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Ausstellung: Teil 10 von 10
Rückkehr des Vaters
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In der Kleiderausgabe des Berliner CRALOG-Komitees
 
Rückkehr zum regulären Schulunterricht
 
Lehrjahre
 
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"Ich hab' meine Kinder von den Rationen nicht satt gekriegt. Wir hatten dauernd Hunger. Die Kinder wurden zu Hause nicht satt, und dann haben sie angefangen zu klauen. Da hatten wir noch Schwierigkeiten mit der Polizei."

 

Wenn die Mütter mit der gelegentlich ins Kriminelle abdriftenden Selbständigkeit ihrer Kinder schon Schwierigkeiten hatten, so ist nur zu verständlich, daß vielen Familien ernsthafte Konflikte ins Haus standen, wenn die Väter nach jahrelanger Abwesenheit aus der Kriegsgefangenschaft heimkehrten. Diese ausgemergelten, häufig demoralisierten Soldaten waren auch während ihrer Lagerhaft immer militärischer Kommandogewalt unterstellt gewesen; von Lebensmöglichkeiten, die nicht Kommißbedingungen unterlagen, wußten sie kaum noch etwas. Wenn sie nun hungrig, ruhebedürftig und oft arbeitsunfähig in die Familien heimkehrten, begegneten die Kinder den fremden Männern oft mit Mißtrauen und Ablehnung. Für diese waren das Eindringlinge, mit denen sie den ohnehin knappen Lebensunterhalt teilen sollten. Die gespannte, von gegenseitiger Skepsis geprägte Situation wurde schnell explosiv, wenn die Heimkehrer für die veränderten Verhaltensweisen und das neue Selbstbewußtsein von Frauen und Kindern nur wenig Verständnis aufbringen konnten und ihrerseits die gewohnte häusliche Ordnung mit autoritärem Anspruch wiederherstellen wollten.

Als 1946 die internationalen Spendenaktionen anliefen, konnte in vielen Familien die ärgste Not gelindert werden; vielleicht blieb dadurch auch manchem Kind ein Abrutschen in zeitweilige Verwahrlosung erspart. Doch bei der kostenlosen Essensausgabe, der Schulspeisung wie der Verteilung von Kleidung und Nahrungsmitteln ging es immer noch vordringlich um das physische Überleben. Wer aber kümmerte sich um die getäuschten Hoffnungen, irrigen Phantasien, den desolaten Wissensstand und die neu erwachende Lebensgier der Kinder? Das sollte wieder Aufgabe der Schule werden, einer Schule die seit Jahren nur noch unregelmäßig und seit 1944 für viele Kinder gar nicht mehr stattgefunden hatte.

Im Oktober 1945 veranstaltete das Volksbildungsamt Berlin-Reinickendorf einen Malwettbewerb "Kinder sehen den Krieg". Als Resultat der anschließenden Ausstellung erkannte ein Presseberichterstatter eine "Sehnsucht nach Frieden, die oft das Kriegsthema vollkommen in den Hintergrund drängt." Er merkte allerdings auch an: "Dem aufmerksamen Betrachter wird es nicht entgehen, daß in der kindlichen Vorstellung noch vieles in einem schiefen Licht steht und daß in der pädagogischen Erziehungsarbeit erst ein Anfang gemacht wurde."

Anfänge waren in den verschieden Bezirken seit dem Sommer 1945 teilweise in Eigeninitiative von Lehrern, Eltern und Schülern gemacht worden. Im September standen immerhin 1.300 winterfeste Schulräume in ganz Berlin zur Verfügung, in denen dann ab dem 1. Oktober wieder regulärer Schulunterricht in mehreren Schichten abgehalten wurde. Am 1. April 1946 waren in 658 Schulen schon wieder 373.902 Schüler registriert. In der Abteilung Volksbildung des neuen Magistrats von Groß Berlin wollte man den "Versuch eines völligen Neuaufbaus" unternehmen. Dabei verzichtete man auf 2.474 ehemalige NSDAP-Mitglieder aus der alten Lehrerschaft und nahm lieber zunächst erheblichen Lehrermangel in Kauf: an den Volksschulen stand anfangs für 58 Kinder nur eine Lehrkraft zur Verfügung.

Was man sich vorgenommen hatte, bezeichnete der erste Rechenschaftsbericht des Magistrats der Stadt Berlin 1946 als "geistige Enttrümmerung". Für die Überzeugung, das dergleichen damals notwendig war, gab es viele Ursachen und Gründe. Aber die sind es eben, die auf den hier gezeigten Photographien nicht offensichtlich werden. Dennoch macht, 50 Jahre danach, eine Ausstellung Sinn, weil sie Anlaß gibt, über die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit Geschichte und über den Erfolg von geistigen Enttrümmerungen nachzudenken.

Winfrid Ranke

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