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Berlin, Juli 2008

Das DHM informiert:
Pressemitteilung vom Juli 2008:

Zu Gast im Deutschen Historischen Museum:
Liebe, Tod und Krieg - Eine telenovela aus der Zeit des Hohen Mittelalters
Der illustrierte Minneroman „Wilhelm von Orlens“ des Rudolf von Ems

In der Ständigen Ausstellung des Deutschen Historischen Museums ist ab dem 25. August 2008 eine neue Seltenheit zu Gast:
Der illustrierter Liebesroman „Wilhelm von Orlens“ des Rudolf von Ems, um 1270-1275, Handschrift Cgm 63. Diese Leihgabe der Bayerischen Staatsbibliothek München zeigt auf 111 Pergamentblättern und 55 Miniaturen das höfische Leben und die Minne am Ende des 13. Jahrhunderts. Das im DHM ausgestellte Exemplar ist die älteste illustrierte Version der Handschrift, die bekannt ist.
Das Epos gehört zu den populärsten deutschsprachigen Werken des Mittelalters.

In einer eigenen Vitrine bis Anfang November 2008 präsentiert und den romanischen Fresken aus dem Kloster Müstair benachbart, läßt sich die spätromanische Buchmalerei hervorragend mit der hochmittelalterlichen Freskomalerei vergleichen.
Die Fresken aus Müstair werden ab dem 1. August 2008 aufgestellt sein und den Mittelalterbereich der Ständigen Ausstellung im Berliner Zeughaus bereichern.

Rudolf von Ems (geb. um 1200 in Hohenems, Vorarlberg, gest. um 1254) gilt als einer der gelehrtesten Autoren mittelhochdeutscher Sprache. Er entstammt einem Ministerialengeschlecht der Grafen von Montfort. Ems verfaßt nach dem Vorbild der mittelhochdeutschen „Klassiker“ die ritterlichen Legenden „Der guote Gerhart“ (1220-25), der erste Roman mit einem Kaufmann als Helden, und „Barlaam und Josaphat“ (1225-30), ein volkssprachlicher Legendenroman über das Leben Buddhas.
Dann den höfisch-ritterlichen Roman „Alexander“ (um 1230, unvollendet) über Alexander den Großen, dieser Roman war vermutlich für die Unterweisung der Söhne Kaiser Friedrichs II. bestimmt, und den Minneroman „Wilhelm von Orlens" (um 1238). Für diesen Roman dürfte Ems u.a. aus Gottfried von Strassburgs „Tristan“ und dem „Parzival“ Wolframs von Eschenbach geschöpft haben.
Die fragmentarische "Weltchronik" (um 1250), die der Legitimation der staufischen Machtinteressen dienen sollte, schließt sein Werk ab.
Begraben ist Rudolf von Ems in Bruck an der Mur.

In der Ständigen Ausstellung des DHM ist die Miniatur 27 verso aufgeschlagen: Oben: Abschied Wilhelms von Orlens von Jofrit von Brabant und Aufbruch zu Pferd Unten: Wilhelm und seine Begleiter vor König Reinherr von England

Zum Inhalt des Minneromans„Wilhelm von Orlens“:
Liebe und Krieg, Tod und Buße, Vertreibung und Sühne, Entführung und Erfüllung, politische Pragmatik und familiärer Horizont bestimmen die Handlungsstränge in diesem europaweiten Geschehen.

Eingebettet in Dialoge des Autors mit Personifikationen von Frau Minne und Frau Aventure beginnt die Geschichte um den Titelhelden Wilhelm von Orlens traurig. Sein gleichnamiger Vater kommt in einem Grenzkonflikt mit Herzog Jofrit von Brabant ums Leben. Wilhelms Mutter Ilye bricht angesichts des Leichnams ihres Mannes tot zusammen. Der französische König Philippe, mit beiden eng verwandt, übergibt den Sohn seinem Neffen Herzog Jofrit zur Erziehung, damit der ehemalige Kriegsgegner für seine Schuld am Tod des Vaters büßen kann. Als der zwölfjährige Wilhelm von seiner Herkunft erfährt, beschließt er, seine Ausbildung am englischen Hof zu vervollkommnen.

Er lernt Prinzessin Amelie kennen und lieben. Doch diese zögert, willigt in eine Eheschließung erst ein, wenn er zuvor seine Schwertleite empfangen und sich im Kampf bewährt habe. Wilhelm reist daraufhin nach Brabant, wird zum Ritter geschlagen und nimmt erfolgreich an zahlreichen Turnieren teil. Unterdessen will König Reinher von England Amelie mit König Avenis von Spanien vermählen. Wilhelm erhält von Amelies Page Pitipas Nachricht von der baldigen Hochzeit und reist nach England. Ein Entführungsversuch mißglückt jedoch. Wilhelm wird von einem Speer schwer verletzt. Als Sühne für sein unritterliches Verhalten muß er Reinher schwören, ins Exil zu gehen, die Speerspitze in seiner Brust nur von einer Frau königlicher Abstammung herausziehen zu lassen und zu schweigen, bis Amelie ihm das Reden erneut erlaubt. Der schwer verwundete, nun stumme Wilhelm gelangt an den Hof König Amelots von Norwegen, wo er von Prinzessin Duzabele gesund gepflegt wird
Im folgenden hilft er Amelot erfolgreich bei der Vertreibung der verbündeten Könige Wittekin, Girart und Gutschart, die in Norwegen eingefallen waren, und kurz darauf auch gegen Alan von Irland. Dieser hatte das Kloster der Äbtissin Savine auf einer benachbarten Insel überfallen. Savine, die Schwester König Reinhers, reist anschließend zu ihrem Bruder, um ihn für ihr im Krieg beschädigtes Kloster um Hilfe zu bitten. Sie trifft auf ihre vor Liebeskummer kranke Nichte Amelie. Nach deren Schilderungen erkennt sie in dem am norwegischen Hof lebenden, stummen Ritter Wilhelm von Orlens. Unter dem Vorwand sie gesund pflegen zu wollen, nimmt Savine Amelie mit auf ihre Insel Dort treffen die Liebenden aufeinander und Amelie entbindet ihren Geliebten von seinem Schweigegelübde. Doch inzwischen erhebt auch Duzabele Anspruch auf Wilhelm, weil sie ihn von seiner tödlichen Wunde geheilt hat. Da sie jedoch zu eng mit ihm verwandt ist, können Wilhelm und Amelie endlich heiraten. Duzabele wird mit dem dänischen König Wittekin, König Amelots Sohn mit der Tochter Alans von Irland vermählt und Graf Morant als Bote nach England geschickt, um Amelies Eltern zu informieren. Wilhelm und König Reinher versöhnen sich. Herzog Jofrit übergibt seine Herrschaft an Wilhelm und zieht sich ins Kloster zurück. Wilhelm und seine beiden Söhne, Wilhelm und Jofrit, regieren schließlich über England und die Normandie sowie über den Hennegau und das Herzogtum Brabant.

Weitere Informationen und freundliche Grüße, Dr. Rudolf Trabold, Pressereferent