Das Unsichtbare der Industriefotografie

Gespräch über die Umweltfolgen des Fortschritts

20. April 2023

In der Ausstellung „Fortschritt als Versprechen. Industriefotografie im geteilten Deutschland“ werden Auftragsfotografien im Kontext ihrer zeitgenössischen Verwendung gezeigt: in vielfältig gestalteten Printmedien der Stahl-, Chemie-, Textil- und Automobilindustrie. Sie vermitteln ein durchweg positives Bild von Betrieben und Unternehmen in Ost und West. Zugleich wirft diese umfassende Präsentation von Auftragsfotografien die Frage nach dem nicht Gezeigten, unsichtbar Gemachten oder Aussortierten auf. Anlässlich der Führungsreihe „Doppelt belichtet“ mit Zeitzeug*innen hat Felix Hampel (Bildungsreferent, DHM) Carlo Jordan (ehemaliger DDR-Bürgerrechtler, Umweltaktivist und Politiker) und Peter Wensierski (Autor und Journalist aus Westdeutschland mit Veröffentlichungen zur Umweltbewegung in der DDR) in Berlin getroffen, um über die in den Auftragsfotografien unsichtbaren Umweltfolgen des Fortschritts zu sprechen.

Felix Hampel: Gleich im ersten Raum der Ausstellung befindet sich eine Schwarz-Weiß-Fotografie, die den Industriefotografen Ludwig Windstosser mit Kamera zeigt, im Hintergrund eine typische Industrielandschaft des Ruhrgebiets: Kohlebergbau, rauchende Schornsteine. Das Ganze wirkt stark ästhetisiert, inszeniert. Wir wollen über eine andere Ästhetik sprechen, die durch den kritischen Blick auf die Umweltprobleme und Folgeerscheinungen des industriellen Fortschritts entstanden ist. Wie hat sich in Ost und West ab den 70er-Jahren ein Bewusstsein für das Umweltthema entwickelt und welche Rolle spielte dabei die Fotografie?
Peter, du warst in den 80er-Jahren häufig als Korrespondent in der DDR, um über Umweltprobleme zu berichten. Kannst du deine Eindrücke schildern?

Ludwig Windstosser mit Kamera, Ruhrgebiet, 1950/1960 © Berlin – Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek

Peter Wensierski: Wenn ich durch die DDR gefahren bin, sah ich überall die Umweltverschmutzung aus den Schornsteinen quellen. Man roch sie. Man sah die verrauchten, zerfressenen Fassaden an Kirchen, an alten Gebäuden, die teilweise schon zusammenfielen.

Carlo Jordan: Es gab sogar Smog-Alarm in Sachsen oder im Chemiedreieck.

PW: Es gab Situationen im Winter, wo in der Gegend um Bitterfeld[1] Fackeln an Kreuzungen aufgestellt wurden, damit die Arbeiter den Eingang zu ihren Werkstoren fanden. Industrienebel hieß das.

FH: Davon sieht und liest man nichts in den Auftragsfotografien der Betriebe und in den Zeitschriften, in denen sie veröffentlicht wurden. In der Zeitschrift DDR-Export von 1974 über die Leuna-Werke heißt es zum Beispiel, die Forschung schaffe „Grundlagen zur umweltfreundlichen Gestaltung des Kombinats“.

PW: Das war die große Erzählung, die immer absurder wurde, weil sie mit der Realität immer weniger zusammenpasste. Als Journalist hatte ich jeden Tag alle DDR-Zeitungen auf meinem Schreibtisch, die Zeitungen berichteten immer von Planübererfüllungen, Produktionssteigerungen, Wachstumssteigerungen, nie von den Problemen, die damit verbunden waren, und das DDR-Fernsehen und -Radio sowieso nicht.

FH: Waren damals in der DDR die Umweltschäden sichtbarer als im Westen?

PW: Man hat im Ruhrgebiet versucht, den sogenannten blauen Himmel über der Ruhr[2] zu verwirklichen, erst durch höhere Schornsteine, dann durch Filter in den Schornsteinen. Wir haben im Westen in den 80er-Jahren viel über Dioxine und Super-Gifte geredet, die man nicht sieht. Es gab Informationen aus Amerika, wo etwa DDT oder Asbest schon verboten waren. Es drehte sich viel um Umweltgifte, die nicht direkt sichtbar waren, aber von Wissenschaftlern in der Nahrung oder in der Luft entdeckt wurden.

FH: Carlo, du hast dir in den 80er-Jahren Industriegebiete im Westen angeschaut. Was waren deine Eindrücke?

CJ: Mein Eindruck in Bochum war: Eine ländliche Landschaft mit Apfelbäumen und hinten eine Halle, aus der der Opel Astra kam. Man hat nur ein leises Rattern gehört. Wenn ich nachts mit dem Zug durchs Ruhrgebiet gefahren bin, habe ich sehr große beleuchtete Industrieanlagen gesehen. Da war äußerlich keine Umweltbelastung zu erkennen. Ich habe später erfahren, dass der stoffliche Umsatz vieler Anlagen teilweise noch viel größer war als im Osten, aber die Erscheinung war grundsätzlich unterschiedlich. In der DDR konnte man die Umweltschäden sehen, riechen, schmecken.

FH: Trotzdem gab es lange Zeit kein Bewusstsein für das Ausmaß der Umweltschäden und die Folgen, da sie von offizieller Seite in der DDR nicht thematisiert wurden. Wie konnte sich in diesem Kontext eine Umweltbewegung herausbilden und welche Rolle spielte die Fotografie?

CJ: Die Anfänge haben mit Kunst und Reisen zu tun. Es gab ja zahlreiche Einschränkungen der Reisefreiheit, deswegen reisten wir zumindest ständig in der DDR herum. Ich hatte als 18-/19-jähriger ein Netzwerk, das sich von Berlin nach Jena spannte wo überall Freunde waren, die einen aufnahmen, so etwas wie die DDR-68er. Außerdem gab es damals Künstler, die sich mit der Ästhetik des Verfalls beschäftigten, also ganz bewusst die zusammenfallenden mittelalterlichen Städte fotografierten und künstlerisch darstellten. Wir sind viel herumgefahren und haben fotografiert. Man sah sich alles bewusst an und versuchte diesen Eindruck festzuhalten: den einer untergehenden Welt.

Carlo Jordan und Peter Wensierski haben einige Fotografien aus ihrem Privatarchiven zum Gespräch mitgebracht. Diese Fotografie bildet geradezu ein symbolisches Gegenbild zum Windstosser-Eingangsbild der Ausstellung. Zu sehen ist Siegbert Schefke[3], ebenfalls mit Kamera ausgestattet, jedoch in Alltagskleidung, ohne Auftrag, auf selbstständiger Erkundungstour, im Hintergrund das Kernkraftwerk Stendal. Es solle das größte Kernkraftwerk der DDR werden, wurde aber nie fertiggestellt.
 
Siegbert Schefke mit Kamera/ Privatarchiv Carlo Jordan

FH: Und daraus sind dann später die ersten Umweltgruppen entstanden?

CJ: Die Umweltbewegung war besonders stark in den Gebieten, in denen die industriellen Folgeschäden besonders sichtbar waren. In der Uckermark zum Beispiel waren die Umweltveränderungen enorm aufgrund der Industrialisierung der Landwirtschaft. In Haßleben gab es ein riesiges Schweinemastkombinat – in der Arche Nova[4] sollte Haßleben wie Bitterfeld zum Symbolwort werden. Man hatte dort nicht genug Wasser, um die Gülle zu verdünnen und zu bestimmten Zeiten aufs Feld zu bringen. In einem einzigartigen Waldgebiet wurde ein Güllesee angelegt und die Gülle wurde mit angestauten Gewässern (Kuhzer See) verdünnt auf die Felder gebracht, wodurch zum Beispiel die Ufervegetation abstarb und die Wasserqualität schlechter wurde. Dort entstand dörflicher Widerstand, teilweise organisiert von Gemeinde-Krankenschwestern, die vor Ort die bessere Connection zu den Leuten hatten – und so konnten wir dann den letzten See, der noch angestaut werden sollte, retten.

Radfahrer vor Espenhain 1988, im Hintergrund die Braunkohleschwelerei Espenhain in der Nähe von Leipzig mit auffällig großen Rauchwolken. Foto: Matthias Voigt/ Privatarchiv Carlo Jordan

FH: Auf der zweiten Fotografie, die du mitgebracht hast, sind Radfahrer*innen zu sehen. In der Umweltbewegung spielten die sogenannten Rad-Demos eine wichtige Rolle. Gehörten sie zu den ersten öffentlichen Protestaktionen, die ihr organisiert habt?

CJ: Ja, wir haben mit Rad-Demos angefangen, zum Beispiel mit der Friedensfahrt ohne Sieger. [5] Das große Überthema war damals Frieden. Aber die Friedensbewegung hatte 1983 ihren Höhepunkt überschritten und der apokalyptische Gedanke eines atomaren Overkills verlagerte sich immer mehr auf Umweltthemen. Jüngere Leute haben die ersten Umweltgruppen gebildet und 1982/83 mit Umweltseminaren und Baumpflanzaktionen angefangen. Es wurde immer viel fotografiert, zunächst vor allem künstlerische Darstellungen, die im Freundeskreis und später in Ausstellungen in kirchlichen Räumen gezeigt wurden.

FH: Peter, du bist damals als Journalist aus dem Westen auf diese Umweltgruppen gestoßen und hast auch Fotos von den Baumpflanzaktionen mitgebracht. Wie haben diese Bilder und Themen dann eine breitere Öffentlichkeit erreicht? Wie hast du das wahrgenommen?

Das Bäume- und Waldsterben in der DDR wurde immer sichtbarer, insbesondere im Erzgebirge[6]. Auf dieser Abbildung einer Protestaktion beim Zementwerk Rüdersdorf sind im Hintergrund zwei abgestorbene Bäume zu erkennen.
Zementwerk Rüdersdorf/ Foto: Martin Claus/ Privatarchiv Carlo Jordan

PW: Ich war in der DDR ab 1979 als Journalist unterwegs und stieß dann recht schnell auf die ersten Umweltgruppen. In Schwerin habe ich die ersten Baumpflanzaktionen begleitet. Diese Gruppe von wirklich jungen Leuten wollten praktisch etwas tun, ohne gleich mit dem Staat in Konfrontation zu geraten. Sie haben sogar versucht, einen staatlichen Betrieb, „VEB Stadtgrün“, einzubeziehen und von denen die Bäume zu bekommen. Da wurden noch keine großen Forderungen gestellt. Aber es gab bereits das kirchliche Forschungsheim Wittenberg mit Peter Gensichen[7], das eine lange Naturschutztradition hatte. Peter Gensichen hat versucht, mit in kleiner Auflage hergestellten Schriften die ersten Umweltgedanken zu verbreiten. Die Schriften waren nur zum innerkirchlichen Dienstgebrauch bestimmt, verbreiteten sich aber schnell auch außerhalb der Kirche. Das waren anfangs vor allem Appelle an den Einzelnen wie: Lebensstil ändern, Ressourcen sparen, Rad benutzen statt Auto fahren. Es war noch keine politische Umweltbewegung, es entwickelte sich aber daraus die Nachfrage: „Wie steht es denn um die Umwelt?“ Man wollte Fakten wissen und da wurde es sehr schnell politisch, weil man an Grenzen stieß.

Eine zweite Baumpflanzaktion fand im März 1980 in Schwerin mit 100 Teilnehmer*innen unter der Leitung des 18-jährigen Jugendlichen Jörn Mothes statt. Selbst derartige Pflanzaktionen wurden seitens des DDR-Staates argwöhnisch betrachtet und als staatsfeindlich eingestuft.
 
Peter Wensierski/ Privatarchiv Peter Wensierski

FH: Welche Grenzen waren das?

PW: Man merkte sehr schnell, dass eine Umweltbewegung ohne eine Demokratisierung nicht möglich ist. Zur Umweltbewegung gehört auch, darauf aufmerksam machen zu können, dass ein Fluss völlig verseucht ist, dass man einlädt, den Fluss zu besichtigen, zu demonstrieren, dass man einlädt, mit dem Fahrrad durch ein Industrierevier zu fahren. Und da war die DDR ja höchst neurotisch: Schon wenn mehr als zwei, drei, vier Leute zusammen Fahrrad fuhren, witterte man eine Staatsgefährdung. Es wurde sofort politisch durch den Einsatz von Stasi und Volkspolizei und Lehrer, die die Schüler maßregelten.

FH: Obwohl die DDR ja interessanterweise schon 15 Jahre vor der Bundesrepublik ein eigenes Umweltministerium hatte.[8] Wie passt das zusammen?

CJ: Die DDR erkannte das Thema Umwelt in der internationalen Diskussion, und wollte es nutzen, um den Prozess der internationalen Anerkennung voranzutreiben. Das Umweltministerium war zunächst recht progressiv, was die Gesetzgebung betraf, aber die Existenzbedingungen des Staates verschlechterten sich, es gab weniger Öl aus der Sowjetunion und infolgedessen wurde alles auf Braunkohle umgestellt.

FH: Das Energieproblem der DDR wird auch in einem in der Ausstellung gezeigten Artikel aus der Zeitschrift Für Dich von 1975 thematisiert: da ist vom „geplanten Zuwachs der Warenproduktion die Rede“ und von „Rationalisierungsmaßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs“, aber der stieg stetig an: 1985 stammte 30 Prozent der weltweiten Braunkohleproduktion aus der DDR. Obwohl teilweise sogar Bürger*innen der DDR direkt von Umweltschäden gesundheitlich betroffen waren, [9] wurden die Umweltdaten geheim gehalten. Und dass die Daten geheim waren, war lange Zeig auch nicht bekannt?

PW: Dieser Geheimhaltungsparagraph von 1982 wurde selbst geheim gehalten, es gab keine öffentliche Mitteilung darüber, dass er existierte, dass dieses Gesetz verabschiedet wurde.[10]

CJ: Der Staat machte dann eine nachholende Entwicklung durch. Mit Gründung des Kulturbunds sollte alles der entstehenden Umweltbewegung aufgenommen werden: von dem letzten Hobby bis zum speziellsten Naturforscher. Dort entstand die Gesellschaft für Natur und Umwelt. Wir machten das erste Berliner Ökologie-Seminar zum Thema Stadt-Ökologie und dann gründete der Staat Stadt-Ökologie-Gruppen. Das hat auch bestätigt, wir sind nicht bloß die bösen Konterrevolutionäre, sondern an dieser Problematik ist wirklich etwas dran.

FH: Welche Rolle spielte der Austausch und die Zusammenarbeit der Umweltbewegungen in West- und Ostdeutschland?

CJ: Wir hatten die Möglichkeit, vor allem in der taz, aber auch im Spiegel zu publizieren und unsere Filme wurden im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gezeigt, das war natürlich der größte Aufklärungserfolg[11]. Das ist für die Leute vom Kulturbund völlig unmöglich gewesen, die durften noch nicht einmal kleine Informationshefte ausgeben.

PW: Ich konnte sieben Jahre recht kritisch auch aus der DDR berichten und über die Umweltprobleme einige Informationen zusammenstellen. Meine Bücher kursierten auch in Ostdeutschland, wurden versteckt, wurden gelesen, sie konnten zum Beispiel in der Umweltbibliothek eingesehen werden. Eines Tages hieß es dann an der Grenze, dass meine Einreise und meine Arbeit nicht mehr erwünscht und nicht genehmigt sind. Aber meine Arbeiten wurden sowohl in den Umweltgruppen in der DDR als auch bei den Umweltaktivisten und den Grünen im Westen gelesen. Es entstand mehr und mehr das Bewusstsein, dass die Umweltproblematik ein gesamtdeutsches Problem war. Es gab auch Aktionen, bei denen Ost- und West- Umweltschützer gemeinsam protestiert haben.

FH: Wenn man sich die Industriefotografien der Automobilindustrie im letzten Raum der Ausstellung anschaut, fallen vor allem die großen Unterschiede zwischen Ost und West auf, zum Beispiel bei der Herstellung des Trabant im Vergleich zur Massenproduktion bei VW, wo die Produktionsbänder in die Unendlichkeit zu laufen scheinen. Warum war dennoch auch Konsumkritik ein gesamtdeutsches Thema und in beiden Staaten wichtig für die Umweltbewegung?

PW: Ich wunderte mich, dass die jungen Leute in den Umweltgruppen in der DDR auch von Konsumverzicht sprachen. Im Westen gab es in den 60er- und 70er-Jahren eine Konsumwelle und es war völlig einleuchtend, dass dagegen Kritik laut wurde. In der DDR dachte ich zuerst: wie kann man in einem Land, in dem die Mehrheit der Bürger dauernd darüber klagt, dass es nichts zu konsumieren gibt, oder nicht das, was man gerade will, wie können da die jungen Leute sagen: wir müssen auf Konsum verzichten, wir müssen unseren Lebensstil vereinfachen und ändern. Durch die Gespräche mit Umweltaktivisten in der DDR habe ich begriffen: die Knappheit führte dazu, dass die Menschen ständig in Gedanken mit Konsum beschäftigt waren. Und daran haben sie sich gestört. Dazu kam eine Kritik an der Saturiertheit ihrer Elterngeneration, die möglicherweise ein Auto, eine Schrankwand, Neubauwohnungen im Plattenbau hatten. Sie distanzierten sich von diesen Lebensstilen und suchten Gemeinschaft mit anderen.

CJ: Es gab viele Gemeinschaftsprojekte und eine Kultur des bewussten Verzichts und Recycelns. Dinge, die die Allgemeinheit entwertet hatte, wurden plötzlich aufgewertet. Man wollte nicht den hohen Preis zahlen, den die „herrschende Arbeiterklasse“ zahlte, damit sie diese Annehmlichkeiten hatte, diese Schrankwand war ja teuer, dieses Fernsehgerät kostete 6000 Mark, ein halbes Jahresgehalt. Das haben wir von vornherein nicht erreichen können. Anders als in Westdeutschland gab es Anfang der 80er-Jahre genug Altbauwohnungen, weil die „herrschende Arbeiterklasse“ in das Wohnungsbauprogramm von Erich Honecker gezogen ist. Deswegen war es relativ leicht, eine Wohnung zu finden. Das war eine Freiheit im Kleinen: Wer sich jetzt auf ein einfaches Leben beschränkte, konnte da eigentlich ganz gut leben.

Dies ist die editierte Fassung eines zweieinhalbstündigen Gesprächs und gemeinsamen Rundgangs durch die Ausstellung. Vielen Dank an Carlo Jordan und Peter Wensierski.

Im Rahmen der Führungsreihe „Doppelt belichtet“ bietet sich die Gelegenheit, über diese und andere Themen mit Peter Wensierski (22. April) bei einem Rundgang durch die Ausstellung ins Gespräch und zu kommen. Zum Thema „Arbeitswelten von Frauen“ haben im März bereits zwei Rundgänge mit der Zeitzeugin Jeanette Goldmann stattgefunden. Weitere Themenführungen mit Zeitzeug*innen finden am 27. April mit Mustafa Yeni und am 1. Mai mit Dr. Edith Pichler zum Thema „Arbeitskämpfe“ statt.


[1] „Der Himmel über dem Ruhrgebiet muss wieder blau werden“ ist eine bekannt gewordene Forderung, die Willy Brandt 1961 in einer Wahlkampf-Rede benutzt hatte. „Damit rückte Brandt – lange bevor es die Begriffe Umweltschutz oder Umweltpolitik gab – ein regionales und bis dahin vernachlässigtes Problem ins Blickfeld gesellschaftspolitischer Debatten. Er machte aufmerksam auf die Schattenseiten des deutschen Wirtschaftswunders…“ [Vgl. https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/umweltbundesamt-der-himmel-ueber-der-ruhr-ist].

[2] Die Region um Bitterfeld gehörte zum sogenannten Chemiedreieck, das eine der am stärksten von Umweltzerstörungen belasteten Regionen der DDR war.

[3] Siegbert Schefke, Bürgerrechtler und Journalist, gehörte neben Carlo Jordan 1986 zu einem der Mitgründer der oppositionellen Um-weltbibliothek in der Ost-Berliner Zionskirchgemeinde.

[4] Die Arche Nova war die Untergrundzeitschrift des Grün-ökologischen Netzwerk Arche, das Carlo Jordan 1988 mitbegründet hat. Die Arche war der erfolgreichste Versuch, die Umweltprobleme der DDR zum Thema oppositioneller Politik zu machen.

[5] In Anspielung auf die alljährliche „Internationale Friedensfahrt“ wurde im Mai 1983 eine „Friedensfahrt ohne Sieger“ durch das ökologisch verwüstete Berliner Umland (Rüdersdorf) durchgeführt. Das Motto war: „Im Frieden darf es keinen Sieger geben, sonst werden wir nie in Frieden leben!“ Die zweite Fahrt im Folgejahr wurde von der Polizei verhindert und die Teilnehmer mit Ordnungsstrafverfahren überzogen [Vgl. Rüddenklau 1992, Störenfried DDR-Opposition. 1986-1989. Mit Texten aus den Umweltblättern. S. 47, 49f.].

[6] Peter Wensierski hat 1987 einen Dokumentarfilm über die Waldschäden im Erzgebirge gemacht.

[7] Peter Gensichen war seit 1975 Leiter des Forschungsheims, das zu einem zentralen Organ und Multiplikator der Umweltbewegung wurde. Gensichen förderte die Tätigkeit kirchlicher Umweltgruppen, die mit Ausstellungen, Seminaren, Veranstaltungen und Publikati-onen zum Thema Umweltschutz informierten.

[8] Das Ministerium für Umweltschutz und Wasserwirtschaft der DDR (MUW) wurde am 1. Januar 1972 gebildet. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit wurde am 6. Juni 1986 gegründet.

[9] In einem Dokumentarfilm berichtete Peter Wensierski 1990 über die Situation der Kinder in Bitterfeld. Von Seiten der Krise-Hygiene-Inspektion war bekannt, dass Regionen wie Bitterfeld für Kinder eigentlich unbewohnbar sind sie wegen der nicht eingehaltenen Grenzwerte für Giftstoffe hätten evakuiert werden müssen.

[10] In der Arche Nova 2 wurde erstmals die geheime Regierungsanweisung über die doppelte Geheimhaltung der DDR-Umweltdaten von dem Wissenschaftler Reinhard Klaus veröffentlicht.

[11] 1988 erschienen zum Beispiel Auszüge aus dem von einer DDR-Umweltgruppe illegal gedrehten Dokumentarfilm „Bitteres aus Bitterfeld“ in der Sendung Kontraste, für die damals Peter Wensierski Redakteur war.