English
(…) and starts talking. You have now arrived (…). Every newly arrived person will be disinfected and only then be accommodated (…). And now everybody is asked to undress, leave everything here, and in pairs of two (…). First, your hair will be cut off. Our hair will be cut off? We weren’t frightened, we were silent. Now, get undressed!
Then we listened attentively and wanted to undress. But there were also men in the room. You left shame at home, get undressed finally, the woman said. We undressed. The men ran around the room laughing, we stood around naked and deeply ashamed. These men were Jews. The girl who was talking was a Jew. Later we learned that she was from Pozsony/Bratislava. There were also some nice girls in the room who shaved our hair off. Zsuzsa was the first I saw with a bald head. She looked terrible. I probably don’t have to mention that this shiny girl’s head had still been full of beautiful curls half an hour ago. And then it was the others’ turn. Dóra and Jitti somehow went to the front, and I didn’t see them shaven. It was my turn with Erika Stern. Before my hair was shaven off, I saw that a Slovakian girl led Dóra, my sister, around and kissed her. Dóra shouted at me that her hair won’t be shaven off. We couldn’t talk more to each other, because it was my turn now. Two plaits in a coil of hair at the back. My mother didn’t allow us to have a bob haircut. You can wait until the last minute, she always said. In the ghetto, many girls had their hair cut short. Suddenly the hair was gone. I didn’t cry when my hair was cut off. In the bathroom, I met Jitti and Dóra. When we saw each other, we laughed, we were obviously not in our right senses, we lost our minds. Instead of screaming, we were laughing. We didn’t know what was waiting for us. Bathing was over. At the exit of the bathroom, caustic water is sprayed upon us, one said: we were disinfected. Now clothes were distributed. On one table there were dresses, on the other one shirts, and on the third trousers, and everywhere stood a Slovakian girl and threw or handed us the things, as they fell into their hands. I received a black woven dress that was combined with Bordeaux-red velvet. I cannot describe what I looked like. It was tight, a long, thick thing, terrible. If an antiques dealer had dropped by, he would have thrown it to his old stuff. But I was not the only one who looked like that, not at all. The front part of the other dresses was missing, or they were completely torn, so there was no point to them. Jitti received a decent enough silk dress, Zsuzsa a nice blue linen dress, Dórika a very beautiful cotton dress.
Deutsch
(...) und fängt an zu reden. Ihr seid jetzt angekommen (...). Alle neu Angekommenen werden desinfiziert und erst dann untergebracht (...). Und jetzt soll jeder sich ausziehen, alles hier lassen und zu zweit (...). Zuerst werden eure Haare abgeschnitten. Unsere Haare werden abgeschnitten? Wir erschraken nicht, wir schwiegen. Los, zieht euch aus!
Da horchten wir auf und wollten uns ausziehen. Aber im Raum waren auch Männer dabei. Ihr habt die Scham zu Hause gelassen, zieht euch endlich aus, sagt die Frau. Wir ziehen uns aus. Die Männer laufen lachend im Raum hin und her, wir stehen nackt und rot vor Scham herum. Diese Männer waren Juden. Das Mädchen, das redete, war Jüdin. Später erfuhren wir, dass sie aus Pozsony/Bratislava war. Im Raum befanden sich auch ein paar nette slowakische Mädchen, die unsere Haare abschoren. Zsuzsa war die erste, die ich mit kahlem Kopf erblickte. Sie sah schrecklich aus. Ich muss vielleicht gar nicht sagen, dass dieser glänzende Mädchenkopf vor einer halben Stunde noch schöne Locken trug. Und dann waren die anderen an der Reihe. Dóri und Jitti waren irgendwie nach vorne geraten und ich sah sie nicht geschoren. Ich war an der Reihe mit Erika Stern. Bevor meine Haare abrasiert wurden, sah ich, dass ein slowakisches Mädchen Dóri, meine Schwester herumführt und küsst. Dóri ruft zu mir, dass ihre Haare nicht abrasiert werden. Mehr können wir nicht miteinander reden, weil nun ich dran war. Hinten zwei kurze Zöpfe im Haarkranz. Meine Mutter erlaubte uns nicht, eine Bob-Frisur schneiden zu lassen. Ihr könnt noch bis zur letzten Minute warten, sagte sie immer. Im Getto ließen viele Mädchen ihre Haare kürzer schneiden. Auf einmal waren die Haare ab. Ich weinte nicht, als meine Haare abgeschnitten wurden. Im Bad traf ich Jitti und Dóri. Als wir uns sahen, lachten wir, anscheinend waren wir nicht mehr bei Sinnen, wir verloren den Verstand. Statt laut zu schreien lachen wir. Wir wussten nicht, was auf uns wartet. Dass es schlimm ist. dass wir für Wochen entstellt wurden. Wir wussten gar nichts. Das Baden ist vorbei. Bei dem Ausgang aus dem Bad wurde ätzendes Wasser auf uns gesprüht, man sagt so: wir wurden desinfiziert. Jetzt wird die Kleidung verteilt. Auf einem Tisch lagen Kleider, auf dem anderen Hemden, auf dem dritten Hosen und überall stand je ein slowakisches Mädchen und warf oder gab uns die Sachen, wie es ihnen in die Hand kam. Ich kriegte ein schwarzes Webkleid, das mit bordeauxrotem Samt kombiniert war. Wie ich aussah, kann ich gar nicht beschreiben. Es war eng, ein langes, dickes Ding, furchtbar. Wenn ein Antiquitätenhändler vorbeigeschaut hätte, hätte er es zu seinem alten Zeug geschmissen. Aber ich war nicht die einzige, die so aussah, keineswegs. Bei den anderen fehlte das Vorderteil oder war es ganz zerfetzt, so dass das Kleid überhaupt nichts brachte. Jitti kriegte ein ganz ordentliches schwarzes Seidenkleid, Zsuzsa ein nettes blaues Leinenkleid, Dóri ein sehr schönes Kattunkleid.