Der Einfluss von Versailles in Karlsruhe

Karlsruhe ist eine der bedeutendsten Residenzstädte des Absolutismus in Süddeutschland. Der fächerförmige Stadtgrundriss wurde am Reißbrett geplant, als Markgraf Karl III. Wilhelm von Baden-Durlach seine alte Residenz Durlach ersetzen wollte. Der Grundstein wurde 1715 gelegt.

Das Vorbild dieser Idealstadt, aber auch zahlreicher anderer Schlossanlagen in den deutschen Territorien, war die Residenz Ludwig XIV. in Versailles. Die Garten- und Stadtanlagen in den beiden absolutistischen Residenzstädten waren geometrisch auf das Schloss ausgerichtet und bildeten ein Gesamtkunstwerk. Auf diese Weise sollten sie den Ruhm des Landesherren illustrieren, seine Machtvollkommenheit und die Ordnungsfunktion des Staates ausdrücken.

 

Der Traum des Markgrafen

Der Markgraf Karl III. Wilhelm von Baden-Durlach wünschte seine alte Residenz in Durlach, die nach dem Dreißigjährigen Krieg nur notdürftig repariert worden war, zu verlassen. Er träumte davon, sich eine weitläufige Stadtanlage zu schaffen. Deren Mittelpunkt sollte sein Residenzschloss sein. Vom Schloss erstrecken sich 32 Wege wie Sonnenstrahlen in die Landschaft.

Das Bild der Sonne, das Ludwig XIV. zu seinem persönlichen Symbol gemacht hat, wird hier zum Stadtplan. Dieses sollte illustrieren, dass nur der Markgraf die ideale Ordnung herstellen konnte: Er stellte die Bauflächen zur Verfügung und er hatte die ästhetische Vision. Der Plan war anspruchsvoll, aber die Kassen der Markgrafschaft leer; daher war das Schloss, ein Fachwerkbau, am Anfang auch bescheiden. Die Stadt sollte von den zukünftigen Bewohnern errichtet werden, daher mussten sie mit Privilegien angelockt werden. Es sollten sich Gewerbe und Manufakturen ansiedeln. Dazu erließ der Markgraf einen Privilegienbrief, der den Bewohnern zahlreiche Vergünstigungen zugestand.

 

Der Privilegienbrief

In dem Privilegienbrief werden den Bürgern Karlsruhe weitreichende Rechte und Freiheiten eingeräumt. Lesen Sie einige der 18 Punkte in einer leicht gekürzten und sprachlich aktualisierten Fassung:

I. Von dem Recht zur Ansiedlung und dem Genuss dieser Freiheiten darf niemand wegen seiner Religion ausgeschlossen werden. Vielmehr sollen alle, die einer der im Heiligen Römischen Reich verbreiteten Religionen angehören, aufgenommen und in ihrem Handel und Wandel gefördert werden.

III. Der Markgraf stellt jedem neu ankommenden Einwohner unentgeltlich ein Grundstück für die Errich-tung eines Wohnhauses zur Verfügung. Die Flächengröße richtet sich nach Beruf und Familienstand. Im Bedarfsfalle kann auch Fläche für Hof, Scheune, Stallungen und Garten überlassen werden.

IX. Der Markgraf gewährt allen künftigen Einwohnern Carols-Ruhes zur finanziellen Entlastung angesichts der Baukosten und zur Erleichterung des beruflichen Starts auf 20 Jahre eine Befreiung von Einquartierungen, Lasten, Steuern, Abgaben

XIV. Der Markgraf verfügt, dass der Einkauf der für die Hofhaltung erforderlichen Waren, soweit sie in Karlsruhe erhältlich sind, zunächst vor Ort bei den neuen Einwohnern erfolgen soll.

XV. Die neuen Einwohner und ihre Erben und Nachkommen sind dauerhaft von der Leibeigenschaft und allen Dienstverpflichtungen befreit.