UNTERSPÜLTER BAHNDAMM ZWISCHEN KEETMANSHOOP UND LÜDERITZ
DEUTSCH-SÜDWESTAFRIKA (HEUTE NAMIBIA), UM 1910
DIE AUSSTELLUNG
In der Ausstellung "Deutscher Kolonialismus. Fragmente seiner Geschichte und Gegenwart" mit mehr als 500 Exponaten befasst sich das Deutsche Historische Museum erstmals mit den verschiedenen Aspekten des deutschen Kolonialismus. Obwohl das Deutsche Reich von 1884 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs 1918 eine der großen europäischen Kolonialmächte war, rückt die koloniale Vergangenheit in Deutschland erst seit wenigen Jahren zunehmend ins öffentliche Bewusstsein.
Die Ausstellung bietet spannende Einblicke in die Interessen, den Verlauf und die Dynamiken der deutschen Kolonialgeschichte und erzählt von den Handlungsräumen, in denen ein breites Spektrum deutscher, afrikanischer und ozeanischer Akteure ihre Ziele und Motive verfolgte.
UNTERSPÜLTER BAHNDAMM ZWISCHEN KEETMANSHOOP UND LÜDERITZ
In den Kolonien reichten die vielfältigen Herrschaftsbeziehungen von lokal geprägten Allianzen und der Ausübung alltäglicher Gewalt bis hin zum Kolonialkrieg in Namibia, der in den Völkermord mündete.
Der Damm bei Feldschuhhorn wurde von der deutschen Kolonialmacht zwischen 1906 und 1907 an jener Bahnstrecke errichtet, die Keetmanshoop im Süden der Kolonie Deutsch-Südwestafrika an den Hafen in Lüderitz anbinden sollte. Der Eisenbahn fiel bei der infrastrukturellen Erschließung der Kolonien eine besondere Bedeutung zu. Als Sinnbild des Fortschritts wurde der Bau von Bahnstrecken von Befürwortern beschworen und von Kritikern als Utopie abgelehnt.
Die wenige Jahre nach der Errichtung aufgenommene Fotografie zeigt einen Schutztruppensoldaten, der auf den unterspülten Gleisen kauert und jeglicher heroischen Pose entbehrt. Unsichtbar bleibt die Baugeschichte der Eisenbahnstrecke, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Völkermord an den Herero und Nama steht.
Der zügig vorangetriebene Streckenabschnitt sollte eine direkte Versorgung der deutschen Kolonialtruppen ermöglichen und langfristig die militärische Beherrschung des Südens der Kolonie absichern. Zu den Bauarbeiten wurden Kriegsgefangene aus dem Konzentrationslager auf der Haifischinsel in Lüderitz in Zwangsarbeit herangezogen. Zahlen der deutschen Kolonialverwaltung belegen, dass von den 2014 Häftlingen, die zwischen Januar 1906 und Juni 1907 eingesetzt wurden, 1359 während der Bauarbeiten starben.