EINLEITUNG

Acht Jahre lang begleitete Herlinde Koelbl fünfzehn maßgebende Politiker, führende Persönlichkeiten aus der Wirtschaft und einen Medienmacher, um Veränderungen der Persönlichkeit zu ergründen. Wie verhalten, verändern sich Menschen, die Minister/in, Ministerpräsident/in, Bundeskanzler, Vorstandsvorsitzender eines großen Unternehmens oder Bundesgeschäftsführer einer großen Partei werden? Welche Spuren hinterläßt die gewohnheitsmäßige Ausübung der Macht? Welche der Auf- und Abstieg? "Mit der normalen Verwundbarkeit des Menschen könnten Sie in solchen Jobs nicht überleben. Sie müssen verdrängen, müssen eine Brutalität an den Tag legen im Abstoßen und Bekämpfen von anderen", sagt Karlheinz Blessing, nachdem er für kurze Zeit als SPD-Geschäftsführer das politische Spiel kennengelernt hat. Joschka Fischer formuliert es anders: "Politiker, das sind die Menschen mit den schmalen Lippen. Weil man so viel wegstecken muß, runterschlucken muß." Für die Menschen an der Macht scheint es keine Alternative zu geben, solange sie dabei sind. Erst ein gewaltsamer Sturz ändert ihre Haltung, wie es bei Irmgard Schwaetzer der Fall war: "Was wirklich relevant ist in diesem Moment, ist die Kränkung. Die Kränkung des Entzugs." Im Gegensatz zur Politik sind die Entscheidungsträger der Wirtschaft geschützter. Sie müssen nicht wiedergewählt werden. Sie verkaufen nicht ihre Person, sondern Zahlen. Vielleicht haben sich deshalb Heinrich von Pierer / Siemens und Henning Schulte-Noelle / Allianz in den acht Jahren am wenigsten verändert. Auch äußerlich. Beide Topmanager sind gekennzeichnet von großer Disziplin und versuchen, Gefühlswallungen möglichst nicht nach außen dringen zu lassen.

 

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