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KINEMATOGRAPHIE
HEUTE – KOREA
Das Zeughauskino widmet im Januar und Februar
dem erstaunlichen Phänomen des »neuen
koreanischen Films« ein Überblicksprogramm.
Für den Auftakt der Reihe »Kinematographie
heute«, die mit anderen Schwerpunkten
fortgesetzt werden wird, bietet sich Korea
wie von selbst an. Denn kaum ein Land hat
im letzten Jahrzehnt mit derart vielen innovativen
und herausfordernden Werken aufwarten können
– die Filme von Kim Ki-Duk, Im Kwon-Taek,
Park Chan-Wook und vielen anderen Regisseuren
haben nicht nur auf internationalen Filmfestivals
eine bemerkenswerte Anzahl von Preisen gewinnen
können, sie sind zugleich auch für
das interessierte Publikum weltweit zum
Inbegriff einer spezifisch koreanischen
»Neuen Welle« geworden. Dabei
zeichnet viele Filme die kritische Aufmerksamkeit
gegenüber der sozialen Realität
Koreas aus, ebenso die starke Beachtung
der schwierigen politischen und historischen
Situation eines geteilten Landes und die
weit in die Traditionen eingreifenden Veränderungen
im Prozess der gesellschaftlichen Modernisierung.
Zugleich beweisen auch die Genrefilme, die
seltener den Weg in die Programmkinos der
Welt finden, filmisch höchstes Niveau.
Beide Facetten des neuen koreanischen Films
werden mit herausragenden Beispielen im
Programm vertreten sein.
Mit Unterstützung der Botschaft der
Republik Korea, Korean Film Commission,
Korea Overseas Information Service
NUREMBERG AND ITS LESSON
Sechzig Jahre nach der Befreiung
der Konzentrationslager widmet sich die
Jahrestagung der Arbeitsgruppe Kinematographie
des Holocaustden filmischen Reflexionen
der nach Kriegsende angestrengten Prozesse
gegen Kriegsverbrecher. Mit ihnen wurde
erstmals versucht, juristische Standards
in der Ächtung von Massenmord und Genozid
zu etablieren. Das Wochenende vom 20. bis
23. Januar zeigt Beispiele der entsprechenden
filmischen Auseinandersetzung.
In Zusammenarbeit mit dem Bundesarchiv-Filmarchiv,
dem Deutschen Filminstitut und dem deutschen
Filmmuseum Frankfurt a. M., Fritz-Bauer-Institut,
Frankfurt a. M.
NAMIBIA
Die Geschichte des deutschen Kolonialismus
ging mit dem Ersten Weltkrieg zu Ende, nicht
aber die Geschichte der Auseinandersetzung
mit diesem Kapitel der eigenen Geschichte.
Als Begleitprogramm zur Ausstellung »Namibia
– Deutschland« zeigen wir acht
Filme, meist Dokumentationen, die das Nachwirken
der Kolonialgeschichte besonders eindrücklich
belegen.
Januar
The
Isle Seom
Südkorea 2000, R:
Kim Ki-Duk, D: Suh Jung, Yoosuk Kim, Sung-hee
Park, Jae Hyun-Cho, 89’ | OmU
Versteckt in den Wäldern
Südkoreas liegt ein See von atemberaubender
Schönheit. Nur wenige Farbtupfer durchdringen
den märchenhaften Dunstschleier über
dem Wasser. Es sind die bunt bemalten Flöße
der hier angelnden Urlauber. Das Paradies
ist offensichtlich auf die Erde zurückgekehrt...
Doch der Schein trügt. Die Bilderbuchlandschaft
ist vor allem ein Anziehungspunkt für
das Licht scheuende Gestalten: Liebespaare,
Abenteurer, Prostituierte, Mörder.
Die schweigsame Hee-Jin versorgt alle mit
dem Notwendigen und bleibt für Geld
auch mal über Nacht. Der junge Hyun-Shik
ist nicht gekommen, um zu angeln. Er mietet
ein Floß und versucht sich umzubringen.
Zweimal rettet Hee-Jin ihm in letzter Sekunde
das Leben. Zwischen den beiden entspinnt
sich ein Verhältnis voller gewaltsamer
Leidenschaft und besitzergreifender Besessenheit.
Hee- Jin beseitigt ohne Hemmungen alles,
was ihre Beziehung zu Hyun-Shik gefährden
könnte. Als Hyun-Shik vor der Intensität
der selbst zerstörerischen Verbindung
fliehen möchte, ist es schon zu spät.
Wie Fische zappeln sie am Haken des jeweils
anderen… »Der intensivste Liebesfilm
der letzten Jahre.« (Süddeutsche
Zeitung) »Kein Zweifel, dass der Autodidakt
Kim Ki-Duk zu den faszinierendsten jungen
Filmemachern Ostasiens gehört.«
(Der Spiegel)
am 06.01.2005
um 18.00 Uhr,
am 08.01.2005 um 20.30 Uhr
Joint
Security Area
Gong Dong Kyung Bi Gu
Yuk JSA
Südkorea 2000, R: Park Chan-Wook, D:
Lee Young-Ae, Lee Byung-Heon, Song Kang-Ho,
Kim Tae-Woo, 110’ | OmU
Die JSA (Gemeinsame Sicherheitszone)
ist ein Landstreifen entlang der Grenze
zwischen Nord- und Südkorea; dieser
Teil der Entmilitarisierten Zone steht unter
der Kontrolle der NNSC (Aufsichtsbehörde
der neutralen Nationen). Das bekannteste
und berüchtigte Bauwerk innerhalb der
JSA ist die »Brücke ohne Wiederkehr«,
Schauplatz für gelegentlichen Gefangenenaustausch
sowie einer der unmittelbarsten Reibungspunkte
zwischen den beiden Staaten und Systemen.
Auf dieser Brücke kommt es eines Tages
zu einem Zwischenfall: Ein nordkoreanischer
Soldat wird erschossen aufgefunden, der
mutmaßliche Täter, ein Soldat
der Gegenseite, liegt schwer verwundet im
Krankenhaus. Sophie Jean, eine Schweizer
Soldatin koreanischer Abstammung, soll die
Hintergründe dieser Tat ermitteln.
Bald entdeckt sie, dass mehr im Spiel ist
als fehlgeleiteter Parolengehorsam, und
dass die beiden mehr gemeinsam haben, als
sie nach außen hin je zugegeben hätten.
Diesen Zwischenfall in der langen Geschichte
eines Kalten Krieges inszenierte der südkoreanische
Regisseur Park Chan Wook als packendes Polit-Melodram
der wechselnden Perspektiven und unerwarteten
Wendungen – und brach damit in seinem
Heimatland Kassenrekorde. (Der Spiegel ,
27/2002) in Anwesenheit von S. E. Youngmin
Kwon, Botschafter der Republik Korea Eröffnungsveranstaltung
am 06.01.2005
um 20.00 Uhr, Eintritt frei
am 08.01.2005 um 18.15 Uhr
Motel
Cactus
Motel Seoninjang
Südkorea 1997, R:
Park Ki-Yong, D: Jung Woo-Sung, Jin Hee-Kyeong,
Park Shin-Yang, Lee Mi-Yeon, 91’ OmeU
Vier melancholische Geschichten
in einem Liebes-Hotel, die der Zuschauer
selbst zusammensetzen muß. Choi will
ihren Geburtstag mit ihrem Freund Lee im
Zimmer 407 der Absteige verbringen, weil
es der einzige Platz ist, wo sie sich sicher
fühlt. Sun Joon-Ki mietet dasselbe
Zimmer, um mit seinem Kameramann und einer
Schauspielerin Videoaufnahmen für ein
Schulprojekt zu machen. Der Angestellte
Kim Suk-Tae kommt mit der einzigen Besucherin
einer Bar ins Gespräch und bald völlig
betrunken ebenfalls in Zimmer 407 an. Und
schließlich trifft er hier eine frühere
Freundin in der Hoffnung, die alte Beziehung
wieder aufleben zu lassen. Diese traurig-komischen
Geschichten taucht die farb-delirierende
Kamera Christopher Doyles in ein expressionistisches
Licht.
am 07.01.2005
um 18.15 Uhr
am 09.01.2005 um 20.30 Uhr
Wenn die Abendglocken
läuten
D 1930, R: Hanns Beck-Gaden,
D: Franz Loscarn, Emmy Kronberg, Hanns Beck-Gaden,
Maria Mindszemti, ca. 80’
Ein auf den ersten Blick
eher harmlos anmutender Film. Vor dem Zuschauerblick
entfaltet sich ein Bayerisches Dorf mit
Bergen, Kühen, Abendsonne und zu Herzen
gehendem Glockengeläut. Die Welt ist
hier noch in Ordnung. Die Frauen sind züchtig
und blond, die Mannsbilder gestanden. Man
weiß noch, was Heimat ist. Doch schon
naht das Unheil in Gestalt eines „Zigeunerkarren“,
an dem ein Rad bricht.
„Ein Film aus den Bergen, ein Film
voll Echtheit und harmlosen Liebesspiels
der Sensationen und des Humors...“
( Film-Kurier 17.11.1930)
Einführung:
Evelyn Hampicke
Klavierbegleitung: Peter Gotthardt
Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit
mit CineGraph Babelsberg und dem Bundesarchiv-Filmarchiv.
am 07.01.2005 um 20.30
Uhr
Old Boy
Südkorea 2003, R:
Park Chan-Wook, D: Choi Min-Sik, Yoo Ji-Tae,
Gang Hye-Jung, 119’ dt. Fass.
15 Jahre. So lange wird
Oh Dae-Su, ein ganz durchschnittlicher Geschäftsmann
und Familienmensch, in einem Ein-Zimmer-Appartment
ohne Fenster eingesperrt, nachdem er von
unbekannten Gangstern überwältigt
und entführt wurde. 15 Jahre ohne jeden
menschlichen Kontakt und in völliger
Unklarheit darüber, warum und wie lange
er festgehalten wird. Aus den Fernsehnachrichten
erfährt er vom Mord an seiner Ehefrau,
den die Täter ihm in die Schuhe schieben.
Als er ebenso unvermittelt, wie er seiner
Freiheit beraubt wurde, wieder in diese
entlassen wird, stellt ihm sein Entführer
die Aufgabe, den Grund für die unaussprechliche
Tortur herauszufinden. Doch Oh Dae-Su kennt
nur ein Ziel: Er will Rache üben. Rache
an denen, die sein Leben zerstört,
seine Frau getötet und seinen Seelenfrieden
für immer auf dem Gewissen haben…
„Old Boy erzählt eine Geschichte
über Rache. … mir war es wichtig,
mit Old Boy einen anderen Aspekt der Rache
zu beleuchten: die positive Seite, die Menschen
in der Rache eine Katharsis spüren
lässt. Für mich ist Rache das
dramatischste Thema überhaupt. Wir
empfinden heute mehr Zorn als es in der
Vergangenheit der Fall war. Allerdings leben
wir in einer Welt, in der wir daran gehindert
werden, unseren Emotionen freien Lauf zu
lassen. Wenn wir in der Gesellschaft, in
der wir leben, keine Gelegenheit bekommen,
unseren Hass und unsere Animositäten
aus der Welt zu schaffen, dann entwickelt
sich Rache ganz automatisch zu einem Thema,
das uns mehr und mehr beschäftigt und
interessiert.“ (Park Chan-Wook)
am 09.01.2005
um 18.15 Uhr
Chunhyang
Chunhyang Dong
Südkorea 2000, R: Im Kwon-Taek, D:
Lee Hyo-Jeong, Lee Jung-Hyun, Cho Seung-Woo,
Kim Sung Nyu, 116’ OmU
Am Ende des 18. Jahrhunderts
verliebt sich der junge Mongryong in Chunhyang.
Er stammt aus einer Prinzenfamilie, sie
ist bürgerlich, aber stolz und gebildet,
obwohl ihre Mutter eine Kurtisane war. Als
Mongryong mit seinen Eltern nach Seoul zieht,
bleibt Chunhyang zurück. Der neue Gouverneur,
vom Charme der jungen Frau angetan, will
sie zu seiner Kurtisane machen. Aus Treue
lehnt sie ab und muss eine harte Zeit durchmachen.
Die Legende von Chunhyang ist das wohl beliebteste
Märchen in Korea, vergleichbar mit
Shakespeares „Romeo und Julia“
bei uns. Das Schicksal der beiden Verliebten,
Mongryong und Chunhyang, die den Graben
zwischen ihrer unterschiedlichen sozialen
Herkunft überwinden wollen, wurde in
der klassischen koreanischen Musikform entwickelt,
in dem in ländlichen Regionen noch
heute sehr beliebten Pansori. Dieser wird
von einem Sänger in Begleitung eines
einzigen Tamburins vorgetragen. Man erinnert
sich an den Film „Die Pansorisängerin“,
den Koreas bekanntester Regisseur Im Kwon-taek
einst gestaltet hatte. Die Legende der Chunhyang
gehört so zum kulturellen Humus des
Landes, dass sie bereits 17mal verfilmt
wurde.
am 13.01.2005
um 18.15 Uhr
Flower
Island
Got Seom
Südkorea 2001, R: Song Ilgon, D: Seo
Joo-Hee, Im Yoo-Jin, Kim Hye-Nah, 126’
OmU
Im südkoreanischen
Film Flower Island ist es, anders als der
Titel vermuten lässt, in erster Linie
kalt. Auf einem winterlich verschneiten
Berg begegnen sich drei Frauen, die traumatische
Erlebnisse hinter sich haben: Die siebzehnjährige
Hye-Na hatte allein auf einer Toilette eine
Fehlgeburt, Ok-Nam prostituierte sich, um
ihrer Tochter ein Klavier zu kaufen, doch
der Freier starb in ihrem Bett, und die
Sängerin Yoo-Jin hat soeben erfahren,
dass sie todkrank ist und die einzige Rettung
darin bestehen könnte, ihre Zunge herauszuoperieren.
Seltsam wie ein Traum oder eine langsame
Halluzination zeigt Flower Island drei Frauen,
die sich am Rande ihrer Illusionen bewegen
und um ihr gemeinsames Überleben kämpfen.
Die Jüngste (Hye-Na) filmt mit einer
Digitalvideokamera, wodurch das Publikum
unwiderstehbar in eine grosse Intimität
und eine verwirrende Nähe gezogen wird.
„Wir alle haben unheilbare innere
Verletzungen. Sie kommen vom Schicksal.
Wir können nie aus unserer Geschichte
entfliehen. (...) Bis zum Schluss unseres
Lebens verfügen wir nicht frei über
unser Schicksal. Was ich als Erwachsener
zuerst entdeckte, waren meine Verletzungen
und die der Menschen um mich herum. Es schien,
als ob diese Verletzungen nicht heilen könnten.
Deshalb begann ich, Filme zu drehen. Der
Film handelt von den Mitteln und den Wegen,
die wir einsetzen und wählen können,
um unsere verwundeten Seelen zu heilen.“
(Song Ilgon)
am 13.01.2005
um 20.30 Uhr
Take Care of My Cat
Goyang-Irul Bootak-Hae
Südkorea 2001, R: Jeong Jae-Eun, D:
Bae Du-Na, Lee Yu-Won, Ok Ji-Young, Lee
Eung-Sil, 112’ OmeU
Im Hafen von Icheon treffen
sich fünf Freundinnen, die nach Abschluss
der High School versuchen, Kontakt zu halten.
Als die besonders „mobile” Hye-Ju
nach Seoul zieht, werden die anderen vier
damit ganz unterschiedlich fertig. Die schüchterne
Ji-Young lehnt sich zunehmend an die rebellische
Tae-Hie an. Dieser Film über die Handy-Generation,
der auch mal einen Blick in großstädtische
Slums riskiert, wurde auf zahlreichen Festivals
ausgezeichnet. Gelobt wurden neben den glaubhaften
darstellerischen Leistungen insbesondere
die elegante Erzählweise, die graziöse
Kamera und der dynamische Soundtrack.
„Wichtige und dramatische Dinge geschehen
in diesen Leben, doch die Regisseurin vermeidet
klug, sie einem zielgerichteten Plot zu
unterwerfen. Stattdessen richtet der Film
seine Aufmerksamkeit auf das lebendige Geflecht
der Mädchenfreundschaften mit allem,
was an Überschwang und Leid, Konkurrieren
und Wiederzusammenfinden dazugehört.
Das Kätzchen ist dabei ein Bindeglied.
Und die Telefone, mobil natürlich,
sind immer parat. Eines ist sogar für
ein paar Momente Filmmusik gut. Vielleicht
ist Take Care of My Cat ja der erste Handy-Film
der Filmgeschichte, mit SMS und allem. Denn
hier bekommen auch geschriebene Worte auf
der Leinwand materielle Präsenz, wenn
auch die ästhetischen Feinheiten dieser
Umsetzung im Übermittlungsprozess von
den kunstvollen koreanischen Schriftzeichen
in englische Untertitel verloren gehen.
Auch sonst dürfte Take Care of My Cat
in Europa anders wahrgenommen werden als
in seinem Ursprungsland, aus dessen harschem
sozialen Klima der Film seine vitale Energie
bezieht. Fremd aber ist es uns ganz und
gar nicht.“ (Silvia Hallensleben)
am 14.01.2005
um 18.15 Uhr
am 05.02.2005 um 18.15 Uhr
Spring,
Summer, Fall, Winter,… and Spring
Südkorea 2003, R:
Kim Ki-Duk, D: Kim Ki-Duk, Oh Young-Soo,
Kim Young-Min, Seo Jae-Kyung, 102’
OmeU
Die (Kreis-)Struktur ist
so einfach wie der Titel. Die Jahreszeiten
bestimmen die Kapitel, die immer gleich
eingeleitet werden: Ein Tor am Ufer eines
Sees in den Bergen öffnet sich und
gibt den Blick frei auf malerische Landschaft
mit einem schwimmenden Tempel in der Mitte
des Sees. Die Bäume leuchten in Frühlingsgrün,
Herbstgold oder Winterweiß. Im Tempel-Haus
wohnen ein Mönch und sein Schüler.
Im Frühling ist der Schüler ein
Kind, das mit drastischer, einfacher Lehrmethode
das Leben zu ehren lernt.
Die Kamera folgt dem Jungen im Ruderboot
über den See, folgt ihm durch den Wald,
auf einen Felsen, zu einer Quelle. Die Orte
wird er in den folgenden Kapiteln auch wieder
in dieser Reihenfolge aufsuchen.
Im Sommer tritt eine junge Frau in das beschauliche
Leben von Mönch und Schüler, der
inzwischen ein junger Mann ist und sich
für das unbekannte Geschlecht zu interessieren
beginnt. Seine Annäherungsversuche
sorgen für Komik, die von leisem Humor
bis zu Slapstick reicht. Im Herbst kommt
der Schüler, wegen Mordes gesucht,
zurück zu seinem Lehrer. Im Winter,
inzwischen als älterer Mann, gespielt
vom Regisseur, aus dem Gefängnis entlassen,
tut er Buße.
Wieder im Frühling, lehrt er, inzwischen
selbst Mönch geworden, einen Schüler.
Die Geschichte, Kreislauf des Lebens, Wechsel
der Jahreszeiten, ist einfach, steht aber
mit seiner Symbolfülle für Interpretationen
offen.
am 14.01.2005
um 20.30 Uhr
Schöne Jahreszeit
Areumdaun sijeol
Südkorea 1999, R: Lee Kwang-Mo, D:
Lee In, Kim Jung-Woo, Ahn Sung-Ki, Bae Yu-Jeong,
113' OmU
1952: Der Korea-Krieg aus
der Sicht zweier kleiner Jungen. Sie leben
in einem Dorf, das von der Versorgung durch
die Amerikaner abhängt. Während
die Jungen den Soldaten heimlich bei ihren
Liebesspielen in der Scheune zuschauen,
versuchen sich ihre Eltern mit unterschiedlichem
Erfolg durchzuschlagen. So schafft es Chang-Hees
Mutter kaum noch, sich und die Kinder durchzubringen,
da wird ihr ein Job als Wäscherin bei
den Gis angeboten, den sie annimmt. Eines
Tages werden ihr Kleider gestohlen; ihr
bleibt nur der Ausweg, das Stillschweigen
des verantwortlichen amerikanischen Offiziers
mit Sex zu erkaufen. Doch das Geschäft
zwischen dem ungleichen Paar bleibt nicht
geheim...
Schöne Jahreszeit lief auf den Filmfestspielen
in Cannes und wurde von der Kritik gut aufgenommen:
beweist er doch nicht zuletzt, wie man mit
vielen Totalen und dem Nicht-Zeigen von
Gewalt eine bewegende Geschichte erzählen
kann, ohne den Kinogänger heftig zu
manipulieren. Lee Kwang-Mos Ansatz ist poetisch:
“Stellen Sie sich frische Knospen
an einem Baum vor. Einige Menschen werden
achtlos daran vorbeigehen, andere die Schönheit
der Knospen bewundern. Wieder andere machen
sich freilich Gedanken über die Mühsal,
mit der der Baum nach einem kalten Winter
Blüten an seinen kahlen Ästen
hervorbrachte. Ich möchte, dass dieser
Film die Zuschauer so erreicht wie jene
Knospen, damit jeder sein eigenes Drama
daraus erschaffen kann.” (Lee Kwang-Mo)
am 15.01.2005
um 18.15 Uhr
Der Kontakt
Jeobsok
Südkorea 1997, R: Jang Yun-Hyeon, D:
Han Suk-kyu, Jeon Do-Youn, Kim Tae-Woo,
Chu Sang-Mi, 106' OmU
Kwon Dong-Hyun ist Radiojournalist
und hängt noch sehr an seiner Ex-Freundin.
Seit dem Scheitern ihrer Beziehung, hat
Dong-Hyun Probleme, auf neue Menschen zuzugehen
und sie kennen zu lernen. Er verbringt seine
Zeit lieber damit, im Internet zu surfen
und sich hin und wieder mit ein paar Fremden
im Chatroom zu treffen, um Belanglosigkeiten
auszutauschen. Auf diesem Weg lernt er auch
Soo-Hyun kennen, die Verkäuferin in
einem Online-Shopping-Center ist, wo er
sich eine Schallplatte kaufen will, die
ihn an die guten Zeiten mit seiner Ex erinnern
soll. Soo-Hyun hat auch eine Menge schlechter
Erfahrungen gemacht und ist seit einer Weile
in den Freund ihrer Zimmergenossin verliebt,
was die Sache nicht gerade erleichtert.
In der Angst, ihre Liebe zu gestehen und
dabei eine Freundschaft aufs Spiel zu setzen,
zieht sie sich immer weiter in sich selbst
zurück. Als sie Dong-Hyun im Netz kennenlernt,
beginnt sich ein immer regerer Austausch
von Gedanken und Gefühlen zu entwickeln,
bald schreiben sie einander wie gute Freunde.
Und irgendwann stellt sich die Frage, ob
ein Treffen im realen Leben die Nähe
im Netz zerstören wird.
Jeobsok ist Yun-Hyeons Debütfilm, für
den er mehrere Preise bekommen hat.
am 15.01.2005
um 20.30 Uhr
My Heart
Jeong
Südkorea 1999, R: Bae Chang-Ho, D:
Kim Yu-mi, Kim Myeong-Kon, Yun Yu-Son, 116'
OmeU
Sun-Mi blickt auf ihr Leben
zurück. Als 16-jährige wird sie
mit dem 10-Jährigen Sohn eines koreanischen
Landarztes verheiratet. Da sie noch ein
Kind ist, muss sie sich den strengen Regeln
unterwerfen, die für eine Schwiegertochter
gelten. Zehn Jahre vergehen, in denen ihr
Mann seine Ausbildung in einer anderen Stadt
absolviert. Er kehrt mit einer sich ganz
modern gebenden Frau zurück. Als Sun-Mi
herausfindet, dass diese Frau ein Kind von
ihrem Mann erwartet, packt sie ihre Sachen
und verlässt das Haus. Sie lebt jahrelang
in einem kleinen Dorf, wo man sie für
eine Witwe hält. Duk-Sun, ein Töpfer,
lädt sie eines Tages zu sich nach Hause
ein und gesteht ihr, dass er sie liebt.
Sun-Mi ist von seiner ehrlichen, reinen
Liebe angetan. Die beiden leben viele Jahre
lang glücklich zusammen. Doch dann
passiert ein Unfall...
Regisseur und Autor Bae Chang-Ho ist ein
Meister des Krimigenres. Die komplizierten
Verwicklungen der Kripo-Recherchen im Land
der Morgenstille sind gespickt mit schnellen
Action-Szenen und fesselnden Verfolgungsjagden,
und die leidenschaftliche Liebesgeschichte
entwickelt sich in Momenten großer
Poesie.
am 16.01.2005
um 18.15 Uhr
Tears
Südkorea 2001, R:
Im Sang-Soo, D: Yu Ji-Tae, Kim Tae-Woo,
Seong Hyeon-A, 105’ OmeU
Mit digitalen Videobildern
eingefangenes Doku-Drama um vier koreanische
Jugendliche, die von zu Hause ausreißen
und in Garibong-dong, einem Seouler Stadtviertel,
eine eigenständige, von vielen Schwierigkeiten
gesäumte Existenz aufbauen wollen.
Im Sang-Soo thematisiert in seinem Film
Jugendliche, die mit Gewalt protzen, und
deren junges Leben von Prostitution geprägt
ist, obwohl sie sich im Grunde nach Liebe
und Glück sehnen. Um über ihr
Leben besser recherchieren zu können,
lebte er sechs Monate mit den Jugendlichen
in dem bekannten Rotlicht- Milieu in Seoul.
Dieses Viertel ist der Ort, der eine unwiderstehliche
Anziehungskraft für gestrandete Jugendliche
ausübt. Man lebt dort billig und trifft
auf Gleichgesinnte, jedoch auch auf profitgierige
und rücksichtslose Barbesitzer. Hier
zu sein ist für die Jugendlichen erträglicher
als mit der Familie zusammen zu leben.
Tears lebt von seiner Natürlichkeit,
Regisseur Im Sang-Soo lässt den Laiendarstellern
freien Lauf und gewährt so einen realistischen
Einblick in die Jugendszene von Korea.
am 16.01.2005
um 20.30 Uhr
Nürnberg und seine
Lehre
USA/ BRD 1947/48, R: Stuart
Schulberg, 78' dt. Fass.
Nuremberg and its Lesson
ist ein Dokumentarfilm über den Prozeß
des Internationalen Militärgerichtshofs
in Nürnberg vom 14. November 1945 bis
zum 1. Oktober 1946 gegen die Hauptkriegsverbrecher.
Der Film dokumentiert in Ausschnitten den
Prozeßverlauf von der Anklageeröffnung
bis zur Urteilsverkündung. Während
der Verhandlung war im Gerichtssaal eine
großformatige Leinwand aufgebaut,
damit die Ankläger Filme über
die Greueltaten der Nazis vorführen
konnten. Dabei handelte es sich meist um
Filmmaterial der Nationalsozialisten selbst,
das von einer Spezialeinheit (unter dem
Kommando John Fords und der Mitarbeit von
Budd und Stuart Schulberg) konfisziert worden
war. Ausschnitte dieser filmischen Beweismittel
sind mit Aufzeichnungen der Gerichtsverhandlung
unterschnitten, um die vier wesentlichen
Vorwürfe gegen die Angeklagten vorzustellen.
Aus 300.000 Meter Filmmaterial montierten
die Filmemacher eine fesselnde, historische
Erzählung. Obwohl der Film bereits
1947 fertig gestellt war, wurde er wegen
der erwarteten Publikumsreaktionen erst
ein Jahr später freigegeben und lief
danach zwei Jahre lang in den deutschen
Kinos.
Einführung: Sandra Schulberg
am 20.01.2005
um 17.30 Uhr
Judgement at Nuremberg
Das Urteil von Nürnberg
USA 1961, R: Stanley Kramer, D: Spencer
Tracy, Burt Lancaster, Marlene Dietrich,
Maximilian Schell, 190' OF
"Dan Haywood, ein
amerikanischer Richter, trifft in Nürnberg
ein, um in einem Prozess gegen deutsche
Richter den Vorsitz zu übernehmen.
Die Richter sind angeklagt, Recht und Gesetz
zerstört zu haben, um Hitlers schändliche
Befehle zu unterstützen, die 6 Millionen
unschuldige Menschen das Leben gekostet
haben. Als der Ankläger Colonel Tad
Lawson seine emotionsgeladenen Eröffnungsstatements
macht, ist klar, dass er entschlossen ist,
die Höchststrafe für die Richter
zu erreichen. Wenn diese Männer schuldig
sind, weil sie die Gesetze ihres Landes
einhielten, wendet der Verteidiger Hans
Rolfe dagegen ein, dann müssen alle
Deutschen vor Gericht gestellt werden. Um
die Anklage wegen Unmenschlichkeit zu belegen,
ruft Lawson Rudolf Petersen, ein Opfer der
Sterilisationen, in den Zeugenstand, der
wegen geistiger Behinderung kastriert wurde.
(...) Der Prozess erreicht seinen Höhepunkt,
als eine Frau namens Irene Hoffman in den
Zeugenstand gerufen wird. Sie sagt aus,
dass ein früherer Freund, ein älterer
Jude, fälschlich beschuldigt wurde,
eine intime Beziehung mit ihr gehabt zu
haben und deshalb hingerichtet wurde. Rolfe
versucht ihre Aussage zu widerlegen, indem
er sie wütend beschuldigt, die Tatsachen
zu verdrehen. Als die bestürzte Frau
das verzweifelt abstreitet, unterbricht
einer der Angeklagten, Ernst Janning, die
Aussage und bittet darum, eine Erklärung
abgeben zu dürfen. Vorher war er schweigend
dem Prozess gefolgt, aber jetzt geht er
freiwillig in den Zeugenstand und bekennt
sich schuldig, die Naziverbrechen sowohl
ignoriert wie auch rationalisiert zu haben,
weil er meinte, dass sie dem Wohl des Landes
dienten." (www.cine-holocaust.de)
"Differenziert argumentierend, konfrontiert
der Spielfilm unterschiedliche Standpunkte,
ohne eine eindeutige Wertung vorzunehmen."
(Lexikon des internationalen Films)
Einführung: Cornelia Vismann
am 20.01.2005
um 20.30 Uhr
The Memory
of Justice
Nicht schuldig?
Teil 1: Nuremberg and the Germans
Teil 2: Nuremberg and other Places
USA/ BRD/ GB 1973-1976, R: Marcel Ophüls,
278' OmU
Der Film wird als philosophische
Betrachtung beschrieben. Er untersucht die
Beziehungen zwischen der Geschichte moderner
Gesellschaften und ihren jeweiligen Konzepten
von Gerechtigkeit. "Die Notwendigkeit,
Urteile über Menschen und ihre Handlungen
zu fällen, wird im Film ständig
mit dem Problem konfrontiert, über
andere zu urteilen. Die Verbrechen der Nazis
sind entsetzlich - in ihrem Ausmaß,
in ihren verabscheuungswürdigen Motiven
und in der Präzision der Ausführung;
doch sind die Deutschen, ob zu unserem Glück
oder Unglück, letztlich auch nicht
anders als andere. Und gerade deshalb können
wir vielleicht aus den Urteilen von Nürnberg
lernen." So ist Nürnberg der Ort,
"an dem sich individuelle und kollektive
Schicksale kreuzen. Von diesem Punkt aus
sind analytische Rückblenden möglich,
hier können Betrachtungen zur Gegenwart
und zur Zukunft ansetzen. Vietnam, Algerien,
die Atombombe, der Stalinismus, CIA, Folter
in Lateinamerika und anderswo. Hitler erscheint
letztlich zugleich als der große Verlierer
und der große Sieger des Zwanzigsten
Jahrhunderts." (Marcel Ophüls)
Einführung: Ralph Eue
am 21.01.2005
um 18.00 Uhr
Jetzt und in der Stunde
meines Todes
DDR 1963, R: Konrad Petzold, D: Inge Keller,
Ulrich Thein, Hannes Fischer, Bruno Carstens,
98'
Jetzt und in der Stunde
meines Todes, von Konrad Petzold inszeniert
und Egon Günther geschrieben, ist die
Geschichte einer erfolgreichen, kritischen
Journalistin, die am Eichmann-Prozess in
Israel teilnimmt, verzweifelt wegfährt,
weil sie das nicht aushalten kann und nun
in (West)Deutschland von ihrem Magazin den
Auftrag erhält, einen zweifachen Mord
mit rechtsradikalem Hintergrund zu recherchieren,
dessen ein junger Mann angeklagt wird. Sie
ist mutig und einfallsreich, findet in einem
Kriminalisten einen verständnisvollen,
demokratisch intendierten Partner, entdeckt
die Unschuld des Angeklagten im ersten Mordfall.
Damit bricht das Beweismaterial der Anklage
zusammen, der junge Mann wird freigelassen.
Aber für die Frau ist der Fall nicht
zu Ende: sie interessiert sich für
die Verquickung von Politik, Wirtschaft
und ehemaligen Nazis und spürt dem
zweiten Mord nach, durch den offenbar ein
zum Sicherheitsrisiko gewordener ehemaliger
hoher Nazi-Offizier beseitigt wurde. Schließlich
wird sie von dem jungen Mann, der ihr die
Freiheit verdankt, ermordet.
"Dies sind Aufklärungsfilme, Darstellungen
von Systemen der Korruption und der Geschäftemacherei,
interessant, richtig, aber begrenzt in ihrer
(emotionalen) Wirkung", schreibt Erika
Richter.
am 22.01.2005
um 18.15 Uhr
ZUM 60. JAHRESTAG
DER BEFREIUNG VON AUSCHWITZ
MIT ÜBERLEBENDEN AUF DEM WEG NACH PALÄSTINA
–
EINE HOMMAGE AN TERESKA TORRES UND MEYER
LEVIN
Mit freundlicher Unterstützung
des Israel Film Archive, Jerusalem.
Buchpräsentation “Unerschrocken
– Auf dem Weg nach Palästina.
Tereska Torres Filmtagebuch von 1947
In Anwesenheit von Tereska Torres Levin
Es sprechen:
Dr. Rainer Rother, Leiter des Zeughauskinos
Cilly Kugelmann, stellvertretende Direktorin
des Jüdischen Museums Berlin
Ronny Loewy, Filmhistoriker und Herausgeber
des vorgestellten Buches
anschließend Filmvorführung:
The
Illegals
USA/ Israel (Palästina)
1947-1948, R: Meyer Levin, D: Tereska Torres,
Yankel Mikalowitz, 72' OF
Zur Geschichte der Schoa
gehört auch die Geschichte der Überlebenden
der Konzentrationslager, der „Displaced
Persons“.
Die Jahre zwischen der Befreiung der Vernichtungslager
und der Staatsgründung Israels sind
die Zeit der organisierten Fluchtbewegung
Richtung Palästina, der „Bricha“.
Auf illegalen Schiffen, wie der „Exodus
47“, hoffen die Überlebenden,
ihr Ziel zu erreichen.
In dieses Spannungsfeld begeben sich im
September 1947 Meyer Levin und Tereska Torres.
Als Regisseur und Schauspielerin begleiten
sie auf Routen der Bricha Gruppen von Flüchtlingen.
Der Film The Illegals und das Tagebuch von
Tereska Torres, erstmals veröffentlicht
in der Buchreihe „Zeitzeugnisse aus
dem Jüdischen Museum Berlin“,
halten die Bilder und Hoffnungen dieser
Reise fest.
Eine Veranstaltung des Jüdischen Museums
und des Zeughauskinos.
am 22.01.2005
um 20.30 Uhr
Un
Spécialiste
Ein Spezialist
F/ D/ Bel/ A 1998, R:
Eyal Sivan,128' OmU
"Wer es nicht erträgt,
soll hinausgehen." Diese Worte, gesprochen
vom Gerichtspräsidenten nach einem
Zwischenruf, machen zwei Dinge klar: Hier
wird etwas verhandelt, das selbst im Gerichtssaal,
über zehn Jahre später, unerträglich
ist; dies soll ausserdem mit der grösstmöglichen
Neutralität geschehen. Hochfliegende
Emotionen sind nicht erwünscht. Die
Rede ist vom Prozess gegen Adolf Eichmann
in Jerusalem 1961.
Rony Braumann (Buch) und Eyal Sivan (Buch
und Regie) komponierten aus den 350 Stunden
langen Aufzeichnungen des Prozesses den
Film Un spécialiste. Sich jeglichen
Kommentars enthaltend, haben sie das Porträt
eines Naziverbrechers gezeichnet, das von
den Zuschauern sehr viel Mitarbeit verlangt.
Nicht ein Ungeheuer, ein Hüne und Inbegriff
eines Nazioffiziers steht vor dem Gericht,
sondern ein unspektakulärer Mensch
mit schütterem Haar und Hornbrille,
der dem Staatsanwalt ziemlich ähnlich
sieht.
Angeregt von Hannah Arendts Begriff der
"Banalität des Bösen"
sind die Filmemacher der Argumentation des
"Spezialisten" gefolgt. Fasziniert
und abgeschreckt zugleich hört man
den emotionslosen Eichmann von seinem absoluten
Gehorsam reden, von seinen inneren Zweifeln,
die keinen Platz in der Nazimaschinerie
fanden. Unbegreiflich ist es, was in diesem
Gerichtssaal so nüchtern besprochen
wird, und doch kommt es so normal daher.
Das angeklagte "Monster", wie
der Staatsanwalt Gideon Hausner Eichmann
in seinem Eröffnungsplädoyer nennt,
sitzt als distinguierter, manchmal fast
bemitleidenswerter Herr in seiner Kabine
und beantwortet höflich alle Fragen.
am 23.01.2005
um 18.15 Uhr
My Father's House
Palästina/ USA 1947,
R: Herbert Kline, B: Meyer Levin, unter
Mitarbeit von Tereska Torres, D: Ronnie
Cohen, Irene Broza, Yitzhak Danziger, Michael
Cohen, 85' OF
Ein zehnjähriger Holocaust-Überlebender
erreicht mit Hilfe der Untergrund-Organisation
„Hagana“ Palästina. Dort
macht er sich auf die Suche nach seinem
Vater, der ihm bei ihrer Trennung in Krakau
ein Wiedersehen in Erez Israel versprochen
hatte. In einem Kibbuz findet David Halevi
drei Freunde: Miriam, ebenfalls eine Überlebende,
Shulamith, ein Mädchen aus dem Kibbuz,
und ein arabischer Junge aus der Nachbarschaft.
In einem Internat bei Haifa nimmt er an
Therapiestunden teil, in denen Kinder von
ihren Erlebnissen im Krieg erzählen.
Doch David setzt seine verzweifelte Suche
nach dem Vater fort.
In Anwesenheit von Tereska Torres.
Eine Veranstaltung des Jüdischen Museums
und des Zeughauskinos.
am 23.01.2005
um 20.45 Uhr
The
Colonial Misunderstanding
Das koloniale Mißverständnis
D/ F 2004, R: Jean Marie Teno, 79' OmeU
„Als die ersten Missionare
nach Afrika kamen, besaßen sie die
Bibel und wir das Land. Sie forderten uns
auf zu beten. Und wir schlossen die Augen.
Als wir sie wieder öffneten, war die
Lage genau umgekehrt: Wir hatten die Bibel
und sie das Land“ , bemerkte der frühere
Erzbischof von Kapstadt und Friedensnobelpreisträger
Desmond Tutu einmal und deutet damit die
Verwobenheit von Mission und Kolonialismus
an.
Als die „Rheinische Missionsgesellschaft“
1828 im heutigen Wuppertal gegründet
wurde, geschah dies in der hehren Absicht,
die christliche Botschaft zu verbreiten.
Mit Briefen, Zeichnungen, Photos und seit
den 1920er Jahren auch mit Filmen, berichteten
die Missionare den Gemeinden in der Heimat
vom Leben der „Heiden“ und deren
seltsamen Bräuchen. Sie leisteten hiermit
einen wichtigen Beitrag zum Bild Europas
vom „schwarzen Kontinent“.
Die Geschichte der Rheinischen Mission und
ihr widersprüchliches Engagement, vor
allem in Deutsch-Südwest, erkundet
der Kameruner Filmemacher Jean-Marie Teno
auf seiner Reise durch die ehemaligen deutschen
Kolonien. Sie führt ihn von Wuppertal
nach Namibia, Südafrika, Togo und in
sein Heimatland Kamerun. Sein Film rekonstruiert
Geschichte in ihrer Dialektik zwischen christlichem
„Ethos“, kaufmännisch-kolonialen
Interessen und den traumatischen Erlebnissen
der Missionierten. Wie konnte es zu jenem
„kolonialen Missverständnis“
kommen und wie virulent ist es bis heute?
Die Ergebnisse afrikanischer und europäischer
Wissenschaftler, Missionsmitarbeiter und
Historiker werden ergänzt durch persönliche
Erlebnisse dieser Geschichte bis in unsere
postkoloniale Gegenwart.
The Colonial Misunderstanding ist die längere
Kinoversion von Gehet hin in alle Welt...
Die deutsche Mission in Afrika.
am 27.01.2005
um 18.15 Uhr
Namibia- Für
uns immer noch Südwest
BRD 1985, R: Norbert Bunge,
86'
Für die meisten der
deutschsprachigen Einwohner in Namibia,
die hauptsächlich Farmer sind, ist
es auch heute noch "Deutsch-Südwest";
so auch für die Familie Metzger, die
Norbert Bunge in seinem Dokumenatarfilm
porträtiert.
"Mit seiner sensiblen Beobachtung alltäglicher
Szenen auf der Farm – sei es beim
morgendlichen Arbeitsanfang, sei es bei
der Entlohnung der schwarzen Arbeiter am
Samstag oder beim Mittagessen der weißen
Familie mit den Nachrichten des >Südafrikanischen
Rundfunks< in deutscher Sprache im Hintergrund
– ist Bunge eine unaufdringliche,
aber eindrucksvolle Vermittlung politisch/sozialer
Verhältnisse gelungen, die auf jeden
Kommentar verzichten kann. >Kommentiert<
werden die intensiven Kameraeinstellungen
allein von den Aussagen der verschiedenen
Familienmitglieder, die Bunge unter die
Bilder montiert hat." (Heinz Günther
Clobes)
am 27.01.2005
um 20.30 Uhr
Wir hatten eine Dora
in Südwest
D 1991, R: Christina Tink
Diaz, 70’
Der Dokumentarfilm Wir
hatten eine Dora in Südwest von Tink
Diaz greift einen bisher wenig beachteten,
aber hochinteressanten Aspekt der deutschen
Kolonialgeschichte und ihrer Folgen auf.
1907 wird der Deutschkoloniale Frauenbund
gegründet, mit dessen Hilfe u.a. die
"Zufuhr" von deutschen Bräuten
an die Schutztruppen und Siedler gefördert
werden soll, um der vermeintlich drohenden
"Verkafferung der Männer in Deutsch
Südwest und Deutsch Ostafrika"
entgegenzuwirken. Auch noch nach 1918, als
Deutschland gar keine Kolonien mehr hatte,
vermittelt der Frauenbund ausreisewillige
junge Frauen als "Trägerinnen
deutscher Zucht und Sitte" nach Windhoek,
Swakopmund oder Tanga.
Der Film kompiliert historisches Archivmaterial,
zeitgenössische Fotos, Lieder, Zitate
aus Theaterstücken oder Kolonialromanen
und er kontrastiert diese collagenartige
Zusammenschau mit den aktuellen Aussagen
einiger Frauen, die in den dreißiger
oder vierziger Jahren mit dem Frauenbund
nach Namibia gingen und die noch heute dort
leben. Dadurch ist der Film auch nicht nur
von historischem Interesse, sondern er thematisiert
auch die politische Einstellung und die
Verhaltensweisen deutschstämmiger Namibier
gegenüber den Schwarzen in dem nun
von Südafrika unabhängig gewordenen
Namibia.
am 28.01.2005
um 18.15 Uhr
Morenga
BRD 1985, R: Egon Günther,
D: Jacques Breuer, Edwin Noël, Jürgen
Holtz, Manfred Seipold, Teil I: 87', Teil
II: 92', Teil III: 76'
Jacob Morenga, 1885 als
Sohn eines Nama-Vaters und einer Herero-Mutter
geboren, gehört zu den wichtigen Gestalten
aus der Geschichte Namibias. In Europa erzogen,
später Arbeiter in den Goldminen seiner
Heimat, steigt er bald auf zum Anführer
des Aufstands in "Deutsch Süd-West".
Er bildet kleine Einheiten Aufständischer,
die nach Guerillataktik zuschlagen. 1905
fügt er den Kolonialtruppen eine gewaltige
Niederlage zu, die auch andere Kolonialmächte
verunsichert. Morenga, auf den der deutsche
Kaiser zuletzt ein Kopfgeld von 20.000 Mark
ausgesetzt hatte, wird am 19. September
1907 von englischer Polizei in Südafrika
erschossen.
Morenga war die achte Filmarbeit Egon Günthers
nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik
und der zweite Roman des Autoren und Mitherausgebers
der "Literarischen Hefte", Uwe
Timm. Beide, Timm und Günther, sammelten
für ihre Werke dokumentarisches Material,
das die Struktur des fiktionalen Stoffes
maßgeblich beeinflusste.
am
28.01.2005 um 20.30 Uhr Teil I
Anschließend
Podiumsdiskussion mit Egon Günther
am 30.01.2005 um 18.15 Uhr Teil II
am 30.01.2005 um 20.30 Uhr Teil III
Der Eintritt
zu allen drei Teilen ist frei.
Lange Nacht der Museen
Das Salz,
die Wüste und ein stürmisches
Leben
D 1997, R: Norbert Bunge
und Arpad Bondy, 44’
Dort, wo die eisigen Winde
des atlantischen Ozeans auf die Wüste
Namib prallen, schuftet Philipp Metzger
als Vorarbeiter in einer Saline. Mit seiner
Familie haust er in einer dürftigen
Betriebswohnung inmitten der Salzberge.
Noch vor zehn Jahren sah sein Leben ganz
anders aus: er hatte gerade die väterliche
Farm - einen 8000 Hektar großen Besitz
- übernommen und schmiedete große
Zukunftspläne. Doch das Glück
war nicht auf seiner Seite, was auch immer
er anpackte. Schließlich ging die
Farm verloren, und jedes seiner neuen Abenteuer
endete fatal. Nur eines hat Philipp in all
den Jahren bewahrt: seinen Optimismus und
seine Träume, so verrückt sie
auch sein mögen.
am 29.01.2005
um 19.00 Uhr
Noras
Namibia
BRD 1986, R: Norbert Bunge,
Caroline Goldie, 44’
Noch vor der Unabhängigkeit
Namibias gedreht (1989), porträtiert
der Film Nora Chase, Führungsmitglied
im namibischen Kirchenrat und in der Befreiungsbewegung.
Nach dem Besuch der Oberschule und der Universität
in Kapstadt floh Nora Chase nach Tanzania.
Sie erhielt ein Stipendium und studierte
ab 1963 an der Freien Universität Berlin
Germanistik und Politologie. Dort lernte
sie den westindischen Industriestudenten
Chase kennen, den sie später heiratete.
Die Familie Chase kehrte 1978 nach Namibia
zurück. Im Film berichtet Nora von
ihrer Arbeit als Direktorin für Erziehung
im Kirchenrat in Namibia. Sie erzählt
aus ihrem Leben und von ihren weiteren und
vielfältigen Aufgaben. Frau Chase erweist
sich als moderne Namibierin, die in ihrer
Person die Tradition der Damara und Herero
vereint, aber auch ein Stück ihrer
weißen (deutschen) Großväter
mütterlicher- und väterlicherseits
und damit ein Stück deutscher Kolonialgeschichte
in der ehemaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika
(1885 – 1915). Noras Engagement gilt
der Fürsorge ihrer Landsleute und dem
Kampf gegen jedwede Rassendiskriminierung.
am 29.01.2005
um 20.15 Uhr
Omulaule
heißt schwarz
D 2003, R: Beatrice Möller,
Nicola Hens, Susanne Radelhof, 66’
"Für die Weißen
sind wir schwarz und für die Schwarzen
sind wir deutsch", sinnieren die jungen
Namibier. Sie kennen noch den Pioniergruß
und erinnern sich an "Leckermäulchen".
Die mittlerweile erwachsenen "DDR-Kinder
von Namibia" blicken auf 11 Jahre Kindheit
in der DDR zurück, von der sie 1979
als Flüchtlinge aufgenommen wurden.
Kurz nach der politischen Wende in der DDR,
die zeitlich in etwa mit der Unabhängigkeit
Namibias zusammenfiel, mussten sie zurück
in das ihnen fremd gewordene Land. Noch
heute suchen sie nach der inneren Heimat
und einem Halt in ihrer zerrissenen Biographie,
die sie selbst als Experiment betrachten.
Wie sie heute leben und wo sie ihre Heimat
sehen, zeigt dieser Dokumentarfilm.
am 29.01.2005
um 21.30 Uhr
Weiße Geister
– der Kolonialkrieg gegen die Herero
D 2004, R: Martin Baer,
70’
In Martin Baers Dokumentarfilm
machen sich der Regisseur und sein Protagonist
Israel Kaunatjike auf eine gemeinsame Reise
nach Namibia. Israel, ein Herero, wurde
in Okahandja, dem Hauptort der Herero geboren.
Er hat über zwei Drittel seines Lebens
im Exil verbracht. Viele Jahre hat er gegen
die Apartheid gekämpft und ist immer
noch politisch engagiert. Nun möchten
die beiden herausfinden, wie die Herero
die Erinnerung an die Katastrophe ihrer
Niederlage verarbeitet, überliefert
und wachgehalten haben, und welches Verhältnis
die Deutschen zu ihrer zunächst als
Sieg gefeierten, dann als verbrecherisch
verdammten Geschichte entwickelt haben.
Im Laufe der Recherchen zum Film, muss Israel
erfahren, dass er auf sehr persönliche
Weise weit mehr in diese Vergangenheit verstrickt
ist, als er bislang wusste. Denn bei seinen
Nachforschungen und während der Drehreisen
hat sich bestätigt, was über Jahrzehnte
ein gut gehütetes Familiengeheimnis
war, und worüber er in den Gesprächen
mit Martin Baer erst nach einer Weile reden
konnte. Israel Kaunatjike hat zwei deutsche
Grossväter. Beide seiner Großmütter
bekamen Kinder von deutschen Soldaten der
„Schutztruppen“. Ob diese Schwangerschaften
aufgrund von Vergewaltigungen zustande gekommen
sind, wird sich im Einzelnen nicht mehr
herausfinden lassen. Ähnlich wie während
anderer militärischer Auseinandersetzungen
gab es auch in diesem Kolonialkrieg so genannte
„comfort women“. Ein heikles
Thema für tausende von Namibiern, denn
diese von den deutschen Herren offiziell
verbotenen und verpönten „Verbindungen“
mit den „Eingeborenen“ waren
eine gängige Praxis des Kolonialismus:
„Sexsklaverei“. Andererseits
hat es auch andere, wie immer geartete Beziehungen
zwischen den Menschen gegeben, auch wenn
das offiziell verboten war.
am
29.01.2005 um 23.00 Uhr
Februar
2005
FILMEN NACH AUSCHWITZ
–
AUFGABEN UND GRENZEN FILMISCHER ERINNERUNG
Ein Podiumsgespräch
mit Romuald Karmakar, Hans-Dieter Grabe,
Harald Welzer und Christoph Heubner
Moderation: Jörg Frieß
anschließend:
Nacht
und Nebel
Nuit et brouillard
F 1955, R: Alain Resnais, B: Jean Cayrol
(dt. Bearbeitung: Paul Celan), M: Hanns
Eisler, 32' westdt. Fass.
Auschwitz, zehn Jahre nach
der Befreiung. Die Kamera folgt den mittlerweile
von Gras überwachsenen Gleisen, auf
denen unzählige Züge mit Menschen
ins Todeslager fuhren, von Hitler zur Vernichtung
bestimmt. Sie durchmisst in langsamen Vorwärtsfahrten
das Gelände und erkundet die Blocks,
in denen das Unfassliche geschah. Diese
fast immer bewegte Kamera ist auf der Suche
nach den Zeugnissen der Vergangenheit wie
der französische Regisseur Alain Resnais,
dessen Œuvre wie kein Zweites um das
komplizierte Verhältnis von Vergangenheit
und Gegenwart, Erinnern und Vergessen kreist.
Nacht und Nebel entstand als Auftragsproduktion
für das "Comité d'Histoire
de la Deuxième Guerre Mondiale",
eine offizielle französische Organisation,
die dem Ministerpräsidenten unterstellt
war. Resnais hatte Zugang zum Filmmaterial
der Archive des Komitees, zu Kriegsarchiven
der Niederlande und Polens, zu jüdischen
und Deportierten-Dokumentationszentren sowie
zu den Museen von Auschwitz und Majdanek
und machte von den Alliierten aufgezeichnete
Dokumente aus den Konzentrationslagern erstmals
einem großen Publikum zugänglich.
Mit Hilfe von Fotos und Filmaufnahmen rekonstruiert
Resnais den Alltag des Schreckens und das
industrielle Funktionieren der nationalsozialistischen
Todesmaschinerie. Dem französischen
Regisseur gelingt das Paradox, nicht nur
einen politisch und gesellschaftlich eminent
wichtigen, sondern auch einen ästhetisch
gelungenen Dokumentarfilm über das
nicht schilderbare Grauen zu machen, indem
er die farbigen Bilder der trostlosen Gegenwart
achronologisch mit den schwarzweißen
Aufnahmen der furchtbaren Vergangenheit
zusammenmontiert.
Eine Veranstaltung des
Internationalen Auschwitz Komitee in Zusammenarbeit
mit den Internationalen Filmfestspielen
Berlin und dem Friedensfilmpreis.
Eintritt frei
am 0102.2005 um 20.00 Uhr
Miss
Unerhört
Yeopgijeokin geunyeo
Südkorea 2001, R: Kwak Jae-Yong, D:
Cha Tae-hyun, Jeon Ji-hyun, Yang Geum-Yong,
123' OmU
Miss Unerhört: "Ich
habe sie in der U-Bahn zum ersten Mal gesehen.
Sie war stockbetrunken, aber ansonsten genau
mein Typ. Sie mußte sich übergeben
– ausgerechnet auf die Perücke
eines älteren Herren! Als sie sich
umdrehte und mich "Schatz" nannte,
waren die Leute in der U-Bahn baff. Sie
ist nicht immer so. Ihr Freund ist gestorben,
und dieser Verlust macht ihr das Leben schwer.
Ich habe mich entschlossen, ihr über
diesen Verlust und die bodenlose Traurigkeit
hinwegzuhelfen. Sie ist wirklich rauh, kapriziös
und impertinent. Wenn sie wissen will, wie
tief der Fluß ist, wirft sie Sie ohne
mit der Wimper zu zucken ins Wasser. Aber
wenn Sie nicht schwimmen können, wird
sie mutig ins Wasser springen, um Sie zu
retten. Sie dürfen ihren Geburtstag
nicht vergessen! Sonst bringt sie Sie um."
So beschreibt der Student Gyun-woo seine
Begegnung mit dem Mädchen, das von
nun an sein Leben bestimmt.
Es ist schon ein sehr eigener Humor, der
den koreanischen Kassenknüller (er
war 2001 der dritterfolgreichste koreanische
Film) auszeichnet: derbe Slapstick, heftige
Dialoge, ein bisschen Eastern, viel burlesker
Nonsense, versetzt mit reichlich Teenie-Romantik.
Der Film erinnert zumindest in der Art,
wie seine beiden Hauptdarsteller ständig
an ihrer Liebe vorbeiagieren und immer neu
das Schicksal befragen, ein bisschen an
die melancholisch-sehnsüchtigen Helden
des japanischen Erfolgsautors Haruki Murakami.
am 03.02.2005 um 18.15 Uhr
Peppermint
Candy
Bakha Satang
Südkorea 2000, R: Lee Chang-Dong, D:
Sol Kyung-Gu, Moon So-Ri, Kim Yeo-Jin, 129'
OmeU
Zwanzig Jahre im Leben
eines Mannes, umgekehrt chronologisch erzählt.
Ein Polizist wird zum Folterexperten für
Linksgerichtete. 1980 war er zum Militärdienst
einberufen worden und hatte das Pech, bei
der Niederschlagung des "Kwangju-Aufstands"
eingesetzt zu werden, der für Koreaner
eine größere Bedeutung hat als
für Chinesen das "Tiananmen-Massaker".
Eines Tages bringt ihm seine Jugendliebe
Pfefferminz-Bonbons.
Lee Chang-Dong, der nicht nur einer der
besten Regisseure Koreas ist, sondern heute
auch Kultusminister, verlangt dem Zuschauer
wieder einiges ab. (Lee Chang-Dong wurde
2003 unter der neu gewählten Regierung
Roh Moo-Hyun zum Minister für Kultur
und Tourismus ernannt.) Wer bei einem Klassentreffen
so ausflippt wie sein Protagonist Young-Ho,
dem dürften Todeswunsch und unerfüllte
Liebe nicht fremd sein. Die inneren Risse
Young-Hos spiegeln die äußeren
der koreanischen Gesellschaft wider. Vielfach
ausgezeichnet, doch von der deutschsprachigen
Kritik fast übersehen.
am 03.02.2005 um 20.30 Uhr
Der Tag, an dem ein
Schwein in den Brunnen
fiel
Daijiga Umule Pajinnal
Südkorea 1996, R: Hong Sang-Soo, D:
Kim Eui-Sung, Lee Eung-kyung, Cho Eun-sook,
Park Jin-sung, 115' OmU
Seoul, Korea, 1996. Hyo-sop,
ein nicht besonders vielversprechender Schriftsteller,
liebt Bo-gyung, eine verheiratete Frau.
Min-jae, die an der Kasse eines Kinos arbeitet,
liebt Hyo-sop. Neben ihrer Arbeit nimmt
sie alle möglichen Jobs an, um Hyo-sop,
den sie für einen großartigen
Autor hält, finanziell zu unterstützen.
Bo-gyung ist mit Tong-woo verheiratet, liebt
jedoch Hyo-sop, den sie trotz seines Mißerfolgs
akzeptiert. Tong-woo arbeitet für ein
Klärwerk und scheint recht erfolgreich
zu sein. Er zweifelt allerdings an der Treue
seiner Frau. - Der Film begleitet die vier
Hauptpersonen und beschreibt ihren teils
mondänen, teils banalen Alltag.
"Die detaillierte Schilderung des eintönigen
Alltagseinerleis an sich ständig ändernden
Orten verleiht dem Film Der Tag, an dem
ein Schwein in den Brunnen fiel den Charakter
einer soziologischen Studie über das
Leben in Seoul im Jahre 1996. Anstatt sich
auf eine einzelne Figur zu konzentrieren,
verläuft die Geschichte des Films auf
vier verschiedenen, jedoch miteinander verbundenen
Erzählebenen. Mit vielen Aufnahmen,
die bei Tageslicht gedreht wurden, und einer
Kamera, die sich in Augenhöhe bewegt,
dokumentiert der Regisseur das zusammengewürfelte
und schäbige Stadtbild und die Lebensart
im heutigen Seoul. Der Zuschauer übernimmt
so die Perspektive der Menschen, die tatsächlich
in Seoul wohnen, und durchlebt damit die
verunsichernde Vision eines Alltagslebens,
dessen vertraute Routine immer ungewöhnlichere
und erschreckendere Züge annimmt."
(27. Internationales Forum des Jungen Films)
am 04.02.2005 und 06.02.2005, jeweils
um 18.15 Uhr
Luny
als Chinese
D 1916, R: Gerhard Dammann,
ca. 15’ holländische Zwt.
Die Sonne Asiens
D 1921, R: Edmund Heuberger,
D: Henry Sze, Nien Sön Ling, Irena
Marga, Paul Otto, ca. 90’ franz. Zwt.
"China ist in vieler
Hinsicht das Ideal des Films", erklärte
"Das große Bilderbuch des Films"
1921 seinen Lesern. Im selben Jahr feierte
Edmund Heubergers populärer Sensationsfilm
Die Sonne Asiens (1921) seine Premiere,
und zu seinen Produktionswerten zählte
ganz sicher sein vor wackeligen heimischen
Kulissen inszeniertes exotisches Ambiente.
Chinesische und indische Themen florierten
in den unmittelbaren Nachkriegsjahren als
Teil einer ganzen Welle von exotischen Abenteuerfilmen
(Opium, Die Spinnen, Das indische Grabmal),
die dem am Reisen gehinderten Publikum zumindest
imaginäre Fluchtlinien aus dem "abgeschnittenen
und verstümmelten Vaterland" (Siegfried
Kracauer) eröffneten. Neben seiner
für westliche Zuschauer unterhaltenden
Funktion reflektierte ein Teil dieses Film-Zyklus
zugleich auch das durch den Ersten Weltkrieg
massiv veränderte politische Verhältnis
zwischen Deutschland und der außereuropäischen
Welt. In Die Sonne Asiens wird dies ganz
deutlich: Er griff spätestens seit
der Niederschlagung des "Boxer-Aufstands"
auch in Deutschland verbreitete rassistische
Ängste vor einer drohenden "Gelben
Gefahr" offen auf und vermengte sie
mit einer melodramatischen und abenteuerlichen
Kriminalhandlung aus dem Reservoir der zeitgenössischen
Kolportageliteratur.
Der in Europa ausgebildete, chinesische
Chemiker Dr. Kuen-Li versucht, künstliches
Gold herzustellen, um sein Vaterland mit
friedlichen Mitteln von der wirtschaftlichen
Bevormundung durch den Westen zu befreien.
Sein Vater hingegen ist der Anführer
einer sagenumwobenen Geheimgesellschaft,
die im Verborgenen den bewaffneten Aufstand
gegen die europäischen Ausbeuter plant.
Zu diesen fremden Geschäftsleuten zählt
auch der Faktorei-Besitzer Van der Loo (Paul
Otto), dessen Tochter Ethel (Irena Marga)
mit Dr. Kuen-Li verheiratet ist. Nach einer
Reihe von Abenteuern und Stunts bricht die
Revolte aus, und Ethel gerät zwischen
die Fronten.
Ungewöhnlich an Die Sonne Asiens ist
nicht nur, dass mit Henry Sze (Die Herrin
der Welt) ein asiatischer Darsteller die
Hauptrolle spielte, sondern auch, dass der
Film schließlich mit einem patriotischen
Appell zur "Völkerverständigung"
endet.
Einführung: Tobias Nagl
Klavierbegleitung: Peter Gotthardt
Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit
CineGraph Babelsberg und dem Bundesarchiv-Filmarchiv.
am 04.02.2005 um 20.30 Uhr
Take Care of My Cat
Text siehe 14.
Januar
am 14.01.2005 und 05.02.2005, jeweils
um 18.15 Uhr
301 302
Samgongil, Samgongyi
Südkorea 1995, R:
Park Chul-Soo, D. Bang Eun-jin, Hwang Sin-hye,
Kim Chu-ryun, 101' OmU
Kommissar Choi ist ratlos:
Die schüchterne Schriftstellerin von
Appartment Nr. 302 eines sterilen Wohnsilos
in Seoul ist verschwunden. Wird ihm die
Nachbarin aus Wohnung 301, eine obsessive
Meisterköchin, die den Tag am Herd
zubringt, weiterhelfen können? Bald
schon stellt sich heraus, dass die Frau
aus 302 keine feste Nahrung mehr zu sich
nehmen konnte und nur noch von Vitaminpillen
lebte. Ihre Nachbarin aus 301 versuchte
vergeblich, ihr Köstlichkeiten anzubieten.
"Ein hochstilisierter
Versuch über die Pervertierung kulinarischer
Genüsse mit den Mitteln visueller Reize:
In verlockenden Neonfarben reflektiert der
Film über den Ekel inmitten der Schönheit,
wenn eine fanatische Köchin erst ihren
Mann und dann ihre Nachbarin mit ihrer Kunst
quält." (Filmdienst)
1996 wurde 301 302 als bester koreanischer
Film ausgezeichnet und ins Rennen um den
Auslands-Oscar geschickt.
am 05.02.2005 um 20.30 Uhr
Birdcage
Inn
Paran daemun
Südkorea 1998, R: Kim Ki-Duk, D: Lee
Hye-Eun, Lee Jee-Eun, Jang Dong-Jik, Ahn
Jae-Mo, 105' OmeU
Zerknirscht beobachtet
die heranwachsende Butch Hye-Mi, wie ihre
Eltern die attraktive Jin-Ah ins Haus holen.
Hatte sie die letzte Femme doch gerade erst
mittels massiver Unfreundlichkeit in die
Flucht geschlagen. Hye-Mis Familie betreibt
das "Birdcage Inn", in dem als
besonderer Service eine junge Prostituierte
angeboten wird. Der Tochter ist dieses Unternehmen
sichtlich unangenehm. Es ist ihr peinlich,
Schulfreunde nach Hause einzuladen und so
mancher Hotelgast wird ihr gegenüber
auch zudringlich. Dabei hat sie an Sex sowieso
kein Interesse und gibt sich nach außen
unnahbar. Oder verbergen sich hinter der
coolen Fassade etwa bestimmte Sehnsüchte.
Als sich die sexistischen Ereignisse im
"Birdcage Inn" dramatisch zuspitzen
und die bildschöne Jin-Ah zunehmend
von sämtlichen Männern ausgebeutet
und misshandelt wird, beginnt sich Hye-Mi
plötzlich um das Mädchen zu kümmern.
Die anfängliche Feindseligkeit entpuppt
sich als heimliches Begehren. Verschämt
holt sie ein zusammengeknülltes Foto
ihrer Angebeteten hervor und wagt alsbald
zu ihren Gefühlen zu stehen...
Birdcage Inn interpretiert das Sprichwort
“Was sich liebt, das neckt sich”
als Extremvariante. Der harte Kampf zwischen
den Frauen wirkt durch die Präsenz
männlicher Gewalt um so vehementer
– und verwandelt sich gegen Ende in
eine Welle zartschmelzender Romantik, wie
sie nur das koreanische Kino dramaturgisch
aufzubereiten versteht.
am 06.02.2005 um 20.30 Uhr
55. INTERNATIONALE
FILMFESTSPIELE BERLIN
Vom 11. – 20.02.2005
ist das Zeughauskino wieder Spielstätte
der Berlinale mit ausgewählten Filmen
der Retrospektive „Stanley Kubrick“
sowie einem täglich wechselnden Sonderprogramm
zum Thema "Marshall Plan Filme: Selling
Democracy II – Winning the Peace".
Nähere Angaben entnehmen Sie bitte
dem offiziellen Filmfestival-Programm. Es
gelten die Eintrittspreise der Berlinale.
RETROSPEKTIVE
STANLEY KUBRICK
Stanley Kubrick: A Life in Pictures
GB 2000, R: Jan Harlan,
144’ OF
Filmproduzent Jan Harlan
ist der Schwager von Stanley Kubrick und
war seit Clockwork Orange als ausführender
Produzent für Kubrick tätig. Harlan
zeigt unveröffentlichte Amateuraufnahmen
aus dem Privatarchiv des öffentlichkeitsscheuen
und zurückgezogen lebenden Regisseurs,
der in seinem Leben nur äußerst
selten Interviews gab. Eine kleine Sensation
sind die von Kubricks Vater auf 16 Millimeter
gedrehten Filmaufnahmen, die den zehnjährigen
Stanley beim Tanzen zeigen. Ein witziges
Dossier, in dem Kubrick seinen Familienmitgliedern
Anweisungen gab, wie ein Streit zwischen
seinen zwei Lieblingskatzen zu schlichten
sei, geben Einblicke in das Denken des Perfektionisten,
der selbst sein Privatleben wie ein Schachspiel
durchdachte. Kein geringerer als Tom Cruise
begleitet als Conferencier und Offsprecher
den Zuschauer durch diese überaus gekonnt
zusammengestellte Mischung aus Nachruf und
filmischer Biografie. Die Filmografie Kubricks
wird fachkundig kommentiert von Regiekollegen,
Autoren und Komponisten. Bislang unveröffentlichte
Archivaufnahmen von den Dreharbeiten sowie
interessante Statements von prominenten
Regiekollegen wie Steven Spielberg, Woody
Allen und Martin Scorsese geben faszinierende
Einblicke in die einzelnen Etappen der künstlerischen
Entwicklung dieses visionären Filmemachers,
der sich neben Chaplin, Welles, Lubitsch,
Huston und Altman in die Ehrengalerie derjenigen
einreiht, die nie einen Oscar erhielten.
Der Zuschauer erhält auch erstmals
Einblicke in unrealisierte Projekte wie
die "Aryan Papers", ein Film über
den Holocaust, den Kubrick verwarf, weil
Steven Spielberg kurz zuvor mit den Dreharbeiten
zu Schindler’s List begann.
am 23.02.2005 um 20.00 Uhr
Day of the Fight
USA 1950, R: Stanley Kubrick,
16' OF
Ein Tag im Leben des Boxers
Walter Cartier. Der Kurzfilm war ursprünglich
als Teil der "March of Time"-Serie
konzipiert worden, allerdings wurde die
Serie eingestellt, bevor der Film fertig
war. RKO kaufte den Film für etwa den
Preis, den er gekostet hat (ca. 3.900 Dollar),
und zeigte ihn im Paramount-Filmtheater
in New York. Kubrick hatte über den
Boxer bereits eine Fotoserie in der Zeitschrift
Look gemacht. In Day of the Fight beobachtet
man die Brüder Cartier bei der Frühmesse,
bei den Vorbereitungen des Kampfes, der
offiziellen Gewichtsabnahme und der Fahrt
zur Arena. Walter Cartier gewinnt den Kampf
in der zweiten Runde durch K.O.
Flying Padre
USA 1951, R: Stanley Kubrick,
9' OF
Dieser Kurzfilm zeigt,
wie der katholische Priester Fred Stadtmueller
seine Gemeinde in New Mexico betreut. Da
seine Gemeinde über 650 Quadratkilometer
verstreut lebt, benutzt er zu diesem Zweck
ein Flugzeug. Der Film beobachtet seine
Arbeit zwei Tage lang, u.a. eine Beerdigung
und wie der Priester eine Mutter mit ihrem
kranken Kind ins Krankenhaus fliegt.
The Seafarers
USA 1952, Stanley Kubrick,
30' OF
Im Auftrag der Internationalen
Seemannsgewerkschaft entstand Kubricks erster
Farbfilm The Seafarers, eine Dokumentation
über die Arbeit von Seeleuten.
Killer’s Kiss
Der Tiger von New York
USA 1955, R: Stanley Kubrick, D: Frank Silvera,
Jamie Smith, Irene Kane, Jerry Jarret, 67'
OmfranzU
Der zweite Langspielfilm,
den Kubrick drehte, war Killer's Kiss. Er
stellte den Film mit einem geringen Budget
vorwiegend in den Straßen New Yorks
her. Dabei fungierte Kubrick als Autor,
Regisseur, Kameramann, Produzent und Cutter
zugleich. Das Ergebnis ist ein überraschendes
kleines Meisterwerk des "Film noir",
das geschickt Elemente des Melodrams und
des Thrillers miteinander kombiniert.
Die Geschichte: Der alternde Killer und
Unterwelt-Geschäftsmann Vincent Rapallo
nennt das Mädchen Gloria sein eigen.
Eines Tages verliebt sich der unbekannte
Boxer Davy in Gloria. Dies kann Rapallo
nicht dulden – er verschleppt Gloria
und versucht, Davy aus dem Weg zu räumen.
Nach einer dramatischen Jagd tötet
Davy in einer menschenleeren Schaufensterpuppenfabrik
den Gangster im Kampf.
am 25.02.2005 um 18.15 Uhr
Spartacus
USA 1960, Regie: Stanley
Kubrick, D: Kirk Douglas, Laurence Olivier,
Jean Simmons, Tony Curtis, 198' OmU
Als Vorlage zum Film diente
ein Roman vom Erfolgsromancier Howard Fast;
er schrieb mit der Geschichte des Sklavenaufstands
(74 v. Chr.) eine Parabel auf die Notwendigkeit,
die persönliche Freiheit zu behaupten.
Dass dieser moralische Anspruch in den aufwendigen
Dekors nicht zu pathetisch ausfällt,
ist vor allem das Verdienst von Stanley
Kubrick, der erst kurz vor Drehgebinn auf
persönlichen Wunsch von Produzent und
Hauptdarsteller Kirk Douglas zum Regisseur
des Films bestimmt wurde.
Kubrick zeigt die Ereignisse um den Kampf
des thrakischen Sklaven und Gladiators Spartacus
gegen seinen Widersacher, den Patrizier
Crassus. Geschildert werden die Gladiatorenkämpfe
des Helden, seine Liebe zu einer Sklavin,
seine großen Erfolge als Anführer
der Rebellion und sein letztliches Scheitern
an der Übermacht des römischen
Reiches.
Es ist "... kein Wunder, wenn das Urteil
über Spartacus anders ausfällt,
je nachdem, ob er als ein Kubrick-Film oder
als eine Genre-Produktion bewertet wird.
Im ersten Fall gilt heute, dass sich Kubrick
in späteren Jahren von dem Film distanzierte.
Im zweiten aber verschiebt sich der Kontext
der Bewertung, dann steht Spartacus in der
Reihe der Antikfilme, die Hollywood in den
fünfziger und sechziger Jahren produzierte.
Und in diesem Kontext ragt der Film als
eines der besten Beispiele des monumentalen
und spektakulären Genres heraus."
(Rainer Rother)
am 25.02.2005 um 20.30 Uhr
Lolita
USA 1962, R: Stanley Kubrick,
D: James Mason, Shelley Winters, Sue Lyon,
Peter Sellers, 152' OF
Acht Jahre nach dem Skandalerfolg
seines Romans "Lolita" schreibt
Vladimir Nabokov das Drehbuch zu Kubricks
Film über eine minderjährige Nymphe.
Hier ist sie mit 15 Jahren drei Jahre älter
als im Buch. Die Basics der Geschichte bleiben
gleich, trotzdem unterscheidet sich Lolita,
der Film, grundlegend von "Lolita",
dem Roman. Zwar besitzt Nabokov den Leinwandcredit
als Drehbuchautor, doch von seinem Script
ließen Kubrick und Co-Produzent Harris
in ihrer Bearbeitung nicht viel übrig:
"Humbert, der Stiefvater und Liebhaber
Lolitas – in Nabokovs Roman Täter
und Opfer, diabolisches Monster und kläglicher
Wicht gleichermaßen – wird bei
Kubrick zum alleinigen tragikomischen Opfer.
Ein Spielball der Interessen anderer Figuren,
kaum mehr als ein Trottel..." (Lars
Penning)
Wie im Buch verletzt die Story auch im Kino
Tabuthemen. Der Film behandelt erstmals
im großen Publikumskino das Thema
sexueller Hörigkeit in relativ unverschlüsselter
Form.
am 26.02.2005 um 18.15 Uhr
A Clockwork
Orange
GB 1971, R: Stanley Kubrick,
D: Malcolm McDowell, Patrick Magee, Michael
Bates, Warren Clarke, 135' OF
Eigentlich wollte Kubrick nach 2001: A
Space Odyssey ein monumentales Epos über
Napoleon drehen, doch kein Studio war bereit,
das ökonomische Risiko einer solchen
Großproduktion zu übernehmen.
So suchte Kubrick nach einem Stoff für
einen "kleinen" Film und verfiel
schließlich auf Anthony Burgess' Roman
"A Clockwork Orange", den er während
der Dreharbeiten zu Dr. Strangelove gelesen
hatte: "Der erzählerische Erfindungsreichtum
des Buchs war magisch. Die Charaktere waren
bizarr und aufregend, die Ideen brilliant,
und die Story hatte – was ebenso wichtig
war – die richtige Länge und
Dichte, um für den Film adaptiert zu
werden, ohne sie vereinfachen oder bis aufs
nackte Gerüst reduzieren zu müssen."
(Stanley Kubrick) Die Veränderungen,
die Kubrick in seinem Drehbuch gegenüber
dem Roman vornahm, sind daher auch minimal.
"Allerdings berücksichtigte Kubrick
bei seiner Adaption das letzte Romankapitel
nicht, das in der amerikanischen Ausgabe,
die er las, fehlte. Erst kurz vor Fertigstellung
des Drehbuchs erfuhr der Regisseur von dessen
Existenz" (Andrea Hanke und Annette
Kilzer), entschied sich dann aber doch für
ein anderes, weniger optimistisches Ende
als im Roman.
am 26.02.2005 um 21.00 Uhr
Dr. Strangelove
or: How I Learned to Stop Worrying and Love
the Bomb
Dr. Seltsam oder: Wie
ich lernte, die Bombe zu lieben
GB 1964, R: Stanley Kubrick, D: Peter Sellers,
George C. Scott, Sterling Hayden, Keenan
Wynn, 95’ OF
Der wahnsinnige US-General
Jack D. Ripper verschanzt sich in seinem
Luftwaffenstützpunkt und setzt die
atomare Vernichtungsmaschinerie gegen Sowjetrussland
in Gang. Während der Präsident
der USA vollkommen hilflos ist, wirkt der
sowjetische Parteichef am anderen Ende des
heissen Drahts leicht alkoholisiert. Der
nukleare Gegenschlag rollt an. Da erscheint
Dr. Strangelove aus der Versenkung, ein
deutscher Wissenschaftler, dessen Arm immer
wieder zwanghaft zum Hitlergruss emporschnellt.
„Das Drehbuch zum Film verfasste Stanley
Kubrick gemeinsam mit dem ausgewiesenen
Satiriker Terry Southern und einem ehemaligen
Offizier der Royal Air Force, Peter George.
So grotesk überzeichnet und absurd
einzelne Details des Filmes sind, so präzise
und realistisch ist zugleich die Beschreibung
der militärischen Eskalationslogik.
Der gesamte Film ist eine treffsichere Fiktion.
So auch der berühmte, von Ken Adam
gestaltete >war room< des Pentagons,
der so glaubhaft wirkte, dass später
viele Besucher des amerikanischen Verteidigungsministeriums
in eben diesen, in Wirklichkeit nicht existenten,
Raum geführt werden wollten.“
(www.arte-tv.com)
am 27.02.2005 um 18.15 Uhr
2001: A Space Odyssey
2001: Odyssee im Weltraum
GB 1968, R: Stanley Kubrick, D: Keir Dullea,
Gary Lockwood, William Sylvester, Leonard
Rossiter, Vivian Kubrick, 141’ OF
Ein Jahr vor dem ersten
bemannten Mondflug drehte Stanley Kubrick
nach einer Novelle von Arthur C. Clarke
aus dem Jahre 1950 den Science-Fiction-Klassiker,
der für viele Kultcharakter besitzt.
Auf dem Mond wird ein vier Millionen Jahre
alter Monolith gefunden, der Signale in
Richtung Jupiter sendet. Eine Expedition
wird ausgerüstet, um das Rätsel
zu lösen. An Bord des Raumschiffs "Discovery“
sind die Astronauten Bowman und Pool, drei
Wissenschaftler im Tiefschlaf und der superintelligente
Computer HAL 9000. Kurz vor dem Ziel spielt
HAL 9000 verrückt und bringt die Besatzung
um, nur der Astronaut Bowman überlebt.
In einer kleinen Raumfähre folgt er
dem riesigen Monolithen. Bowman erlebt seine
Wiedergeburt ...
"Kubricks fantastisches Kinoabenteuer
vereint technische Utopie und kulturphilosophische
Spekulation zu einer Weltraumoper von überwältigendem
Ausmaß. Der kühne gedankliche
Entwurf des Films (eine Entwicklungsgeschichte
der Menschheit voller Skepsis und bitterer
Ironie) wird mit nicht minder kühnen
optischen Effekten und einer revolutionären
Tricktechnik realisiert, die das Genre des
Science-Fiction-Films in den folgenden Jahren
entscheidend prägten.“ (Lexikon
des Internationalen Films)
Der Film wurde von Dezember 1965 bis Mai
1966 in Studios in England gedreht. Die
Herstellung der Spezialeffekte dauerte von
Mitte 1966 bis Ende 1967. Nach der New Yorker
Premiere wurde der Film von Kubrick in zwei
Tagen von 160 auf 141 Minuten gekürzt.
Er erhielt 1968 einen Oscar für die
besten Spezialeffekte.
am 27.02.2005
um 20.30 Uhr
MÄRZ
2005
RETROSPEKTIVE
STANLEY KUBRICK
Paths
of Glory
Wege zum Ruhm
USA 1957, R: Stanley Kubrick, D: Kirk Douglas,
Ralph Meeker, Adolphe Menjou, George Macready,
86’ OF
Im Jahr 1916 ist der Erste
Weltkrieg zur blutigen Stellungsschlacht
geworden. Man hat sich eingegraben in die
labyrinthischen Stellungen, jede Bewegung
der Front ist mit enormen Verlusten verbunden.
In dieser Situation erteilt General Broulard
den selbstmörderischen Befehl, eine
deutsche Hügelstellung zu stürmen
und innerhalb 48 Stunden einzunehmen. Divisionskommandeur
Mireau versucht, seinem Vorgesetzten klar
zu machen, dass dieser Angriff nicht nur
selbstmörderisch, sondern auch von
keinerlei militärischem Wert ist. Als
Broulard mit einer Beförderung winkt,
beginnt Mireau die Lage optimistischer zu
beurteilen. Seinem Untergebenen Colonel
Dax rechnet er vor, dass ihm nach den üblichen
Verlusten im Niemandsland durch eigenes
Sperrfeuer noch ca. 65 Prozent seiner Männer
zur Erstürmung des Hügels bleiben
werden. Dax wehrt sich vehement gegen das
unsinnige Unternehmen, muss sich aber schließlich
dem militärischen Befehl beugen…
„Die Intensität, die Kubrick
in Paths of Glory herzustellen versteht,
verdankt sich nicht der Identifikation des
Zuschauers mit den Figuren: weder seinem
Mitleid mit den unschuldigen Opfern noch
seiner Sympathie mit dem aufrechten, scheiternden
Dax. Sie verdankt sich nicht einmal der
Abscheu, die der Regisseur auf die Generäle
und ihre willigen Handlanger lenkt. Die
Intensität von Paths of Glory ist eine
spezifisch filmische Intensität: Sie
resultiert aus dem Umgang mit der Kamera,
dem genauen Timing, dem Blick für Details.“
(Christoph Haas)
am 03.03.2005
um 18.15 Uhr
The Killing
Die Rechnung ging nicht auf
USA 1956, R: Stanley Kubrick, D: Sterling
Hayden, Coleen Gray, Vince Edwards, Jay
C. Flippen, 83’ OmU
The Killing ist das Resultat
glücklicher und schicksalshafter Fügungen:
„Alexander Singer, ein Freund aus
High-School-Tagen, machte Kubrick mit James
B. Harris bekannt. Dieser schlug dem gleichaltrigen
Kubrick nach einer Vorführung von Killer’s
Kiss vor, seinen nächsten Film zu produzieren.
Die beiden gründeten die Firma Harris-Kubrick
Pictures, mieteten Büroräume an
und hielten nach einem geeigneten Projekt
Ausschau. In einem Buchladen stieß
Harris auf den 1950 veröffentlichten
Kriminalroman >Clean Break< von Lionel
White. Kubrick gefiel der Stoff und Harris
erwarb für 10.000 Dollar die Filmrechte.“
(Robert Müller)
Dieser Film, den Kubrick „…
später selbst seine >erste wirklich
professionelle Arbeit< genannt haben
soll, erzählt ganz ähnlich wie
Rififi von Jules Dassin einen Raub, in diesem
Fall auf der Pferderennbahn. Das Besondere
dabei ist die Detailgenauigkeit und Ausführlichkeit,
mit der sich der Film der Tat widmet. Tatsächlich
besteht er ausschließlich aus den
Vorbereitungen, dem Raub und dem anschließenden
Beuteteilen. The Killing entstand ein Jahr
später als Rififi, setzt sich aber
vom Vorläufer einerseits ab durch die
enorm hohe Erzählgeschwindigkeit, die
ihn viel mehr als >Actionfilm<, denn
als >Film Noir< klassifiziert, andererseits
durch überlappende Zeitebenen, in denen
die eine Woche erzählter Zeit verschachtelt
ist.“ (Achim Wiegand)
am 03.03.2005
um 20.30 Uhr
WIEDERENTDECKT
Der Augenzeuge
DDR 1958 (aus der gleichen Woche wie der
Hauptfilm)
Geschwader Fledermaus
DDR 1958, R: Erich Engel,
D: Wolfgang Heinz, Christine Laszar, Otto
Stark, Günther Simon, Kurd Pieritz,
98 ’
Neun Jahre nach seinem
Biberpelz kehrte Regisseur Erich Engel zur
DEFA zurück, um hier seinen letzten
Kinofilm zu inszenieren. Als Vorlage diente
ihm ein Bühnenstück von Rolf Honold,
das ins Vietnam des Jahres 1954 führt.
Hier unterstützt ein privates US-amerikanisches
Transportgeschwader unter Leitung des ehemaligen
Generals Lee die französische Kolonialarmee.
Obwohl man eigentlich nur Verwundete aus
der Kampfzone herausfliegen soll, wird bald
auch Munition transportiert. Dabei kommt
ein Pilot nach dem anderen ums Leben...
– Eine DEFA-Variante des französischen
Klassikers Lohn der Angst.
„Erich Engel (...) hat den Film als
Reißer konzipiert und als Reißer
verwirklicht. Das war künstlerische
Absicht. Und es erhebt sich die Frage: Hätte
man an diesen Film überhaupt anders
herangehen können? Dann wäre niemals
diese Wirkung erzielt worden! Die künstlerischen
Mittel waren also nicht nur zulässig
und tauglich. Sie waren in diesem Falle
unumgänglich.“ (Filmspiegel,
2/1959)
„Nicht oft waren wir in der letzten
Zeit so gepackt, so bis zum Atemanhalten
gefesselt wie hier. Diese nicht abreißende
Spannung wird nicht durch billige dramatische
Effekte erreicht, sondern durch die Sache
selbst, d.h. durch die lebensechte Darstellung
jenes runden Dutzends von Piloten und Soldaten.“
(Sonntag, 52/1958)
Einführung:
Ralf Schenk
Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit
CineGraph Babelsberg und dem Bundesarchiv-Filmarchiv.
am 04.03.2005
um 21.00 Uhr
RETROSPEKTIVE STANLEY
KUBRICK
The
Shining
Shining
USA 1980, R: Stanley Kubrick, D: Jack Nicholson,
Shelley Duvall, Danny Lloyd, Scatman Crothers,
Barry Nelson, 119’ OF
Jack Torrance, ein Schriftsteller
in einer Schreibkrise, verbringt mit seiner
Frau Wendy und seinem hellseherisch begabten
Sohn Danny den Winter als Hausmeister in
einem riesigen, eingeschneiten Berghotel
und verfällt in dessen labyrinthischen
Räumen allmählich dem Wahnsinn.
Das labyrinthische Haus provoziert Halluzinationen
und Angstträume, stürzt den Mann
in eine Identitätskrise und treibt
ihn zur zwanghaften Wiederholung einer Bluttat,
die vor Jahren im Hotel geschah: Er attackiert
seine Frau und seinen Sohn, die mit knapper
Not dem Mordanschlag entgehen.
„Vom Dialog über die metaphorische
Umsetzung bis zur konkreten Zuspitzung,
von der Kameraoperation über die Inszenierung
des Raumes bis zur furiosen physischen Konfrontation:
The Shining strotzt geradzu vor solchen
sämtliche Möglichkeiten der filmischen
Darstellung nutzenden Motivketten. Kubrick
spielt mit Andeutungen und Fingerzeigen,
mit Quer- und Rückverweisen, mit Variationen
und Entwicklungen, wobei dies mal mehr,
mal weniger versteckt geschieht.“
(Frank Schnelle)
Der Titel des Romans basiert übrigens
laut Stephen King auf dem Lied "Instant
Karma!" von John Lennon, das den Refrain
"And we all shine on" enthält.
am 05.03.2005
um 18.15 Uhr
Barry Lyndon
GB 1975, R: Stanley Kubrick,
D: Ryan O'Neal, Marisa Berenson, Hardy Krüger,
Patrick Magee, Steven Berkoff, 184’
OF
Barry Lyndon erzählt die Geschichte
des irischen Abenteurers Redmond Barry,
der Mitte des 18. Jahrhunderts auszieht,
um sich einen besseren Platz in der Gesellschaft
zu erkämpfen. Barry duelliert sich
aus Liebe zu seiner Cousine, muss fliehen,
wird beraubt, verdingt sich beim englischen
Heer, desertiert von dort, wird dazu gezwungen,
in die preussische Armee einzutreten, wird
Assistent eines professionellen Falschspielers
und lernt in dieser Funktion die reiche
Lady Lyndon kennen, die er schliesslich
heiratet.
„Kubricks Ziel war es, den Film ganz
im Stil zeitgenössischer Malerei zu
inszenieren, und so wirken die Bilder denn
auch wie Gemälde. Jedes Detail ist
hier gesetzt, die Darsteller spielen nicht,
sondern sind Teil der minutiösen Arrangements.
Alles, von der Gürtelschnalle, über
das Laub, die Möbel und die Wolken
scheint hier exakt positioniert. Legendär
sind die Innenaufnahmen bei Kerzenlicht,
für die ein ursprünglich für
die NASA entwickeltes Photoobjektiv zum
Einsatz kam. Aus diesen Bildern ist jeglicher
Zufall verbannt, die kleinste Handbewegung,
der dezenteste Augenaufschlag ist ein präzis
gesetzter Teil einer grossen Bildersymphonie.
Die Kamera unterstützt den gemäldehaften
Charakter des Filmes noch zusätzlich.
Immer wieder kommen lange Rückwärtszooms
zum Einsatz, die die tableauartigen Bilder
langsam enthüllen.“ (Simon Spiegel)
am 05.03.2005
um 20.30 Uhr
Full Metal Jacket
GB/ USA 1987, R: Stanley
Kubrick, D: Matthew Modine, Adam Baldwin,
Vincent D¹Onofrio, R. Lee Ermey, 116’
OF
Wir befinden uns in einem
Ausbildungslager der 'US-Marines' während
des Vietnamkrieges. Den neuen Rekruten werden
Kahlköpfe geschoren, sie werden in
Uniformen gesteckt und erhalten neue Namen:
Private Joker, Private Cowboy, Private Pyle
etc. Sie werden einer physischen und psychischen
Tortur unterzogen, werden gedemütigt,
beschimpft und mit Hass aufgeladen. Harter
Schnitt: Ortswechsel. Wir folgen dem Soldaten
Joker nach Vietnam, wo er als Kriegsberichtserstatter
eingesetzt ist. Zusammen mit einem Kollegen
wartet er auf den nächsten Fronteinsatz.
„Full Metal Jacket ist die Quintessenz
und Umkehrung des Kriegsfilmgenres: (Anti-)
Kriegsfilme versehen die Bilder der Gewalt
gängigerweise mit moralischen Botschaften.
Und sie zeigen (oft gebrochene) Helden,
die der Prüfung des Krieges meist entkommen.
Bei Kubrick hingegen gibt es keine ethischen
Haltegriffe mehr. Die Radikalität von
Full Metal Jacket erweist sich in dem kompletten
Verzicht, die Verhältnisse, die gezeigt
werden, rhetorisch, dramaturgisch oder bildsprachlich
zu kritisieren.“ (Stefan Reinecke)
am 06.03.2005
um 18.15 Uhr
Eyes
Wide Shut
USA/ GB 1999, R: Stanley
Kubrick, D: Tom Cruise, Nicole Kidman, Madison
Eginton, Jackie Sawiris, 154’ OmU
Nach einem heißen
Flirt mit einem Unbekannten offenbart Alice
Harford ihrem Ehemann William ihre tiefsten
sexuellen Fantasien. Verstört flieht
William in die Nacht hinaus, wo er durch
verschiedene Begegnungen mit dem weiblichen
Geschlecht in Versuchung gebracht wird.
Die Geschichte dieses Films begann vor 30
Jahren, als Stanley Kubrick nach Fertigstellung
von 2001: Odyssee im Weltraum über
einen Strohmann die Rechte an Arthur Schnitzlers
„Traumnovelle“ (1926) kaufte.
Mit den ersten Drehbuchentwürfen des
Autors Frederic Raphael war er jedoch unzufrieden,
so daß das Projekt zunächst auf
Eis gelegt wurde. Kubrick sprach erstmals
1973 öffentlich darüber, seit
längerem eine Verfilmung der „Traumnovelle“
zu planen. Doch erst 20 Jahre später
begannen die konkreteren Vorbereitungen
des Projekts - nachdem Kubricks Ehefrau
Christiane jahrelang strikt dagegen gewesen
war.
„Man braucht keine blühende Phantasie,
um sich vorzustellen, was Stanley Kubrick
über 30 Jahre lang an Schnitzlers Novelle
gereizt hat. Da ist das dichte Geflecht
aus Leitmotiven (>Dänemark<),
das die ganze Erzählung durchzieht.
Da ist die innige Verbindung von Sexualität
und Tod, Nacktheit und Geheimnis, Lust und
Betrug, die mit gespenstischer Zweideutigkeit
aufgeladene Atmosphäre einer Welt im
Übergang vom bürgerlichen zum
industriellen Zeitalter. Da sind die Verschiebungen
zwischen Innen und Außen, die Sprünge
zwischen Wachsein und Traum, die das Geschehen
bestimmen.“ (Andreas Kilb)
am 06.03.2005
um 20.30 Uhr
EIN DEUTSCHER FILMSTIL?
– LENI RIEFENSTAHL u.a.
Olympia
– Fest der Völker (Teil 1)
Olympia – Fest der Schönheit
(Teil 2)
D 1936-38, R: Leni Riefenstahl,
Teil 1: 126’, Teil 2: 100'
Olympia ist der zweite
großangelegte Dokumentarfilm Leni
Riefenstahls im Auftrag des nationalsozialistischen
Regimes. Die Olympischen Spiele 1936 in
Berlin werden als ästhetisches Schauspiel
von mythischer Dimension dargestellt. Ein
Prolog führt ins antike Griechenland,
verfolgt den Weg des olympischen Feuers
bis nach Berlin und leitet über zu
einer Chronologie der Wettkämpfe, die
mit großem Aufwand und ausgefeiltem
technischen Raffinement wiedergegeben werden.
In einer wiederum beispiellosen Gründlichkeit
wurde die Arbeit bereits lange vor Beginn
der Spiele aufgenommen: Im August 1935 erhielt
Leni Riefenstahl den Auftrag zum Olympia-Film,
im Oktober wurde der Vertrag geschlossen,
im November die Olympiade-Film GmbH gegründet.
Bis zum Beginn der Spiele waren in der Vorbereitungsphase
die besten Kamerapositionen festgelegt worden,
hatte es Tests mit verschiedenen Filmmaterialien
gegeben und war ein Team verpflichtet worden,
groß genug, um die zu erwartende Menge
belichteten Filmmaterials zu ordnen.
Die verschiedenen Sportarten wurden, soweit
es die Lichtverhältnisse und die Vorgaben
der Kampfrichter erlaubten, umfassend dokumentiert.
Am Ende waren 400.000 Meter Film belichtet
-- mehr als 200 Stunden. In über einem
Jahr Arbeit wurde der Film auf eine Länge
von gut 4 Stunden gebracht, vertont und
mit synchronisierten Geräuschen unterlegt.
Am 20. April 1938 - dem 49. Geburtstag Hitlers
und in seiner Anwesenheit - wurde der Film
uraufgeführt. Die logistische Leistung,
die hinter den Aufnahmen und der Postproduktion
stand, mußte sich nun dem Urteil stellen,
ob die 1,5 Millionen Reichsmark, die der
Film mindestens gekostet hatte, im Sinne
der nationalsozialistischen Propaganda gut
angelegt waren. Die Premiere und die weiteren
Vorstellungen in Deutschland gerieten zu
enthusiastischen Feiern. Der Erfolg und
die publizierte Zustimmung hätten größer
nicht sein können.
Die Konzentration auf die "reine"
Schönheit von Körpern und Bewegungen,
die "zeitlose" Sinnlichkeit der
Bilder, die künstlerischen Ambitionen
in Fotografie und Montage wurden von der
Regisseurin später als unpolitische
Ausdrucksmittel verteidigt.
am 10.03.2005
um 18.15 Uhr Teil 1
um 20.30 Uhr Teil 2
und
am 02.04.. um 20.30 Uhr Teil 1
und am 03.04. um 18.15 Uhr Teil 2
Kulturfilme: Olympische
Spiele
Kleine
Weltreise durch
Berlin
R: Hans Barkhausen, 1936,
ca. 13’
Ausländische Baustile in einer großen
Stadt: Ein Filmfeuilleton.
Olympiastadt Berlin
P: Boehner Film Dresden,
1937, 11'
Die KDF-Stadt
Untertitel: Eine Frohe
Erinnerung an die 11. Olympiade in Berlin
R: Otto Geiger, 1936, 12'
In Berlin sollte die "KdF-Stadt"
(Kraft durch Freude) 1936 jedem "deutschen
Volksgenossen" den Besuch der Olympischen
Spielen ermöglichen. In den eigens
erbauten Häusern in der Nähe des
Berliner Olympiastadions wurden günstige
Unterkünfte und Verpflegung angeboten.
Die
Jugend der Welt
R: Carl Junghans, 1936,
31'
Die Jugend der Welt versucht
in impressionistischer Manier, die stark
mit Montagen arbeitet, unterstützt
von einer dynamischen Musik ein Bild der
olympischen Winterspiele von 1936 zu geben,
wobei auf die Herausarbeitung von Einzelheiten
vielfach verzichtet wurde. Die Sieger werden
oftmals nur durch die Flagge des Landes
und das Aufspielen der Nationalhymne gekennzeichnet.
Die Fotographie arbeitet mit künstlerischen
Effekten, Gegenlicht und Bewegungseffekten,
in dem man z.B. die Kamera auf Skiern montiert
mitfahren lässt.
am 11.03.2005
um 18.15 Uhr
Der heilige
Berg
D 1925/ 26, R: Arnold
Fanck, D: Leni Riefenstahl, Luis Trenker,
Ernst Petersen, Hannes Schneider, 90'
In dieser tragische Dreiecksgeschichte
zwischen Diotima (Leni Riefenstahl) und
ihren rivalisierenden Verehrern Vigo und
dessen älterem Freund erzählt,
tritt Riefenstahl erstmals im Spielfilm
auch – und gleich in der Hauptrolle.
Fanck baut seinen Film auf die Kontraste
Natur-Kultur, Meer-Gebirge und Tanz-Skilauf.
Die perfektionierten Bestandteile seiner
Bergfilme – phantastische Naturaufnahmen,
atemberaubende Skifahrten und Kletterkünste
– wird um einen neuen Aspekt ergänzt:
die starke, verführerische Frau.
Von Arnold Fanck (1889-1974) für den
Film entdeckt, gibt Riefenstahl in Der heilige
Berg ihr Schauspielerdebüt. Damit beginnt
eine langjährige Zusammenarbeit mit
Fanck, der ihr in seinen Abenteuer- und
Bergfilmen wichtige Rollen gibt.
Die hier gezeigte Kopie wurde in Zusammenarbeit
der Friedrich Wilhelm Murnau Stiftung, dem
Bundesarchiv Filmarchiv und der Fondacione
Cineteca Italiana rekonstruiert. Die Rekonstruktion
erfolgte aus zwei verfügbaren Nitrokopien:
einer Sepia-colorierten Kopie aus dem Bundesarchiv
Filmarchiv und einer Schwarz/Weiss-Kopie
der Fondacione Cineteca Italiana. Die Texttafeln
stammen von der Bundesarchiv-Kopie oder
wurden anhand der Zensurkarte von 1926 des
deutschen Filminstituts rekonstruiert.
Musikalische Begleitung: Aljoscha Zimmermann
mit Ensemble
am 11.03.2005
um 20.30 Uhr
Nacht
und Nebel
Nuit et bruillard
nähere Angaben siehe im Text zum 01.2005
Februar 05
am 12.03.2005
um 18.15 Uhr
Panzerkreuzer
Potemkin
UdSSR 1925, R: Sergej
M. Eisenstein, D: Alexander Antonow, Wladimir
Barski, Grigori Alexandrow, 75'
Eisensteins berühmter
Revolutionsfilm entstand zum 20. Jahrestag
der Meuterei auf dem zaristischen Kriegsschiff
im Hafen von Odessa. Der genau durchkomponierte
Film folgt dem Schema einer antiken fünfaktigen
Tragödie: den Elementen Exposition
– Entwicklung der Handlung –
Höhepunkt – Katastrophe –
Lösung – werden jeweils eigene
Zwischentitel zugeordnet. Die bekannteste
Szene des Films ist das Massaker auf den
Stufen der "Treppe von Odessa":
Zaristische Soldaten marschieren in rhythmischem,
maschinenhaften Schritt eine endlos lang
erscheinende Treppe hinunter, während
sie in eine Menschenmenge feuern, die vor
den Soldaten die Treppe nach unten zu fliehen
versucht. Diese Szene wurde später
unzählige Male in Filmen imitiert.
Riefenstahl gab dem „Film-Kurier“
1926 ein Interview und darin ihrer Begeisterung
für „Potemkin“ Ausdruck
– ohne sich dessen bewusst zu sein,
dass der Film gerade von der Zensur verboten
worden war. Später wurden ihre eigenen
Propagandafilme oft mit dem russischen Revolutionsfilm
verglichen, nicht zuletzt, um ihre Filme
zu rechtfertigen. Eion schiefer Vergleich.
Das entscheidende politische Kriterium für
die Nicht-Vergleichbarkeit liegt darin,
dass die russischen Revolutionsfilmer nie
behaupteten, keine Propaganda gemacht zu
haben. Im Gegenteil: Gerade das haben sie
betont – daher auch ihre andere >Fallhöhe<.
Musikalische Begleitung: Aljoscha Zimmermann
mit Ensemble
am 12.03.2005
um 20.30 Uhr
Kulturfilme: Walter
Ruttmann
Metall
des Himmels
R: Walter Ruttmann, 1935,
14'
Mannesmann
R: Walter Ruttmann, 1937,
14'
Henkel, ein deutsches
Werk in seiner Arbeit
R: Walter Ruttmann, 1938,
26'
Deutsche Waffenschmieden
R: Walter Ruttmann, 1940,
12'
Nachdem der Kulturfilm
im Dritten Reich lange Zeit als Bruch mit
der Moderne, als regressiv, idyllisierend
oder platt propagandistisch charakterisiert
worden ist, hat die Kontroverse um Riefenstahls
und Ruttmanns Filme der unter Historikern
seit langem geführten Debatte über
Faschismus und Moderne auch in der Filmwissenschaft
neue Impulse gegeben.
Walter Ruttmann entwickelte sich vom Film-Avantgardisten
der 20er Jahre mit dokumentarischen Werbefilmen
wie Metall des Himmels, Mannesmann und Deutsche
Waffenschmieden im Dritten Reich zum Propagandisten
der Stahl- und Rüstungsindustrie, ohne
seinen avantgardistischen Filmstil ganz
aufzugeben. Dieser diente ihm im Gegenteil
nunmehr dazu, Modernität und Dynamik
der deutschen Schwerindustrie visuell eindrucksvoll
umzusetzen. Goebbels und sein Reichsfilmintendant
Fritz Hippler waren avantgardistischen Experimenten,
solange sie systemkonform blieben, durchaus
aufgeschlossen.
Der Kamerastil der Freiburger Bergfilm-Schule
um Arnold Fanck und einzelne Filme von Wilfried
Basse, Carl Junghans und Willy Zielke waren
neben Riefenstahls und Ruttmanns Filmen
schon von der Zeitschrift der Reichsfilmkammer
"Der deutsche Film" als neuer
deutscher Dokumentarfilmstil hervorgehoben
und diskutiert worden. Sie wollten weg von
der biederen semidokumenatrischen Kulturfilmerei
im Stile des idyllisierenden Kulturfilms
Ewiger Wald (R: Hanns Springer, Rolf von
Sonjewski-Jamrowski) und forderten einen
neuen nationalsozialistischen Dokumentarfilm-Stil,
wie ihn etwa Leni Riefenstahl in ihren "heroischen
Reportagefilmen" entwickelt hatte.
am 13.03.2005
um 18.15 Uhr
Berlin. Die Sinfonie
der Großstadt
D 1927, R: Walter Ruttmann,
69'
„Der Film Berlin.
Die Sinfonie der Großstadt hat unsere
Sicht auf die moderne Großstadt und
ihre filmische Darstellung radikal verändert.
Er ist kein populärwissenschaftlicher
Kulturfilm, kein Städteporträt
mit Postkartenansichten – eher ein
Dokument denn ein Dokumentarfilm, den es
als Genre noch nicht gab. Nach der Uraufführung
am 23. September 1927 lobte die Kritik vor
allem seine neuartige Form: der einer Sinfonie
nachempfundene Querschnitt durch den Ablauf
eines Tages, die den Rhythmus betonende
Montage, der Verzicht auf eine Spielhandlung
und auf Zwischentitel. Anhand präzise
beobachteter Einzelerscheinungen erforscht
Ruttmann das Wesen der Stadt. Er verzichtet
dabei auf eingefahrene Ansichten und Wiedererkennbarkeit
und verweigert sich vor allem der >Belehrungstaktik<
des zeitgenössischen Kulturfilms."
(www.fdk-berlin.de)
"Ruttmann hatte die Möglichkeiten
der Montage, die seit Eisensteins Panzerkreuzer
Potemkin als vor allem politisch motivierte
Erzählweise begriffen wurde, in einen
neuen Rahmen gestellt. Daß er mit
seiner rhythmisierten Darstellung >den
Dokumentarfilm der Nazis vorwegnehme<
(Goergen), ist deshalb ein weiterer Vorwurf.
Doch mit einer nationalsozialistischen Asthetik
hat der Film nichts zu tun, auch wenn die
Nazis an diese Tradition des Films der neuen
Sachlichkeit anknüpften." (Knut
Hickethier)
Musikalische Begleitung: Aljoscha Zimmermann
mit Ensemble
am 13.03.2005
um 20.30 Uhr
Mein Kampf
Schweden 1960, R: Erwin
Leiser, 122'
Erwin Leiser, der seit
seiner Emigration 1939 aus dem Dritten Reich
in Schweden lebte, erregte 1960 mit seinem
Film Mein Kampf großes Aufsehen. Es
ist ein Kompilationsfilm, zusammengestellt
aus mehr als 20.000 Metern Dokumentar- und
Wochenschauaufnahmen aus französischen,
sowjetischen, englischen, polnischen und
österreichischen Archiven sowie aus
der Filmsammlung des ehemaligen Propagandaministeriums
Babelsberg. Leiser hat darin auch rund 340
Meter Material aus Riefenstahls Triumph
des Willens verwendet. Die Produktionsfirma
Minerva hatte die Rechte daran aus dem Staatlichen
Filmarchiv der DDR erworben. Riefenstahl
klagte wegen Urheberrechtsverletzung und
forderte Gewinnbeteiligung. Erwin Leiser
schrieb zu dieser Konfrontation mit Leni
Riefenstahl: "Da Triumph des Willens
von der Reichsparteitagstelle der NSDAP
produziert wurde, ist der Film heute Eigentum
der beiden deutschen Staaten, als Rechtsnachfolger
der Partei. Für den von mir gestalteten
Film Mein Kampf erwarb die Herstellerin,
Minerva International Films AB in Stockholm,
1960 die Weltrechte an 337,67 Metern aus
Triumph des Willens. Leni Riefenstahl verlangte
eine Beteiligung an den Einnahmen aus meinem
Film ... und verlor den Prozeß in
drei Instanzen, zuletzt 1969 beim Bundesgericht
in Karlsruhe."
Die damaligen Pressekommentare zu Riefenstahls
Ansprüchen ähnelten sich bemerkenswert.
"Problematisch schien den Kommentatoren
insbesondere, dass die Regisseurin dreier
Parteitagsfilme aus einem Werk finanziellen
Nutzen ziehen wollte, das sich als Aufklärung
über die nationalsozialistischen Verbrechen
verstand. Unterschwellig oder ganz offen
warfen sie Riefenstahl vor, vom Nationalsozialismus
profitiert zu haben, was ihre jetzigen Ansprüche
moralisch diskreditiere." (Rainer Rother)
am 17.03.2005
um 18.15 Uhr
Die Macht
der Bilder
D/ GB/ F 1993, R: Ray
Müller, 181'
Leni Riefenstahl zu porträtieren
ist ein "mehr oder weniger unmögliches
Unterfangen; der Mut von Ray Müller
besteht vielleicht darin, daß er sich
dieser Unmöglichkeit bis zu einem gewissen
Grad bewußt ist. Was wir indes zu
sehen bekommen, ist ein Spiel von Macht
und Verführung. Ein Objekt der Beobachtung
namens Leni Riefenstahl widersetzt sich
der Befragung, das eine Mal mit Gewalt,
das andere Mal mit Verstellung, sie versucht
hier, den Film für sich zu benutzen,
dort, ihn zu zerstören, wo sie die
Kontrolle zu verlieren droht. Der Filmemacher
versucht es mit Beharrlichkeit, mit Freundlichkeit,
mit dem Rollenspiel eines aufmerksamen >Sohnes<
oder Schülers; er will sozusagen mit
allen Mitteln Leni Riefenstahl zum Sprechen
bringen, aber ihr Panzer ist nicht zu knacken.
(...) Ein wenig weich und offen wird sie
nur, wenn sie vom technischen und ästhetischen
Gelingen ihrer Aufnahmen spricht, aber selbst
in den Bewegungen in solchen Situationen
spüren wir noch die Selbstinszenierung."
(Georg Seeßlen)
Ray Müller hat in einem Interview seine
Position und das Dilemma des Films so beschrieben:
"Sie erwartete immer, wir machten eine
Hommage – und ich habe immer gesagt:
Wenn wir eine Hommage machen, dann würde
das nicht gesendet. Bis zum Schluss hat
sie das wohl nicht verstanden. Ich wollte
so fair, aber auch so kritisch wie möglich
sein. Die Auseinandersetzung darüber
zwischen Macher und Star zieht sich durch
den ganzen Film."
am 17.03.2005
um 20.30 Uhr
Hände
am Werk
D 1935, R: Walter Frentz,
53'
Der Regisseur Walter Frentz
war 1934 Kameramann bei Leni Riefenstahls
NS - Reichsparteitagsfilm Triumph des Willens
und drehte danach selbst den NS - Auftragsfilm
über die deutsche Arbeitswelt. Hände
am Werk ist Walter Frentz' filmische Sinfonie
der Arbeit.
In einem von Peter Zander aufgezeichneten
Gespräch mit dem Sohn Hanns-Peter Frentz
erzählt er über die Entstehung
des Films Folgendes: "Mein Vater bekam
also 1934 den Auftrag für einen Film
über die deutsche Arbeitswelt: Hände
am Werk. Es gab schon reichlich Material.
Er sichtete es und sagte: >Damit kann
ich keinen vernünftigen Film machen.<
Er schlug dem Propagandaministerium vor,
ein Jahr durch Deutschland zu fahren, verschiedenste
Bereiche der Arbeitswelt aufzunehmen und
am Schluss eine Sequenz mit Hitler, am 1.
Mai redend, anzuhängen. Das ist wohl
der ungewöhnlichste Film, den er je
gemacht hat - geschnitten nach einer expressiven
Musik von Walter Gronostay, und der war
Kommunist.
Der Film war so avantgardistisch und hatte
formal so starke Bezüge zum sowjetischen
Film, dass er sehr schnell in den Archiven
verschwand. Goebbels immerhin soll gesagt
haben: >Der Frentz ist ein halbes Genie.<
Das hat meinen Vater getröstet: Lieber
ein halbes Genie als gar keins. Das Aufbauen
von Frentz gegen Riefenstahl scheiterte
auch daran, dass er keine Lust hatte, im
Rampenlicht zu stehen, zumal gegen seine
Auftraggeberin Riefenstahl. So wurde er
ein Jahr später einer der vier Chefkameramänner
der Olympia-Filme.“
am 18.03.2005
um 18.15 Uhr
Die weiße
Hölle vom Piz Palü
D 1929, R: Arnold Fanck,
Georg Wilhelm Pabst, D: Gustav Diessl, Leni
Riefenstahl, Ernst Petersen, Ernst Udet,
133'
Ein deutscher Stummfilmklassiker,
der seinerzeit für Aufsehen sorgte:
Nach der Deutschlandpremiere am 15. November
1929 stürmten mehr als 100.000 Besucher
innerhalb von vier Wochen in den Berliner
UFA-Palast. Allein in Deutschland spielte
der Film über eine Million Reichsmark
ein, weltweit mehr als 2,2 Millionen Reichsmark.
Auch international war das Werk ein großer
Erfolg. 1930 wurde die amerikanische Tonfassung
The White Hell Of Piz Palu produziert und
als erster deutscher Film überhaupt
im riesigen Roxy-Kino in New York gezeigt.
Über Jahrzehnte hinweg war die stumme
Originalfassung nicht mehr zugänglich.
Schon 1930 erschien in den USA eine für
den amerikanischen Markt stark gekürzte
Tonfassung mit einer Musik von Heinz Roemheld.
Einige Jahre später schnitt Fanck auch
die deutsche Fassung um und verkürzte
sie erheblich. Mit nachsynchronisierten
Dialogen und einer Musik von Giuseppe Becce
versehen, kam der Film so 1935 noch einmal
in die deutschen Kinos. Von der ursprünglich
atemberaubenden Bildqualität der Naturaufnahmen
ist bei den Bearbeitungen viel verlorengegangen.
Durch die Kürzungen wurde außerdem
die anfangs eher nebensächliche Spielhandlung
gegenüber der Darstellung der Bergwelt
viel stärker in den Vordergrund gestellt.
Die Originalfassung von 1929 war - über
die Kriegsjahre und die Jahre der Teilung
Deutschlands - verschollen. Erst 1996 wurde
die Kopie wiederentdeckt und restauriert.
Klavierbegleitung: Peter Gotthardt
am 18.03.2005
um 20.30 Uhr
Seminar:
Die Parteitagsfilme der NSDAP im Film
1933 erhielt Leni Riefenstahl
den Auftrag zu ihrem ersten Parteitagsfilm,
der seinen Titel Sieg des Glaubens gemäß
dem Motto des 5. Reichsparteitages der NSDAP
erhielt. Er wurde der erste Film, den die
Partei nicht nur als Bericht über einen
Parteitag, sondern als sein filmisches Äquivalent
pries. Der Film erlaubte demnach, das Massen-Erlebnis
aus Nürnberg im Film-Erlebnis zu wiederholen;
er richtete sich zudem erstmals an das >ganze
Volk< - so wie die Partei zum Staat geworden
sei, so sei die Nation insgesamt zur Gefolgschaft
Hitlers geworden.
Die Demonstration militärischer Stärke
steht im Zentrum von Riefenstahls Wehrmachtsfilm
Tag der Freiheit. Die mit den früheren
Parteitagsfilmen gewonnenen Erfahrungen
schlugen sich in einer sehr konzentrierten
Arbeit nieder.
Mit Triumph des Willens stellte Leni Riefenstahl
dann den definitiven Film des nationalsozialistischen
Führerkults her. Den Akzent legte sie
dabei auf das Verhältnis zwischen Hitler,
der Partei in ihren Gliederungen und der
Bevölkerung Nürnbergs. Darin vor
allem bestand ihr originärer Beitrag
zur nationalsozialistischen Mythologie;
sie nahm den Parteitag zum Anlass, seine
in Sieg des Glaubens nur angedeuteten emotionalen
Potenzen hervorzuheben. Riefenstahls später
immer wiederholte Behauptung, der Film sei
rein dokumentarisch oder historisch, nimmt
in einer Art gewollter Naivität einen
Rückzugsstandpunkt ein, der ihre Verantwortung
sogar für die ästhetische Gestaltung
minimieren sollte. Da jede Entscheidung
über das, was die Kameras wie aufnehmen
und was sie vernachlässigen sollten,
über die Art der Einstellung, die Montage
und die Musik unweigerlich eine bestimmte
Perspektive mit sich bringt, in der das
Ereignis präsentiert wird, ist die
bloße Reklamation des >Dokumentarischen<
wenig aussagekräftig."
Leitung: Jeanpaul
Goergen, Martin Loiperdinger, Rainer Rother
am 19.03.2005 um 16.00
Uhr
Tokio
1964
Tokyo Olympiad
Japan 1964, R: Kon Ichikawa, 87´ OmeU
Das Internationale Olympische
Komitee gab diesen Film über die Olympischen
Spiele in Tokyo in Auftrag. Mit Kon Ichikawa
realisierte ihn einer der bedeutendsten
japanischen Regisseure. Das Resultat überzeugte
seinerzeit das Publikum und ist auch heute
noch sehr sehenswert. Taylor Downing etwa
schrieb in seiner Studie über Riefenstahls
Olympia-Film, erst das Werk über die
Spiele in Tokyo habe wieder vergleichbares
Format und künstlerische Geschlossenheit
erreicht. „Der ungewöhnliche
technisch-organisatorische Aufwand und Ichikawas
konsequenter Gestaltungswille ergeben zusammen
ein exemplarisches Bild vom Menschen in
der sportlichen Leistungsgesellschaft.“
(Lexikon des Internationale Films)
am 20.03.2005
um 18.15 Uhr
Das blaue Licht
D 1932/1952, R: Leni Riefenstahl,
D: Leni Riefenstahl, Mathias Wieman, Beni
Führer, Max Holzboer, 86'
Mit dem mystisch-romantischen
Bergfilm Das blaue Licht gibt Leni Riefenstahl
ihr Debüt als Regisseurin und übernimmt
darin selbst die Hauptrolle. Der Film wird
auf dem Filmfestival in Venedig mit der
Silbermedaille ausgezeichnet. In Deutschland
wird er ein Publikumserfolg und erregt die
Aufmerksamkeit von Adolf Hitler.
"Riefenstahls erste Regiearbeit ist
jedoch in jeder Hinsicht ungewöhnlich.
Ein Film, der Elemente des Märchens,
des Horrorfilms und Symbole der Romantik
aufgriff, war 1932 ein Unikum der Filmproduktion.
Man sieht dem Blauen Licht an, wie stark
das Werk vom Stilwillen bestimmt war, wie
konsequent es auf einen einheitlichen Eindruck
zielte. Der Einsatz von Laiendarstellern,
die Dreharbeiten fast ausschließlich
on location, die Beschränkung auf wenige
Schauplätze – das alles resultierte
aus den kargen Finanzen, war aber zugleich
auch stilistisch begründet. Das blaue
Licht hatte nichts Dilettantisches, Unbeholfenes,
sondern war den Einschränkungen zum
Trotz genau so geworden wie einmal >erträumt<.
Der Eindruck des Märchenhaften, der
Unwirklichkeit dieser >Berglegende<
dominierte in einer gegenüber den zeitgenössischen
Filmen durchaus selbständigen Weise."
(Rainer Rother)
am 20.03.2005
um 20.30 Uhr
am 31.03.2005 um 20.30 Uhr
Kulturfilme: Organisierte
Moderne?
Schiff
754
R: Die Deutsche Arbeitsfront
(DAF), 1938, 14’
Der Film zeigt den Bau des Urlaubsschiffes
754 und dessen Einweihung Taufe auf den
Namen „Wilhelm Gustloff“. Danach
wird der Film zu einer Symphonie aus Bildern,
Geräuschen und Musik. Eine moderne
Ästhetik und Montage, die an Traditionen
der Avantgarde in den 20er Jahren anknüpft.
Rüstungsarbeiter
R: Hart Wolf, 1943, 15’
Der Film begleitet einen Rüstungsarbeiter
durch dessen Arbeitstag. Geschildert wird
insbesondere das Versagen einer Maschine,
die durch den Einsatz des Arbeiters wieder
funktionsfähig wird.
Schiff
ohne Klassen
R: E.H. Albrecht, L.O.
Geller, H. Heinrich, K.-L. Ruppel, 1938,
21’
Erste Atlantikfahrt des „Kraft durch
Freude“-Schiffes „Wilhelm Gustloff“.
Hier testen die DAF-Filmer ausführlich
die Möglichkeit von O-Tönen, die
damals nur mit erheblichem Aufwand produziert
werden konnten. Nach militärischer
Nutzung im Zweiten Weltkrieg wurde die „Gustloff“
im Januar 1945 versenkt; fast 9000 Flüchtlinge
starben.
Glaube
und Schönheit
R: Hans Ertl, 1940, 16’
Im Jahre 1940 schuf Hans Ertl, Kameramann
Leni Riefenstahls, den Film Glaube und Schönheit.
Er zeichnet mit seinen Filmaufnahmen ein
eindrucksvolles Bild vom Wirken im BDM-Werk.
Kurz vor der geplanten Erstaufführung
im Oktober 1939 verbot Reichsminister Goebbels
den Film, da er zu sehr im Widerspruch zu
der inzwischen angebrochenen Kriegswirklichkeit
stand. Es kam nie zu einer öffentlichen
Aufführung.
Deutsche
Arbeitsstätten
R: Svend Noldan/ Amt Schönheit
der Arbeit, 1940, 10’
Im Mittelpunkt Svend Noldans Propagandafilm
steht die angeblich neue Arbeitsauffassung
und –organisation, aber auch der allgemeine
Leistungszwang der deutschen Arbeitsfront:
„Deutschlands Reichtum liegt in der
Schaffenskraft seiner arbeitenden Menschen“
(OFF-Kommentar)
am 24.03.2005
um 18.15 Uhr
WERBEKUNST,
PROPAGANDA, SPARAPPELL
Spielarten des Werbefilms
im Nationalsozialismus
Zwischen 1933 und 1945
entstanden in Deutschland rund 10.000 Werbefilme,
meist kurze fürs Kinovorprogramm. Nur
einige von ihnen griffen auf das Formenvokabular
der Avantgarde zurück. Diese Filme
– allen voran die Arbeiten von Oskar
Fischinger und Wolfgang Kaskeline –
dienten zumindest bis 1937 als Beispiele
einer „deutschen Filmkunst“,
die Modernität und Internationalität
noch nicht verloren hatte (Muratti greift
ein, Retina). Die Auswahl konzentriert sich
dabei weniger auf die narrativen Zeichentrick-
und Schauspielerfilme, als auf Filme mit
dynamischer Bildmontage, die sich ganz der
Werbeidee unterordnet. Auch die offizielle
Propaganda hat auf diese Sprache des „eigengesetzlichen
Films“ (Der deutsche Film, Januar
1937) zurückgegriffen, z.B. wenn es
galt, Erfolge der NSDAP in einer Minute
darzustellen („NS-Wahlkurzfilme“).
Der Zweite Weltkrieg brachte dem Werbefilm
herbe Einschnitte, das Sparen und die bedingungslose
Gefolgschaft an allen Fronten prägte
das Genre nicht nur thematisch, sondern
auch ästhetisch. „Graue“
Realfilme mit Stars der heiteren Muse oder
unfilmische Befehlsformeln waren die Regel.
Und wenn auf Wirkung durch Bilder vertraut
wurde, stand die „Deutsche Wochenschau“
Pate (Es geht um den Sieg), die Spuren der
Filmavantgarde verwehten.
Gezeigt werden zudem Sichtbare Gedanken
(1934, Fischerkösen), Schaumwein bringt
Frohsinn (1934, Kaskeline), Unter dem Bayerkreuz
(1935, Kayser), Noch ist es Zeit (1934,
Reichsluftschutzbund), Gisela ganz groß
(1942, Tiller-Film).
Einführung: Ralf Forster
In Zusammenarbeit mit dem Bundesarchiv-Filmarchiv.
am 24.03.2005
um 20.30 Uhr
Kulturfilme: Arnold
Fanck
Kaiserbauten
in Fernost
R: Arnold Fanck, 1938,
12’
Frühling in Japan
R: Arnold Fanck, 1941,
12’
Arno Breker
R: Arnold Fanck, 1944,
12’
Atlantikwall
R: Arnold Fanck, 1944,
17’
Kaiserbauten in Fernost
und Frühling in Japan haben Arnold
Fanck und seine Mitarbeiter während
einer Japanreise 1936 gedreht. "Frühling
in Japan zeigt, wie sich das Leben des Japaners,
Berufsleben und Freizeit, in der herrlichsten
Jahreszeit abspielt. Genau wie bei uns zieht
zur Baumblüte alles hinaus und feiert
sie als großes Volksfest." (Film-Kurier,
12.5. 1941)
Arno Breker behnadelt den "Entwicklungsgang
des Künstlers von der Eigenwilligkeit
seiner kleinplastischen Frühwerke bis
zur klassischen Ausgeglichenheit seiner
überdimensionalen Meisterschöpfungen."
(Film-Nachrichten, 16.12. 1944 )
Man sieht den Bildhauer Arno Breker bei
der Arbeit, vor allem die Statuten des Staatsdieners
des Dritten Reiches stehen im Vordergrund.
Dabei ist von der persönlichen Handschrift
Fancks wenig zu sehen: es "dröhnt
ein Nazi-Sprecher, der die Bilder bzw. die
Werke im Sinne der Politik des Reichspropagandaministeriums
deutet, ein Sprecher, dessen militärische
Töne das deutsche Volk in den Untergang
führen werden.
Im Februar 1943 wird Fanck die Leitung der
Filmabteilung der Organisation Todt angeboten.
Er lehnt ab, verpflichtet sich aber, einen
abendfüllenden Dokumentarfilm (Europa
hinter Beton und Stahl) zu drehen. Im Juni
1943 schaltet sich Goebbels ein, der für
die >Festung Europa< den Film bis
Februar 1944 in den Kinos haben will. Fanck
wehrt sich zwar dagegen, aber mit wenig
Erfolg. Es entsteht der 20minütige
Beifilm Atlantikwall, der eigenes Material
mit Aufnahmen aus beschlagnahmten französischen
Wochenschauen vermischt. In der ersten Einstellung
dieses Films sieht der Zuschauer die Atlantikküste
vor einer Bergkulisse. Es ist Fancks einziger
Hinweis auf seine Urheberschaft dieses Machwerks."
(Jan-Christopher Horak)
am 25.03.2005
um 18.15 Uhr
Stürme über
dem Montblanc
D 1930, R: Arnold Fanck,
D: Leni Riefenstahl, Sepp Rist, Ernst Udet,
Mathias Wieman, 108’
Stürme über dem
Montblanc ist der erste Tonfilm Leni Riefenstahls
unter der Regie von Dr. Arnold Fanck. Der
Dialog und die Geräuschkulisse wurden
erst nachträglich im Studio synchronisiert.
Der Film ist wie bei Piz Palü die Verquickung
einer sentimentalen Liebesgeschichte mit
einem alpinen Thema: Ein Wetterwart auf
dem Montblanc hält Funkkontakt mit
der Tochter eines Astronomen. Als die beiden
ihn besuchen, verunglückt der Vater
an einem Felsgrat tödlich. Im folgenden
Frühjahr verliert der Wetterwart durch
Unachtsamkeit seine Handschuhe, und wird
beinahe ein Opfer der Kälte. Im letzten
Moment empfängt die Tochter des Astronomen
seinen Hilferuf und veranlasst seine Rettung.
Ein Großteil des Film-Originalmaterials
galt als verschollen. Die längste noch
existierende Fassung wurde im Filmmuseum
in Prag gefunden, die als Basis für
eine aufwendige Rekonstruktion diente.
am 25.03.2005
um 20.30 Uhr
Ewiger
Wald
D 1936, R: Hanns Springer,
Rolf von Sonjewski-Jamrowski, 70’
Das NS-Vorbild vom ebenmäßigen
Wuchs des Fichtenwaldes, dessen Reihen streng
geordnet, diszipliniert und ohne jegliche
Individualität sind, dürfte auch
Canettis Vorstellung vom Wald als Massensymbol
der Deutschen zugrunde liegen, das das marschierende
Heer mit dem Wald gleichsetzt. Im Film Ewiger
Wald wird diese Parallele filmisch umgesetzt,
indem die Beine von Soldaten und nachfolgend
die Stämme eines Nadelwaldes gezeigt
werden.
Der Film wurde von den meisten Kritiken
der damaligen Filmzeitschriften hoch gelobt
– beispielsweise wurde diese „Bild-Ton-Symphonie"
als Auftakt einer neuen Filmgattung bezeichnet.
Goebbels und Hitler missfiel er zutiefst,
vielleicht aus dem Grunde, dass es hier
eben nicht um den Führer, sondern um
den deutschen Wald geht: Ein ewig währender
Rhythmus des Stirb und Werde als Einheitsgesetz
von Volk und Wald, der u.a. durch die sich
abwechselnden Jahreszeiten versinnbildlicht
wird. Auf diese Weise wird „Ewigkeitspathos“
erzeugt.
am 26.03.2005
um 18.15 Uhr
Tiefland
D 1940-45/ 1954, R: Leni
Riefenstahl, D: Leni Riefenstahl, Franz
Eichberger, Bernhard Minetti, Aribert Wäscher,
98’
In den spanischen Pyrenäen
lebt der unbarmherzige, herrische Großgrundbesitzer
Don Sebastian. Um seinen Geldsorgen Herr
zu werden, hat er der Tochter des wohlhabenden
Bürgermeisters die Ehe versprochen.
Als er eines Abends die schöne Zigeunertänzerin
Martha (Leni Riefenstahl) kennenlernt, beschließt
er, sie an den armen Berghirten Pedro zu
verheiraten, sie jedoch weiterhin als seine
Mätresse zu halten. Es kommt zu einem
dramatischen Messerduell zwischen Pedro
und seinem Herrn, bei dem der Bösewicht
schließlich den verdienten Tod findet.
Die Produktionsumstände von Tiefland
waren immer wieder Gegenstand heftiger Vorwürfe
an die Regisseurin. Die moralische und politische
Verurteilung bezog sich auf die Beschäftigung
von Filmkomparsen für den Film. Riefenstahl
brauchte für Tiefland Statisten, die,
nach ihren Worten, für „südliches
Kolorit“ sorgen sollten. Dafür
wurde etwa 120 Sinti und Roma, die im Lager
Maxglan interniert waren, zwangsverpflichtet.
Die meisten von ihnen überlebten den
Krieg nicht, wurden in Auschwitz ermordet.
Riefenstahl behauptete dagegen später,
viele der Sinti und Roma nach dem Krieg
wiedergesehen zu haben. Die Beschäftigung
von Zwangsarbeitern, die vom nationalsozialistischen
Regime aus „rassischen Gründen“
interniert wurden, hat sie dagegen nie selbstkritisch
gewertet.
am 26.03.2005
um 20.30 Uhr
Der gewöhnliche
Faschismus
UdSSR 1965, R: Michail
Romm, 133’ dt. Fass.
Der Dokumentarfilmklassiker
kompiliert bis dahin weitgehend unbekanntes
Filmmaterial zu einer eindrucksvollen Analyse
des deutschen Faschismus. Für die Zusammenstellung
der Aufnahmen wurden über zwei Millionen
Meter Film gesichtet. Dabei bildeten die
seit 1945 in sowjetischen Filmarchiven lagernden
Bestände des Reichsfilmarchivs eine
wichtige Ausgangsbasis.
Bilder von Hitler zujubelnden Deutschen
wechseln ab mit von SS-Leuten aufgenommenen
Zeichen der Gräuel aus den Vernichtungslagern
in Osteuropa, die mit Melodien deutscher
Schunkelmusik unterlegt sind. Am stärksten
ist der Film, wo er mit Worten sparsam umgeht.
So wenn Gesichter von in Auschwitz Ermordeten
gezeigt und mit dem Satz kommentiert werden:
"Sie sind alle vergast worden. Ihre
Augen schauen uns immer noch an."
am 27.03.2005
um 18.15 Uhr
S.O.S. Eisberg
D 1933, R: Arnold Fanck, D: Leni Riefenstahl,
Gustav Diessl, Ernst Udet, Sepp Rist, 103’
Wie viele andere Filme
Arnold Fancks ist auch S.O.S. Eisberg ein
Projekt mit komplizierter Produktionsgeschichte,
nicht zuletzt, weil er ein „Expeditionsfilm“
in eine „wilde Landschaft“ war.
Nicht nur die einzigartigen Aufnahmen, auch
die Art ihrer Entstehung begründeten
den Ruf des Films.
Zur Besonderheit des Films gehört auch,
dass er zum letzten Mal Leni Riefenstahl
in einem nicht von ihr selbst inszenierten
Film zeigt. Anders als in vorherigen Filmen
ist dabei die von ihr verkörperte Figur
für die Handlung nicht von entscheidender
Bedeutung. Die Karrieren Fancks und Riefenstahls,
die über sieben Jahre fest verbunden
waren, trennten sich hier - S.O.S. EISBERG
ist unter diesem Gesichtspunkt auch ein
Film, der eine Trendwende im >heroischen
Film< andeutet.
„Ich habe nach dem Blauen Licht noch
einmal mit Dr. Fanck gearbeitet. Das ist
aber mehr durch besondere Umstände
gewesen. Normalerweise hätte ich es
nicht mehr getan, weil Das blaue Licht ein
großer internationaler Erfolg war,
und ich jetzt selbständig arbeiten
konnte. Und nachdem ich Regie gemacht hatte,
weil ich mir finanziell keinen Regisseur
leisten konnte, habe ich Freude daran gewonnen
und gemerkt, daß ich dafür eine
gewisse Begabung habe, und ich wollte dann
möglichst Spielfilme machen. Zum Beispiel
die Mademoiselle Docteur hatte ich vorbereitet.
Daß ich nach Grönland ging, lag
daran, daß Dr. Fanck damals für
meine Rolle, die weibliche Hauptrolle in
S.O.S. Eisberg, die sportlich sehr viel
verlangte, niemanden fand; und die Universal,
die wünschte mich. Und da ich auch
die amerikanische Version spielen sollte,
war es für mich auch finanziell sehr
interessant. Und dann natürlich die
Chance, die ich später nie mehr gehabt
hätte, Grönland kennenzulernen,
wo damals noch wenig Menschen hinkamen.
Und ich habe es auch nie, nie bereut.“
(Leni Riefenstahl)
am 27.03.2005
um 20.45 Uhr
Impressionen
unter Wasser
D 2002, R: Leni Riefenstahl,
45’
Noch mit 72 Jahren machte
Riefenstahl den Tauchschein - dafür
musste sie schwindeln. Sie machte sich bei
der Altersangabe glatt 20 Jahre jünger.
Was die leidenschaftliche Taucherin in rund
25 Jahren mit der Unterwasserkamera eingefangen
hat, bündelt diese Dokumentation.
Entstanden sind die Aufnahmen im Roten Meer,
vor Kuba, den Bahamas, den Malediven, den
Seychellen, Indonesien, Mikronesien, den
Cocos Islands (Pazifik), auf Papua-Neu Guinea
und in der Karibik. Fast 50 nach ihren letzten
Regiearbeiten kam Impressionen unter wasser
pünktlich zum 100. Geburtstag der Künstlerin
heraus.
am 31.03.2005
um 18.15 Uhr
am 01.04.2005 um 20.30 Uhr
Kulturfilme: Städteporträts
Freiburg
im Breisgau, das Tor zum Hochschwarzwald
R: Sepp Allgeier, 1936,
13'
Ein Kultur-Städtefillm über Freiburg.
Wieder einmal bestätigt sich Sepp Allgeier
als begnadeter Kameramann – und Regisseur.
Die in den zwanziger Jahren entwickelte
Bildsprache wird hier (zumindest im ersten
Teil des Films) noch einmal zelebriert,
eingebettet allerdings jetzt in die dominierenden
Topoi der „Stadt im Grünen“
und „Stadt und Tradition“.
Bremen
R: Otto von Bothmer, 1936,
11'
Bremens Sehenswürdigkeiten, seine Gärten,
der Hafen sowie das Linienschiff „Bremen“.
Stuttgart,
die Großstadt zwischen Wald und Reben
– Die Stadt des Auslanddeutschtums
R: Walter Ruttmann, 1935,
14’
Ein Auslandsdeutscher kehrt nach jahrzehntelanger
Abwesenheit in seine schwäbische Heimat
zurück. Und wie mit seinen Augen gesehen,
gibt uns Walter Ruttmann mit den ausgezeichneten
Aufnahmen des Stuttgarter Kameramanns Albert
Kling ein lebensnahes Bild, das mit der
ganzen künstlerischen Gestaltungsmöglichkeit
des Könners zu einem mitreißenden
Erlebnis wird. (Aus dem Programmblatt der
Ufa)
Stadt
Stuttgart. 100. Canstätter Volksfest
R: Walter Ruttmann, 1935,
ca. 5’
Der Film zeigt Eindrücke vom Cannstätter
Volksfest, insbesondere vom Festumzug, vom
offiziellen Teil und von den anschließenden
Vergnügungen. Gruppen zu Fuß
und zu Pferde führen historische Trachten
und Uniformen vor. Zwischen Blaskapelle
und blumengeschmückten Umzugswagen
beteiligen sich auch SA, SS und Wehrmacht
am Festzug. Zwei Nazi-Größen
in SA-Uniform nehmen mit ausgestrecktem
Arm den Umzug ab.
Münster,
Westfalens schöne Hauptstadt
R: Eugen York, 1938, 14’
Eugen York drehte seit 1937 für die
Ufa Kulturfilme. Sein Lehrer war Walter
Ruttmann.
Nürnberg
– Stadt der Reichsparteitage
R: Karl Rupli, 1940, 18’
am 01.04.2005.
um 18.15 Uhr
Die Wahrheit
R: Willi Zielke, 1933-1938,
34’
Es geht um die Situation von arbeitslosen
Männern am Ende der Weimarer Republik.
Als Lösung für die Überwindung
ihrer Situation und der Wirtschaftskrise
allgemein wird der Nationalsozialismus propagiert.
Das
Stahltier
R: Willi Zielke, 1935,
74’
Der Dampflokfilm schlechthin.
Zielkes Stahltier ist wohl die dynamischste,
expressionistischste Eisenbahnfahrt der
Filmgeschichte. Eingebettet in eine Rahmenhandlung,
in der ein Betriebspraktikant Eisenbahnarbeitern
die Geschichte der Eisenbahn erzählt,
zieht Zielke alle Register dessen, was er
die "entfesselte Kamera" nannte.
Der Film, geplant als offizieller Film zum
100-jährigen Jubiläum der deutschen
Eisenbahnen, wurde von der auftraggebenden
Reichsbahn nicht abgenommen. Statt eines
beschaulichen Kulturfilms hatte Zielke ein
Kunstwerk produziert, das trotz manchemr
Zugeständnisse den preußisch
konservativen Reichsbahnbeamten wie ein
Stück "entartete" Kunst vorkam.
am 02.04.2005
um 18.15 Uhr
Michelangelo
– Das Leben eines Titanen
R: Curt Oertel, D/ Schweiz
1938-1940, 88´
Das Leben und Werk des
Bildhauers, Malers und Baumeisters Michelangelo
wird im Kontext seiner Zeit dargestellt,
wobei vor allem seine wichtigsten Werke
auch in Detailaufnahmen dem Zuschauer vorgestellt
werden. Die Etappen der Biographie Michelangelos
werden in Abhängigkeit zu den wechselnden
Herrschaftsverhältnissen in Florenz
und Rom erzählt, mit Montagen aus Grafiken
und Gemälden bzw. inszenierten Zwischenszenen.
Regie führte Curt Oertel, der ab 1946
für den Aufbau vieler Filmorganisationen
(wie der FSK, SPIO) mitverantwortlich zeichnete
und auch bei der Gründung des Deutschen
Filminstituts tatkräftige Unter-stützung
gab. Oertels Kulturfilme galten in den dreißiger
Jahren auch in Teilen der nationalsozialistischen
Publizistik als bemerkenswerte Beispiele
des geforderten „deutschen“
Filmstils.
am
03. 04.2005 um 20.30 Uhr
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