Deutsches Historisches Museum restituiert Gemälde von Hermann Knackfuß an die Erbengemeinschaft von Rudolf Mosse
Download
Das Deutsche Historische Museum hat Hermann Knackfuß‘ Gemälde „Prinz Leopold von Anhalt-Dessau (1676-1747) in der Schlacht von Turin am 07. September 1706“ aus dem Jahr 1884 an die Erbengemeinschaft des jüdischen Verlegers und Philanthropen Rudolf Mosse restituiert. Diese ermöglichte es dem Museum anschließend, das Werk für seine Sammlung zu erwerben.
Prof. Dr. Raphael Gross, Präsident der Stiftung Deutsches Historisches Museum: „Dank intensiver Recherchen unserer Provenienzforscherinnen konnte das DHM die Herkunftsgeschichte des Gemäldes in den vergangenen Jahren im Detail nachvollziehen und das Werk nun im Sinne der Washingtoner Prinzipien an seine rechtmäßigen Eigentümer zurückgeben. Es freut mich besonders, dass das DHM mit seiner Provenienzforschung der Rekonstruktion der Sammlung Mosse einen weiteren Baustein hinzufügen konnte. Das DHM ist den Nachkommen von Rudolf Mosse zu großem Dank verpflichtet, dass es das Gemälde für seine Sammlung erwerben konnte. Es wird in der neuen Ständigen Ausstellung, die wir derzeit erarbeiten, einen wichtigen Beitrag zur Geschichte des Zeughauses leisten.”
Prof. Dr. Jan Hegemann, Raue Partnerschaft von Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen mbB, im Namen der Erbengemeinschaft Rudolf Mosses: „Die Erben nach Rudolf Mosse bedanken sich für die konstruktive Zusammenarbeit mit dem DHM bei der Abwicklung dieses Restitutionsfalles. Sie freuen sich, dass das Werk im DHM dauerhaft der Öffentlichkeit zugänglich bleibt.“
Nach einem Hinweis der Mosse Art Research Initiative hatte das Deutsche Historische Museum seit 2019 recherchiert, ob es sich bei dem Gemälde in seinem Bestand um ein Werk aus der „Sammlung Rudolf Mosse” handeln könne.
Die Entstehungsgeschichte des Gemäldes ist mit dem Zeughaus, dem heutigen Standort des Deutschen Historischen Museums, verbunden: Nach Fertigstellung der „Ruhmeshalle der brandenburgisch-preußischen Armee“ im Zeughaus wurden am Ende des 19. Jahrhunderts mehrere Wandgemälde beauftragt – darunter auch ein Schlachtengemälde des Historienmalers Hermann Knackfuß, das die Schlacht von Turin im Jahr 1706 zeigt. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Werk durch Bombeneinwirkung zerstört. Heute existieren noch der Entwurf für das Wandgemälde sowie weitere Versionen, darunter die ebenfalls 1884 entstandene, kleinformatigere Replik auf Leinwand aus der Sammlung des DHM.
In der Kunstsammlung des jüdischen Verlegers und Mäzens Rudolf Mosse (1843-1920) ist ab 1908 ein Schlachtengemälde von Hermann Knackfuß mit wechselnden Titeln, jedoch ohne Maßangaben oder Abbildungen nachweisbar. Im Sammlungskatalog von 1915 und allen späteren Katalogen zur „Sammlung Rudolf Mosse“ wird das Bild mit dem korrekten Titel „Schlacht von Turin“ angegeben.
Mit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler hatte unmittelbar die Verfolgung des Mosse-Konzerns begonnen: Nach Publikationsverboten folgten Kreditverweigerungen und schließlich die Zwangsübertragung. Die sukzessiven Schritte zur „Arisierung“ mündeten Ende 1933 in der Enteignung des Konzerns und des Privatvermögens der Familie Lachmann-Mosse. Unter dem Deckmantel der Gründung der Rudolf Mosse Stiftung GmbH wurden der Familie auch ihre Kunstsammlungen geraubt. Die Kunstgegenstände wurden am 6. und 7. Juni 1934 vom Berliner Auktions-Haus Union angeboten, darunter auch: „Lot 274. Hermann Knackfuß, geb. 1848 in Wissen. Leopold von Dessau in der Schlacht bei Turin. Lw. Gr. 100 x 134 cm. G.R“.
Das Gemälde war laut des Inventarbuchs des Museums für Deutsche Geschichte (MfDG) der DDR im Jahr 1978 in Dessau angekauft worden. Mit der Wiedervereinigung 1990 übernahm das drei Jahre zuvor in West-Berlin gegründete Deutsche Historische Museum das Zeughaus und die Sammlungen des MfDG, darunter auch das Gemälde von Hermann Knackfuß. Die Ergebnisse der Provenienzrecherchen des DHM lassen die Schlussfolgerung zu, dass das Objekt aus dem Sammlungsbestand des DHM identisch mit dem Werk aus der „Union“-Auktion im Juni 1934 sein muss und damit als NS-verfolgungsbedingter Entzug einzuordnen ist. Das Kuratorium des DHM war der Empfehlung des Museums gefolgt, im Sinne einer fairen und gerechten Lösung, wie sie in den Washingtoner Prinzipien entwickelt wurden, das Bild zu restituieren.