„Grüninger Hand“
In unserer Reihe „Wozu das denn?“ stellen wir Ihnen mit der Armprothese „Grüninger Hand“ aus dem frühen 16. Jahrhundert eine Neuerwerbung von großem Seltenheitswert vor, die seit Kurzem in unserer Dauerausstellung zu sehen ist.
Prothesen aus der Frühen Neuzeit sind äußerst selten: Insgesamt sind aus dem 16. Jahrhundert weniger als 25 mechanische Hand- und Armprothesen europaweit überliefert, aus dem 15. Jahrhundert sogar nur zwei. Die für das Deutsche Historische Museum erworbene Armprothese „Grüninger Hand“ stammt etwa von 1510 und ist ein technisches Meisterstück: Sie verfügt über ein Ellbogengelenk sowie Finger, die paarweise mittels eines Mechanismus bewegt werden können.
Aufbewahrt wurde die Prothese über Jahrhunderte bis zu unserem Erwerb über das Auktionshaus „Sotheby’s“ in Schloss Grüningen in Oberschwaben, einem Besitz der Freiherren von Hornstein. Wer genau sie in Auftrag gab, ist nicht belegt, doch ist zu vermuten, dass es sich um eine Maßanfertigung für einen Ritter von Stand handelt. Ebenso wahrscheinlich ist es, dass sie aus derselben Werkstatt stammt, die auch die „eiserne Hand“ für Götz von Berlichingen (1480‐1562) fertigte, die sich der Ritter nach dem Verlust seiner rechten Hand bei der Belagerung der Stadt Landshut (Landshuter Erbfolgekrieg) anfertigen ließ. Zu sehen ist diese heute im Museum der Burg Jagsthausen bei Heilbronn.
Technisches Meisterwerk
Die Armprothese ist ein besonderes Zeugnis der technischen Handwerkskunst ebenso wie der Mentalitätsgeschichte der Frühen Neuzeit. Sie zeigt den hohen Stand der Feinmechanik in der Renaissance und den ästhetischen Anspruch an die Gestaltung eines so sensiblen Körperersatzstücks. Gefertigt wurde die Armprothese aus Holz- und Metallteilen. Ihr Ellenbogengelenk kann in sechs verschiedene Positionen gebracht und die Finger können dank eines Knopfdruckmechanismus bewegt werden.
Für das Deutsche Historische Museum stellt die Armprothese eine beeindruckende und hochkarätige Ergänzung seiner Sammlungen dar. Zu sehen ist die Armprothese in der Dauerausstellung im Obergeschoß im Epochenbereich 1500–1650: Reformation und Dreißigjähriger Krieg im Raum „Das Reich und Karl V“.