Glücksschwein und fleißiges Bienchen
Christin Noll, Mitarbeiterin im Fachbereich Bildung und Vermittlung des Deutschen Historischen Museums, erörtert in unserer Reihe „Wozu das denn?“ warum die Tier- und Natursymbolik eine so wichtige Rolle beim Thema Sparen spielt und wie sie sich über die Jahrzehnte veränderte.
Spardosen gibt es heute in allen möglichen Formen. Eine der bekanntesten und häufigsten ist in Deutschland wohl das Sparschwein. Was das Schwein mit dem Sparen zu tun hat, ist aber nicht ganz klar. Schließlich ist es nicht besonders sparsam, noch generiert es Zinsen. Vielleicht könnte man es als eine gute Investition bezeichnen. Ein gut gemästetes Schwein kann schließlich, ähnlich wie eine gut gefüllte Spardose, irgendwann eine ganze Familie eine Zeit lang ernähren. Und nicht zuletzt dient das genügsame Schwein hierzulande als Glückssymbol.
Als Spardose hat sich das Schwein aber erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts etabliert. In den Jahrzehnten zuvor diente das Eichhörnchen häufig als Symbol für Sparerziehung. Mit dem Ansammeln kleiner Beiträge konnte Großes erreicht werden, wie Sprichwörter wie „Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen“ veranschaulichen. Und das vorausschauende Vorsorgen für die Zukunft konnte man sich ebenfalls bei den Eichhörnchen, die für den Winter Nahrung horten, abschauen.
Sichere Ernten durch vorausschauendes Sparen
Mit dem Sparen haben aber letztlich weder ein Schwein noch ein Eichhörnchen wirklich etwas zu tun. Institutionalisiertes Sparen, das auf Zinszuwachs ausgerichtet ist, existiert in der Natur nicht. Auch wenn dieser Prozess mit Werbung und Sprichwörtern natürlich und logisch erscheinen soll, ist er weit davon entfernt. Doch genau aus diesem Grund wurden Natursymbole lange Zeit in der Sparwerbung gezielt eingesetzt.
Neben dem Eichhörnchen finden sich häufig die als fleißig geltende Biene sowie Motive aus der Landwirtschaft auf Plakaten und Spardosen des 19. und 20. Jahrhunderts. Erntemotive suggerieren die Planbarkeit der eigenen finanziellen Situation und eine sichere Ernte durch vorrausschauendes Sparen. In der Realität haben die Sparer*innen in Deutschland immer wieder ihre Ersparnisse verloren: Kriegsanleihen zur Finanzierung des Ersten Weltkrieges entpuppten sich als schlechte Geldanlage und die Währungsreform infolge der Hyperinflation 1923 vernichtete die Sparguthaben der Bevölkerung. Nichtsdestotrotz wurden die landwirtschaftlichen Werbemotive in der NS-Zeit inflationär genutzt. Der Bezug zur Natur hatte vor allem ideologische Funktion: Der hart erarbeitete Ertrag einer Ernte wurde in der Werbung mit Zinsertrag gleichgesetzt und damit deutlich gegenüber der Zinspraxis eines angeblichen „jüdischen Finanzkapitals“ abgegrenzt.
Erntemotive finden sich noch bis in die 1950er Jahre auf Sparkassen-Plakaten. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verschwindet die Natursymbolik fast gänzlich. Stattdessen hält das Schwein zunehmend Einzug als Motiv für Glück und Zufriedenheit beim Sparen.