Von der Idee zur Umsetzung – Interview mit Lisa Berchtold

9. Oktober 2024

Mit der Ausstellung „Rein ins Gemälde! Eine Zeitreise für Kinder“ zeigt das Deutsche Historische Museum erstmals eine inklusiv gestaltete Ausstellung für Kinder im Grundschulalter. Ausgehend von dem Monatsbild „Januar – Februar – März“, das zu dem berühmten Jahreszeiten-Zyklus der sogenannten „Augsburger Monatsbilder“ aus dem 16. Jahrhundert und zu den bedeutendsten Kunstwerken der Sammlungen des DHM gehört, entfalten sich die Lebenswelten vor 500 Jahren wie eine begehbare 3D-Kulisse. Auf dem Gemälde abgebildete Menschen treten in den Ausstellungsraum und werden zu historischen Erzählfiguren, die zum gemeinsamen Erforschen und Erleben einladen.

In unserer Interviewreihe stellen wir die Personen und Teams vor, die mit ihren Ideen und ihrer Expertise die Ausstellung möglich gemacht haben. In diesem Beitrag spricht die Leiterin der Ausstellungswerkstätten Lisa Berchtold darüber, wie sie mit ihrem Team die Ideen der Kuratorinnen umsetzt, und den Ausstellungsaufbau bis hin zum finalen Ergebnis koordiniert.

„Bei Ausstellungen für Kinder werden überwiegend große Spielelemente eingesetzt, damit auch Sicherheitsaspekte erfüllt werden.“
Lisa Berchtold, Leiterin der Ausstellungswerkstätten im DHM

Welche Ausstellungswerkstätten waren bei der Umsetzung involviert?

Bei der Umsetzung einer Ausstellung sind immer alle acht Ausstellungswerkstätten des DHM beteiligt. Durch die Handwerker*innen werden die Gestaltungsideen und Konzepte erst Realität: Wir haben im DHM zwei Tischlereien, eine Malerwerkstatt, Schlosserei, Dekowerkstatt, Buchbinderei, Elektroabteilung und Glasbauwerkstatt. Hier wurden fast alle Ausstellungselemente für die Kinderausstellung gefertigt.

Dazu gehören der neue Rahmen für das Hauptexponat, das Augsburger Monatsbild, sowie die Mitmachstationen, Medienstationen, Vitrinen und Exponat-Halterungen bis hin anfassbaren Papierobjekten für Besucher, sogenannte Hands-On, Objektbeschriftungen und Aufbewahrungen für Stifte. Die Hauptaufgabe der Elektroabteilung ist die Montage der gesamten Beleuchtung in Vitrinen und an den Stromschienen sowie das Einleuchten nach konservatorischen Erfordernissen. Ein Exponat aus Metall darf mit einer höheren Beleuchtungsstärke ausgeleuchtet werden als beispielsweise ein Exponat aus Papier. Beim Einleuchten ist dies stets im Blick zu behalten. Weiterhin arbeiten wir mit vielen Rahmenvertragspartnern und anderen Lieferanten zusammen, da unser Team alleine natürlich nicht alles produzieren kann.

Was war Ihre Aufgabe bei dem Aufbau der Ausstellung?

Direkt beim Ausstellungsaufbau vor Ort stand ich für Fragen jeder Art zur Verfügung, habe die Ausführungen der externen Firmen überprüft oder auch selbst mit angepackt. Ich mag diese Zeit immer sehr gerne, wenn sich der Ausstellungsraum nach und nach füllt und die Ausstellung langsam Form annimmt. Meine Arbeit beginnt jedoch schon weit vor dem Aufbau und besteht vornehmlich in der Koordination des Ausstellungsbaus und Abstimmung mit den verschiedenen Projektbeteiligten. Vor allem verteile ich alle notwendigen Arbeitsaufträge an meine Mitarbeiter*innen und die externen Firmen, damit die Pläne in die Realität umgesetzt werden. Generell muss ich alles im Blick behalten, von Terminen und Budget, über Planprüfungen und Materialbeschaffungen bis hin zur Positionierung von Feuerlöschern.

Gibt es Unterschiede zu Ausstellungen für Erwachsene?

Ja. Bei „Rein ins Gemälde!“ gibt es sehr viele Mitmachstationen, um die Geschichte der Exponate für die jungen Besucher*innen erfahrbar zu machen. Die Mitmach-Stationen sind insgesamt einer viel höheren Beanspruchung ausgesetzt. Täglich kontrollieren die Bildungsreferent*innen und Ausstellungshandwerker*innen die Ausstellung, um Beschädigungen zu erfassen. Anfangs waren sehr viele Reparaturen an den Mitmach-Stationen erforderlich. Als Beispiel sei die Lanzenstation genannt, wo unsere jungen Besuchenden auf einem Schaukelpferd versuchen können, mit einer Lanze die beweglichen Zielscheiben zu treffen. Die Lanzenspitze wurde gemäß Planung mit einem kleinen Gummiball ausgestattet, damit es keine Verletzungen gibt. Immer wieder ist der Gummiball abgefallen, bis wir eine Alternativlösung entwickelt hatten, die nun seit drei Monaten hält. Mittlerweile hat sich die Ausstellung nach dem Austausch einiger Komponenten mehr und mehr eingespielt und es sind viel weniger Reparaturen notwendig.

Lanzenstation in der Ausstellung © DHM

Bei Ausstellungen für Kinder werden überwiegend große Spielelemente eingesetzt, damit auch Sicherheitsaspekte erfüllt werden. Nicht immer lässt sich dies jedoch in allen Belangen umsetzen, sodass dann doch auch mal Warnschilder für verschluckbare Kleinteile angebracht werden mussten. Die Ausstellungselemente wurden mit einer geringeren Höhe gebaut und die Vitrinen ebenso entsprechend niedriger montiert, sodass unsere Besucherzielgruppe „Kinder zwischen 8 und 12 Jahren“ die Exponate besser begutachten kann.

Welche Materialien wurden bei dem Bau der Ausstellung verwendet?

Bei den Ausstellungselementen und Wänden wurden verschiedene Holzwerkstoffe mit unterschiedlichen Oberflächenbehandlungen eingesetzt. Bei den Vitrinen kommen vornehmlich Stahl, Glas und auch Forex Classic zum Einsatz. Die Materialien, die im Vitrineninnenraum verwendet werden, unterliegen nämlich besonderen Auflagen. Sie dürfen nur wenig bis gar keine Schadstoffe ausdünsten. Die Vitrinenkomponenten werden bei jeder Ausstellung wiederverwendet. Für die Hands-On und Objektbeschriftungen werden verschiedene Pappen und Papiere genutzt. Alle Sitzelemente aus Holzwerkstoffen werden bei uns stets aus dem Bestand genutzt und für die nächste Ausstellung immer nur überarbeitet. Der Stoffvorhang aus Molton wurde aus einer vergangenen Sonderausstellung genutzt und in unserer Dekowerkstatt entsprechend umgearbeitet.

Stoffvorhang aus Molton in der Eingangssituation © DHM

Was war besonders herausfordernd – was besonders schön?

Aufgrund der Kürze des Ausstellungsprojekts war für die Entwicklung der Mitmach-Stationen leider sehr wenig Zeit. Dieser Faktor zeigte sich vor allem bei der Umsetzung der Mitmachstationen, da wir diese neu bauen, ausprobieren und die Entwürfe teilweise nachjustieren mussten. Mit den Ergebnissen bin ich jedoch mehr als zufrieden und sehr stolz auf mein Team. Die Ausstellung ist sehr viel bunter und lebendiger als bisherige Ausstellungen am DHM und bietet mehr optische Reize, was ich persönlich gestalterisch sehr schön finde.
Toll finde ich vor allem, wie begeistert die jungen Besucher*innen die Mitmach-Stationen nutzen und dies auch in den Ausstellungsräumen stark sichtbar ist. Es sind in der gesamten Ausstellung viele schöne Anregungen an den Wänden und im Besucherbuch zu finden.

Hör-Station in der Ausstellung © DHM

 

Lisa Berchtold

Lisa Berchtold ist seit April 2023 Leiterin der Ausstellungswerkstätten und koordiniert den Ausstellungsaufbau am Deutschen Historischen Museum.