Die
Buchgemeinschaft Büchergilde Gutenberg entstand 1924 auf einer Fachtagung
des Bildungsverbands der deutschen Buchdrucker in Leipzig unter
der Initiative von Bruno Dreßler.
Das gewerkschaftliche Projekt sollte in der Zeit der überwundenen Inflation
auch den unteren Schichten, insbesondere der Arbeiterschicht, die Gelegenheit
geben, günstig kulturell hochwertige Bücher zu erwerben. Die Büchergilde
verstand sich als »Kulturinstitution der Werktätigen«.
Dementsprechend wurden v. a. sozial engagierte Texte moderner Autoren
in das Programm aufgenommen (etwa der Anarchist B. Traven, Oskar Maria
Graf, Martin Andersen Nexö, Jack London, Mark Twain etc.).
Am 1. Januar 1925 hatte die Gilde bereits 10.595, drei Jahre später,
am 1. Februar 1928, sogar 45.260 Mitglieder, darunter 16.200 Nichtbuchdrucker.
Bis 1931 entstand ein Netz von 27 Geschäftsstellen in Deutschland, dazu
kamen Niederlassungen in Zürich, Wien und Prag. 1933 lag die Mitgliederzahl
bei 85.000.
Mit der Machtübernahme Hitlers 1933 wurde der Verband der deutschen
Buchdrucker innerhalb der Deutschen Arbeitsfront gleichgeschaltet,
die Mitarbeiter wurden nach einer kurzen Übergangszeit aus politischen
Gründen entlassen. Der Betrieb der Büchergilde bestand allerdings durch
die Abtrennung des Züricher Zweigs in der Schweizer Emigration fort.
Als Genossenschaft Büchergilde Gutenberg warb sie so alleine
in der Schweiz bis 1945 rund 100.000 Mitglieder, dazu entstand eine
Tochtergesellschaft in Lausanne.
1947 errichtete der Sohn des Gründers Helmut Dreßler (1910 - 1974) die
deutsche Büchergilde als Tochtergesellschaft des DGB in Frankfurt am
Main wieder. Zu den ersten gedruckten Autoren gehörten Erich Kästner,
Stefan Zweig und Golo Mann.
Bereits fünf Jahre nach der Gründung wuchs die Mitgliederzahl auf über
200.000, in den sechziger Jahren gar auf den Höchststand von 300.000.
In den siebziger Jahren kam es schließlich zu einer Krise des Unternehmens.
Die Mitgliederzahlen begannen zu sinken.
Mitte der achtziger Jahre bis Mitte der neunziger Jahre flossen zweistellige
Millionenbeträge direkt und indirekt aus den Beitragszahlungen der Gewerkschaftsmitglieder
als Zuschüsse in die Büchergilde.
Trotzdem wurden in dieser Zeit neue Projekte ins Progamm aufgenommen.
So entstand etwa 1982 Die Kleine Reihe als Bibliothek für
Kritische Leser und 1985 die Bibliothek Exilliteratur, die
vor der Naziherrschaft ins Exil geflohene, nun aber vergessene Autoren
wieder ins allgemeine Bewusstsein zu bringen versuchte.
Besonders bekannt ist die Reihe der Illustrierten Bücher, die
seit Mitte der achtziger Jahre in hochwertigen Drucken bis heute einen
Schwerpunkt der Büchergilde bildet.
1994 ging die Büchergilde vollständig in den Besitz der gewerkschaftseigenen
Holding Beteiligungsgesellschaft für Gemeinwirtschaft (BGAG)
über. Dazu wurde der gewerkschaftseigene Bund-Verlag (Köln) erworben.
Nachdem man auf der Suche nach größeren finanzstarken Partnern erfolglos
war, kam es schließlich 1998 zu einer völligen Umstruktuierung der Besitzverhältnisse
der Büchergilde. Die Gewerkschaft zog sich vollständig aus dem Unternehmen
zurück.
Der Betrieb wurde stattdessen in einem sogenannten Management-Buy-Out
an führende Mitarbeiter verkauft, womit das kulturell eigenständige
und hochwertige Programm der Büchergilde erhalten werden sollte.
Die Mitgliederzahlen haben sich bis heute bei ca. 130.000 stabilisiert.
Im Verlag arbeiteten 1998 ca. 37 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, 120
weitere waren in den 73 Verkaufsstellen beschäftigt.
Dirk
Mellies