„Ich wünsche mir mehr aktuelle Stücke im Theater“
Mein Geschichtsstück ist das Bühnenmodell zur Inszenierung von Ulrich Plenzdorfs „Die neuen Leiden des jungen W.“ aus dem Jahr 1972. Die Geschichte spielt in der DDR. Hauptfigur ist der junge Edgar Wibeau, der künstlerische Ambitionen hat, aber an gesellschaftlichen Zwängen scheitert. In der DDR, aber auch in der Bundesrepublik zählte das Stück zu den meistgespielten Inszenierungen seiner Zeit.
Durch Bühnenmodelle wird die Inszenierung greifbar
Bühnenmodelle wie dieses haben mich schon immer fasziniert. Als Schauspieler und vor allem als Regisseur ist es ein großartiger Moment, wenn man das Modell zum ersten Mal sieht. Die Inszenierung wird greifbar, ihr Raum sinnlich erfahrbar. An dem Modell lässt sich präzise planen, wer auf der Bühne wo stehen wird, welche Bewegungen stattfinden.
An einer Inszenierung der „Neuen Leiden“ habe ich selbst zwar nie mitgewirkt, aber ich habe die Buchversion in der Schule gelesen, es war Pflichtlektüre. Obwohl ich damals noch nicht wusste, dass ich einmal Schauspieler werden würde, hat mich das Thema des gescheiterten Künstlers irgendwie berührt. Später habe ich es dann unmittelbar selbst erfahren. Denn wenn du dich für eine künstlerische Laufbahn entscheidest, droht immer dieses Schicksal: dass du scheiterst oder dich verkannt fühlst – oder einfach nicht die Karriere machst, die du gerne hättest. Zum Glück ist es bei mir etwas anders gelaufen als bei Edgar Wibeau.
Nicht zum tausendsten Mal „Romeo und Julia“
Mir persönlich liegt der Stoff von Plenzdorf auch näher als dessen literarische Vorlage: „Die Leiden des jungen Werther“ von Goethe. Ich finde es gut, dass solche Stoffe heute noch Wertschätzung erfahren und inszeniert werden. Aber ich frage mich oft: Warum muss man dieses Stück jetzt so hinbiegen, dass es irgendwie in die Zeit passt? Warum muss man zum tausendsten Mal „Romeo und Julia“ machen? Mit diesen Stücken wurde doch schon alles probiert, man hat sie ins Heute und ins Morgen versetzt, hat sie in modernen Kleidern aufgeführt und auf komplett nackter Bühne.
Ich würde mir wünschen, dass stattdessen mehr neue Stücke mit aktuellem Bezug geschrieben und aufgeführt werden. Ich bin immer sehr neugierig auf neue Autoren, die relevante Themen ihrer Gegenwart auf den Punkt bringen – so wie es Goethe oder Shakespeare zu ihrer Zeit gemacht haben. Ich glaube, dass die „Neuen Leiden“ von Plenzdorf damals auch deshalb so erfolgreich waren, weil sie genau das geschafft haben.