Direkt zum Seiteninhalt springen

Anlässlich der kommenden Wechselausstellung „Was ist Aufklärung? Fragen an das 18. Jahrhundert” (18. Oktober 2024 bis 6. April 2025) setzt das Deutsche Historische Museum in Kooperation mit ausgewählten Gruppen der Berliner Stadtgesellschaft und inklusiven Schulklassen aus Berlin und Brandenburg ein umfangreiches Outreach- und Bildungsprogramm um: Im Rahmen des von der Kulturstiftung des Bundes geförderten Programms arbeitet das DHM erstmals ausstellungsbegleitend auf breiter Basis mit Berliner Jugendlichen und jungen Menschen zusammen. Hierfür hat das DHM in den vergangenen Monaten Kooperationen mit sieben Kultur- und Bildungseinrichtungen in Berlin und Potsdam initiiert. Ziel der Zusammenarbeit ist es, in Workshops und mehrmonatigen Arbeitsprozessen die Perspektiven der Beteiligten zu erfassen und in die Ausstellung und deren Rahmenprogramm einzubetten. Anhand von Themen wie (Un-)Gleichheit, Zugang zu Bildung, Bedeutung der Menschenrechte und Geschlechtergeschichte, Individualität und Vernunft schlagen die Formate eine Brücke aus der Gegenwart in das 18. Jahrhundert. Im Sinne einer demokratischen Teilhabe sollen so Barrieren gegenüber der Institution Museum abgebaut und ein junges, diverses Publikum zum Mitmachen und Mitgestalten eingeladen werden.

Bereits seit November 2023 entwickeln die Bildungsreferentinnen und -referenten des Museums neue inklusive Vermittlungsmethoden zu historischen Fragen der Aufklärung: Für das Projekt konnten drei inklusive Schulen gewonnen werden, die nun gemeinsam mit dem DHM zu ausgewählten Objekten der Ausstellung kreative Zugänge erarbeiten. Die Perspektiven der Schülerinnen und Schüler im Alter von 12 bis 16 Jahren werden ab dem 18. Oktober 2024 an multisensorischen Stationen in der Ausstellung präsent sein. Erstmals entstehen so für eine Ausstellung des DHM inklusive Stationen, die sich gezielt an Kinder und Jugendliche richten.

Dem Outreach-Team des DHM ist es zudem gelungen, Kooperationen mit vier Kultur- und Bildungseinrichtungen aufzubauen, die ihre eigenen Sichtweisen und Expertisen auf Themen der Aufklärung einbringen möchten: So ist ein Ausstellungsbereich der Frage „Was bleibt?˝ gewidmet. Dieser wird von einer Gruppe junger Berlinerinnen und Berliner mitgestaltet und bietet den Museumsgästen die Chance selbst zu Wort zu kommen. An einer interaktiven Station thematisiert eine weitere Gruppe anhand von für sie relevanten Themen wie Erziehung oder Geschlechtermodelle den Wandel und die Kontinuitäten zwischen Aufklärung und Gegenwart. Darüber hinaus entwickeln die Teilnehmenden eine Veranstaltungsreihe für ein junges Publikum und werden die Ausstellungsräume zur Bühne machen: Unter dem Motto „Aufklärung now˝ sollen während der Ausstellungslaufzeit aktuelle Fragen an die Aufklärung diskutiert werden.

Zusätzlich sollen digitale didaktische Materialien die gewonnenen Ergebnisse auch nach Ausstellungsende dokumentieren und so weiteren interessierten Gruppen die Möglichkeit bieten, sich mit Themen der Aufklärung auseinanderzusetzen und miteinander in einen produktiven Austausch zu gehen. Abschließend wird im Februar 2025 ein Fachtag mit Expertinnen und Experten aus Bildungs- und Kultureinrichtungen, Politik und Sozialarbeit die Ergebnisse und Lernerfahrungen des Outreach- und Bildungsprogramms diskutieren und verbreiten.

Beteiligte Kultur- und Bildungseinrichtungen:

- Jugendkunstschule Neukölln in Kooperation mit der Alfred-Nobel-Schule (Berlin-Neukölln)

- Das Jugendgremium „Schattenmuseum”, begleitet von dem Künstlerkollektiv Sideviews e.V. (Berlin-Kreuzberg)

- Bildungsträger Pestalozzi-Fröbel-Haus – angehende Sozialpädagoginnen und -pädagogen (Berlin-Schöneberg)

- Bildungszentrum Lohana Berkins, Bildungs- und Sprachzentrum für erwachsene Migrantinnen und Migranten (Berlin-Lichtenberg / Kreuzberg / Neukölln)

Beteiligte Schulen zur Ausarbeitung von inklusiven Angeboten:

- Johann-August-Zeune-Schule für Blinde (Berlin-Steglitz)

- Finkenkrug-Schule mit dem Förderschwerpunkt „Geistige Entwicklung“ (Berlin-Wilmersdorf)

- Wilhelm-von-Türk-Schule mit dem Förderschwerpunkt „Hören“ (Potsdam)

Das Outreach- und Bildungsprogramm wird unter der Leitung von Brigitte Vogel-Janotta, Dr. Crawford Matthews und Lilja-Ruben Vowe entwickelt und umgesetzt.

Zur Ausstellung:

„Was ist Aufklärung?“, fragte der Berliner Pfarrer Johann Friedrich Zöllner 1783 in einem Beitrag für die Berlinische Monatsschrift. Diese nahm die Frage auf, stellte sie ihren Leserinnen und Lesern und initiierte damit eine Debatte um diesen Begriff, der die Philosophiegeschichte prägte.

In der Ausstellung geht es ebenfalls um diesen Begriff. Sie konzentriert sich dabei auf die wichtigen Auseinandersetzungen der Epoche und trägt den Widersprüchen und Ambivalenzen Rechnung, indem sie die Ideen dieser Epoche nicht als homogenes Fortschrittsprojekt präsentiert, sondern Konflikte um Konzepte und Forderungen sichtbar macht. Dabei soll auch deutlich gemacht werden, dass ihre Vorstellungen von Gleichberechtigung oder Toleranz unseren Vorstellungen heute nicht entsprechen und auch oft in der Praxis nicht eingelöst wurden. In aktuellen Diskussionen um gesellschaftliche Fragen und um die Staatsform der Demokratie wird die Aufklärung oft zitiert. Die Ausstellung soll auch einen historischen Kontext für diese Diskussionen schaffen.

Die Ausstellung wird das sogenannte „lange 18. Jahrhundert“ in einer internationalen Perspektive in den Blick nehmen. Das Themenspektrum reicht hier unter anderem von der Suche nach Wissen und der neuen Wissenschaft, über Fragen nach der Religion, der Gleichheit und Freiheit der Menschen und der Forderung nach bürgerlichen Rechten bis hin zu Merkantilismus und Weltbürgertum. Viele der Exponate werden aus den Sammlungen des DHM stammen, aber es werden auch Leihgaben aus Museen und Archiven in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Österreich und den Vereinigten Staaten zu sehen sein.

Die Ausstellung wird inklusiv gestaltet. Multimediale und interaktive Elemente ergänzen die Ausstellungsthemen und beziehen die Besucherinnen und Besucher aktiv mit ein. Eine Kinderspur soll verdeutlichen, dass sich die Fragen der Aufklärung auch an sie richten können. Um die Aktualität der Probleme und Fragen der Aufklärung zu überprüfen, wurden Interviews mit internationalen Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kultur und Medien geführt, die ausschnittsweise in der Ausstellung gezeigt werden und auf der DHM-Webseite in Länge abrufbar sein werden. Ein breites Begleitprogramm ist in Planung.

Die Ausstellung wird von der Kultur- und Literaturwissenschaftlerin Prof. Dr. Dr. hc. Liliane Weissberg kuratiert.

Das Vermittlungsprogramm wird gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes.