3 . Wozu braucht ein Bischof ein Jagdrevier?
Liest man Bücher oder Berichte über die Jagd, so taucht
häufig der Begriff "Jagdleidenschaft" auf. Im Kapitel
B.1 dieser Arbeit haben wir davon berichtet, dass zumindest die
Fürstbischhöfe Franz Arnold vonWolff-Meternich zu Gracht
(1707-1718) und Clemens August (1719-1761) leidenschaftliche Jäger
waren, die sich oft zum Jagdvergnügen in Wolbeck aufhielten.
Leidenschaft, Vergnügen oder Entspannung waren sicher Gründe
für viele Fürstbischöfe, sich große Jagdreviere
einzurichten. Aber nur zu diesem Zweck wäre es sicher nicht
nötig gewesen, die Reviere mit einer so großen Anzahl
von Tieren zu bestücken. Ebenfalls wären Abschusspavillon,
Jagdschlösschen, Alleen, etc. genau so überflüssig
gewesen. Die gerade genannten Dinge waren aber wegen eines anderen
Grundes wichtig: Jagd war im absolutistische-fürstbischöflichen
Staat wichtiges Gesellschaftsereignis. Sie wurde zur Selbstdarstellung
benutzt, indem bei dieser Gelegenheit durch Prunk, Pracht und großzügige
Bewirtung die Wichtigkeit der Fürsten beziehungsweise Fürstbischöfe
demonstriert wurde. Es ging also nicht nur um Vergnügen, sondern
letzlich auch um Politik. Die Fürstbischöfe, die ja auch
weltliche Herrscher waren, nutzten diese Jagden, um ausgesuchten
Gästen Reichtum und damit wirtschaftliche Macht zu demonstrieren,
um dann mit so Beeindruckten leichter politische Gespräche
führen zu können. Dass dieser Spaß sicher nicht
billig war, kann man sich leicht vorstellen: Bau und Unterhaltung
von Jagdschlösschen, Zäunen, Alleen, Haltung von Hundemeuten
und Pferden, Bezahlung des Jagdmeisters usw. Auch für die Bauern
der Umgebung waren die Jagden sicher eine Last. Sie wurden zu unbezahlten
Treiberdiensten und zur Einquartierung von Jagdpersonal herangezogen.
Oft hatten sie auch noch auf ihren Feldern Wildschäden, die
nicht nur nicht entschädigt wurden, sondern gegen die sie sich
bei harter Strafe noch nicht einmal wehren durften. Das erschwerte
natürlich das Leben der Bauern und schmälerte den Ertrag
ihrer Arbeit.1
Dass die Bauern überhaupt nichts bekamen, stimmt aber nicht
ganz. - So hat uns der heutige Revierförster Herr Schoo2 zumindest
berichtet.
2Horst Stern, Rettet den Wald, München, 1979, S.188
2Wir führten dieses Gespräch mit Herrn Schoo am 31.1.2001
Er erzählte, dass die Bauern früher als "Belohnung"
einen ganzen Ochsen bekommen hätten, den sie sich dann braten
durften, um nach der Jagd dann zusammen zu essen und zu trinken.
Doch eines Tages, als die Bauern wieder das Wild treiben sollten,
dachten sie nach Meinung des Fürstbischofs nur noch an den
Ochsen und an den Schnaps und trieben das Wild nicht so schön
zu dem Jagdschlösschen, wie der Fürstbischof es verlangt
hatte. Da wurde dieser sauer und gab den Bauern im Gegenzug auch
keinen Ochsen. Doch als die Bauern so lange baten, meinte der Fürstbischof,
dass sie nur den Kopf des Ochsen bekämen. Weil die oberen Leute
ja damals französisch sprachen, gebrauchte er die Worte "toute
la tete". Die Bauern machten aus diesem Kopf ein Gericht, in
das sie alles mischten , was sie von dem Kopf abgewinnen konnten,
sprich Zunge, Gehirn, Backenfleisch......... und das nannten sie
dann "Töttchen", abgewandelt von dem Begriff "toute
la tete", was heute in Münster und Umgebung eine beliebte
Spezialität ist.
Zusammenfassend kann man also sagen:
Jagd war also für die damaligen Fürstbischöfe entweder
reines Vergnügen, oder eine Art Gesellschaftsereignis mit zum
Teil politischem Hintergedanken, oder sogar beides gleichzeitig.
Das Wohlergehen des Wildes hatte nur in soweit eine Bedeutung, dass
man "kapitales" Wild benötigte, um den Gästen
oder sich selbst ein schönes Jagderlebnis zu liefern. Die Hege
und Pflege desWildes wurde also nur zu diesem Zweck betrieben.
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