Plittersdorf
Vom unberechenbaren Strom zur Wasserstraße
Plittersdorf war im 18. Jahrhundert ein vom Hochwasser des Rheins besonders gefährdetes Dorf zwischen Rhein und Rastatt. Bei Schneeschmelze in den Alpen und zusätzlichen Niederschlägen wurde der Strom unberechenbar und trat oft über die Ufer. Er änderte seinen Lauf in der bis zu drei Kilometer breiten Auenlandschaft und damit auch die Grenze zwischen deutschen und französischen Territorien.
Um den Hochwasserschutz zu verbessern und Agrarflächen zu gewinnen, leitete ab 1817 der Wasserbauingenieur Johann Gottfried Tulla eine der größten Baustellen, die Deutschland je gekannt hat: die Begradigung des Rheins. Nach Tulla ließ Max Honsell ab 1907 den Rhein als Wasserstraße für den Handel ausbauen, der Rhein wurde bis Basel schiffbar. Der „moderne Oberrheinausbau" von 1928 bis 1977 hatte die Energiegewinnung durch Wasserkraftwerke, Dämme und Stauräume zum Ziel.
Die Rastatter Rheinaue blieb eine der wenigen natürlich überflutbaren Rheinauen am Oberrhein.
Tullas Plan zur Rheinbegradigung
Zwischen den Anrainerstaaten Baden und Bayern wurde 1817 eine Vereinbarung erreicht und Tulla konnte mit der Rheinbegradigung in der Nähe von Karlsruhe beginnen: Durch Kanalisierung wurde der verschlungene Fluss in ein einziges, gerades Bett gezwungen. Tullas Ziel war die Tieferlegung des Flussbettes. Zwischen Schutzdeichen eingefasst, sollte der Hauptstrom sich selbst tiefer eingraben. Dazu wurden die Schlingen des Stroms an ihren engsten Stellen durchstochen und das Wasser durch einen zuvor gegrabenen 10 Meter breiten Kanal geleitet. Die Verbreiterung auf 250 Meter etwa machte der Fluss selbst.
Die Ufer wurden befestigt und Deiche gebaut. Dadurch wurde der Grundwasserspiegel abgesenkt und das Gelände entsumpft. Mit der Landgewinnung konnte die Malaria, die damals noch durch Mücken im Rheintal verbreitet wurde, zurückgedrängt werden. Aber auch die Fischerei ging stark zurück und die Goldwäscherei wurde ganz eingestellt. Nach dem Tode Tullas 1828 wurden die Arbeiten bis 1876 weitergeführt. Der Rhein war danach zwischen Basel und Bingen um 81 Kilometer kürzer.