B. Der historische Hintergrund
1. Der Tiergarten in Wolbeck zur Zeit der Fürstbischöfe
Der Tiergarten liegt südöstlich des Ortes Wolbeck und
reicht im Süden und Südosten bis an die Stadtgrenze Münsters.
Der Tiergarten in Wolbeck wurde geschichtlich zum ersten Mal um
das Jahr 1000, im Zusammenhang mit der Erbauung der Burg Wolbeck
durch die Edlen von Meinhövel erwähnt.1,2 Sie ließen
die Burg vermutlich durch einen sächsischen Heerführer
mit Namen Herman ab ca. 800 in einem 1.120 Morgen großen Waldgebiet
bauen, das ein Rest eines goßen Urwaldgebietes in diesem Raum
war.3
Bis ca. 1242 bildete diese Burg das Zentrum eines sog. Dominiums4
der Meinhöveler, die in diesem Jahr durch den damaligen Fürstbischof
von Münster, Ludoph von Holte (1226 - 1248), in einer Schlacht
besiegt wurden. Der gesamte Besitz dieses Geschlechts ging damals
an das Stift Münster, und er blieb mit wenigen Unterbrechungen
bis 1802 im Besitz der Kirche.5
Der Tiergarten verdankt seinen Namen dem Umstand, daß er
Eigentum der Bischöfe von Münster war, in dem sie nicht
nur Jagd und Fischerei ausübten, sondern dem Wild auch Schutz
und Hege gewährten. Wer den Wald erstmals für diesen Zweck
hergerichtet und ihm den Namen gegeben hat, ist ungewiß. Soweit
ersichtlich, findet sich die Bezeichnung "Deergarden"
zum ersten Male in einer Urkunde des münsterischen Domkapitels
von 1537. Daraus ergibt sich, daß er spätestens durch
Bischof Franz von Waldeck (1532-1553) als Wildgehege eingerichtet
worden ist. 1573 tritt das Waldstück als "Diergarten"
abermals in Erscheinung.
Die Burg Wolbeck hatte ihre Festungsfunktion zu Zeiten des Fürstbischofs
Christph Bernhard von Galen ( 1606 - 1678)6 verloren. Sie war wohnlich-häuslich
eingerichtet, und wurde von dieser Zeit an in den Chroniken nur
noch selten erwähnt.
Von den Nachfolgern Christoph Bernhards hielt sich
Fürstbischof Franz Arnold von Wolff-Meternich zu Gracht (1707
- 1718) mit Vorliebe zu Jagdvergnügen in Wolbeck auf. Er erbaute
1712 , wie ein heute noch über der Haustür angebrachtes
Wappen bekundet, im Tiegarten ein kleines Jagdschlößchen.
In Urkarten von 1812 war dieses Jagdschlößchen eine Försterei,
noch später nannte man das Jagdschlößchen Forsthaus,
welches dann 1904 - 1912 als Kaffeehaus , d.h. als Ausflugslokal
diente.
Auch Clemens August Herzog von Bayern (1719 - 1761)
gab sich in Wolbeck gern dem Jagdvergnügen hin. Sein Name ist
heute bei den Menschen aufgrund seiner baulichen Aktivitäten
mit dem Tiergarten unlöslich verbunden.1 Er erschloss den Tiergarten
durch zwei breite Kreuzwege2 in nord-südlicher und west-östlicher
Richtung , um das Wild sehen und systematisch jagen zu können.
Weiterhin ließ er den ganzen Wald mit einem hohen Wall und
Graben umgeben und rundum eine Umzäunung anlegen zum Hegen
der Hirsche, der Sauen und des übrigen Wildes. Sie verhinderte
natürlich auch ein Entkommen insbesondere des Rot- und Schwarzwildes.
Da diese Einfriedigung auch das Kellingholz, das einen durch den
Waldbach (Angel) abgetrennten Teil des Tiergartens bildet, mit umfaßte,
waren dort, wo der Zaun den Waldbach durchschnitt, sogenannte Pendelkappen
angebracht, die den Lauf des Wassers zwar nicht störten, ein
Ausbrechen des Wildes aber verhinderten. Noch heute trägt diese
Stelle den Namen "Klappenkolk". Die zweite Durchschneidung
des Zaunes lag in der Nähe des ehemaligen fürstbischöflichen
Schulzenhofes Fronhof.
Aus jener Zeit des Fürstbischofs Clemens August I stammt wohl
auch der Name des Waldes. Clemens August war ein eifriger und leidenschaftlicher
Jäger. Alle fürstbischöflichen Gehäge ( Jagdbezirk)
(nicht nur die im Tiergarten) ließ er mit Grenzsteinen (s.
Foto) kennzeichnen, die die Fürstenkrone und ein mächtiges
C.A. (für Clemens August) trugen. Ein solcher Stein steht heute
noch am Weg gegenüber dem jetzigen Forsthaus.
Mit der Säkularisierung3 1802/03, als das Hochstift Münster
aufgehoben und großenteils dem Königreich Preußen
einverleibt wurde, wurde auch der bischöfliche Tiergarten preußischer
Staatsforst (1819 rund 265 ha).
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