künstlerischer Freiheit zu vermitteln. Andererseits mußten jedoch auch die Traditionen der SED berücksichtigt werden. Bilder mit deutlich utopisch-sozialistischem Inhalt hingen aus diesem Grunde neben Bildern, die sich kritisch mit den Verhältnissen im realen Sozialismus auseinandersetzten oder gar keine politische Position bezogen.
Zur Ausstellung erscheint eine Kunstpostkartenserie.
Berlin, 9. Februar 1996