Zurück nach Berlin
Dr. Dietmar J. Ponert zu einer umfangreichen Schenkung aus Familienbesitz
29. Januar 2025
Im Rahmen der Blogserie zur Arbeit der Sammlungen im Deutschen Historischen Museum (DHM) geht es um zentrale Punkte wie den Entscheidungen für oder gegen die Aufnahme von Objekten, um die unterschiedlichen Wege der Zugänge, die sich ändernden Forschungsfragen an die Sammlungen, um die Erforschung der Herkunft der Objekte und viele weitere Aspekte.
So gelangte Ende 2023 der umfangreiche Nachlass der Berliner Familie Bornitz als private Schenkung des ehemals am Berlin Museum (heute: Stadtmuseum Berlin) tätigen Kunsthistorikers Dr. Dietmar J. Ponert in die Sammlung Angewandte Kunst des DHM.
Aus materiell höchst unterschiedlichen Gegenständen bestehend – von einer Esszimmer-Sitzgruppe aus der Zeit um 1810 über Bildnis-Miniaturen von Familienmitgliedern und deren Umfeld, Laienmalereien mit Veduten der verschiedenen Wohn- und Wirkungsorte, handbemaltes KPM-Porzellan, Berliner Eisengusserzeugnisse der Schinkelzeit bis hin zu einem Trio seltener klassizistischer Marmorvasen in Bronzemontierung aus der Zeit um 1780/90 – haben die Gegenstände die Zeitläufte überdauert.
Das Herzstück der Schenkung – die qualitätvolle Sitzgruppe mit Mahagoni- und Palisanderfurnier – stand ursprünglich im klassizistischen Stadthaus der Gräfin von Schmettow, Unter den Linden 16; das Erdgeschoss bewohnte ab 1810 der an der Charité tätige Arzt Friedrich Bornitz (1777–1853) mit seiner Familie. Die Gegenstände gingen an den 1809 geborenen Sohn Friedrich Alexander (1809–1876) über, der von 1845 bis zu seinem Tod die Pfarrstelle in Stralau bekleidete und im noch heute erhaltenen Pfarrhaus in Berlin-Lichtenberg wohnte.
Zum Ende des Jahrhunderts gelangte der beschriebene Nachlass des Pastors Bornitz durch Vermählung seiner Tochter und Erbin Alexandrine Wilhelmine Johanne mit Johann Friedrich Hermann Pfannenstiel (1829–1896) in die Familie Pfannenstiel. Dessen Enkelsohn Ekkehart Pfannenstiel (1896–1986) wurde zum geistigen Mentor des heute 81-jährigen Schenkers Dietmar J. Ponert, dessen Familie 1945 aus Breslau flüchtete und später im niedersächsischen Oldenburg lebte: „In Oldenburg wurde ich während meiner Schulzeit am Alten Gymnasium oftmals in das Wohnzimmer eingeladen, das mit diesen Möbeln, Bildern und Gegenständen ausgestattet war, die den Krieg über und danach über mehrere Stationen mit vielen Verlusten dorthin gerettet worden waren. Auch ich war ,Flüchtling’, 1943 in Breslau geboren und im Januar 1945 mit meiner Mutter und deren Eltern auf einem Ochsentreck in den Bayerischen Wald geflüchtet und wuchs ab Herbst 1946 in Oldenburg auf. Die Lebensgeschichte meines Musiklehrers Ekkehart Pfannenstiel, die er mir selbst nie erzählte, kann ich jetzt in Teilen rekonstruieren”, so der Schenker in einem noch unveröffentlichten Aufsatz über den ihm testamentarisch anvertrauten „Bornitz-Nachlass”. Mit der nun erfolgten Übergabe des Konvoluts ans DHM schließt sich ein Kreis und die Objekte kehren nur wenige hundert Meter von ihrem ursprünglichen Bestimmungsort entfernt nach Berlin zurück. Anlass genug, den großzügigen Schenker zu einem Interview einzuladen – einer Bitte, der Dietmar J. Ponert angesichts seiner Verbundenheit mit den lange in seinem eigenen Wohnhaus verwahrten, konservatorisch vorbildlich gepflegten und durch seine eigenen Recherchen gut dokumentierten Gegenständen nur zu gern nachgekommen ist.
Dr. Wolfgang Cortjaens, Sammlungsleiter Angewandte Kunst und Grafik am DHM und Dr. Dietmar J. Ponert, Schenker des Konvoluts im Interview