In Hessen im Reinhardswald gab es etwas, was es sonst
nirgends so ausgeprägt gab: Die HUTE. Der Begriff Hu-te oder Hude
entstand durch das Hüten des Viehs im Wald. Der Reinhardswald wurde
deshalb auch Hute- oder Hudewald genannt. Der Wald liegt zwischen Weser,
Diemel und Esse. Die Landschaft bestand damals aus ein-zeln stehenden,
breiten Buchen und Eichen, unter de-nen das Vieh das ganze Jahr über
Nahrung fand.
Einst weideten hier Pferde, Kühe, Schafe und Ziegen unter den mächtigen
Eichen und Buchen, Schweineherden mästeten sich an Eicheln und Bucheckern,
denn aus den umliegenden Dörfern und Landstädtchen wurde das
Vieh in den Wald getrieben. Die Wege und Straßen hinauf in den Wald
tragen heute noch vielerorts die Bezeichnung Trift oder Kuhtrift. Zu Zeiten
guter Eichelmast wur-den Schweineherden von weither in den Reinhardswald
getrieben. So wurde vor etwa 200 Jahren die Möglich-keit der Waldweide
für große Viehherden genutzt: Zu jeder Zeit waren annähernd
3 000 Pferde, 6 000 Stück Rindvieh,
6 000 Schweine und 20 000 Schafe und Ziegen gleich-zeitig im Reinhardswald.
Für den Ort Hombressen al-lein gibt ein Beleg - etwa um das Jahr
1870 - folgen-de Zahlen an: 222 Pferde, 53 Fohlen, 55 Ochsen, 200 Kühe,
275 Schweine, 66 Ziegen und 1797 Schafe!
Die sog. Blumenhute von Mai bis Ende August war für das Großvieh
vorgesehen, Schafe und Schweine wurden zur Herbst- und Winterzeit im Wald
gehütet, von gro-ßer Bedeutung war dabei die nährstoffreiche
Eichel- und Bucheckernmast.
Die Waldweide im Reinhardswald ist erst mit dem Ende des 19. Jahrhunderts
aufgegeben worden. Durch das Hü-ten des Viehs im Walde entstand für
diese Art des so genutzten Waldbestandes der Begriff Hute- oder Hude-wald.
Vor allem einzeln stehende, alte Eichen und Bu-chen prägten weithin
das Landschaftsbild des Hutewal-des. Da diese Bäume überwiegend
im Einzelstand er-wuchsen, bildeten sie vielfach sehr tiefansetzende,
breite Kronen aus. Das Weidevieh fand darunter fast ganzjährig ausreichend
Nahrung an Gräsern, Kräutern und Jungpflanzen von Sträuchern
und Bäumen.
Das bis dahin gemeinsame, aber ungeregelte Hüten der Herden - die
sog. Koppelhute - wurde durch das Hute-reglement von 1748 abgeschafft.
Mit diesem Erlaß wur-de der Viehbetrieb begrenzt und jeder Gemeinde
be-stimmte Weideflächen zugewiesen.
Entsprechend den festgelegten Hutegrenzlinien wurden markierte Grenzsteine
gesetzt. Einige dieser histori-schen Grenzsteine sind noch heute im "Urwald"
Saba-burg, wie auch im gesamten Reinhardswald, zu finden. Die eingemeißelten
Buchstaben weisen auf die Gemeinde hin, z.B. BBH für Beberbecker
Hute; darunter befindet sich die Jahreszahl 1748.
So wie der größte Teil des Reinhardswaldes war also auch der
heutige "Urwald" Sababurg dereinst Hutewald. Auf diesen ursprünglichen
Nutzungsgarten weisen die Bezeichnungen Alte Hammelhute für dieses
Gebiet und Kuhberg für jede Geländeerhebung des Reinhardswaldes,
auf dem der "Urwald" liegt, hin.
Etwa um 1860 wurde die Waldweide im Gebiet des "Ur-waldes" Sababurg
eingestellt. Da nun auch keine forstlichen Eingriffe mehr erfolgten, konnte
sich die Vegetation vom Menschen unbeeinflusst entwickeln und allmählich
ein urwaldähnliches Aussehen annehmen.
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