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Am heutigen Donnerstag, dem 7. Juni 2018, eröffnete der Präsident des
Deutschen Historischen Museums Prof. Dr. Raphael Gross gemeinsam mit der Staatsministerin für Kultur und Medien Prof. Monika Grütters und dem Botschafter der Republik Namibia S.E. Andreas B.D. Guibeb das interdisziplinäre Symposium „Die Säule von Cape Cross – Koloniale Objekte und historische Gerechtigkeit“.

Vor mehr als 350 nationalen und internationalen Gästen aus Kultur, Wissenschaft und Politik diskutierten Ethnologen, Juristen, Historiker, Philosophen, Politiker und Museumsfachleute aus Afrika und Europa anhand der wechselvollen Geschichte der Säule von Cape Cross die vielschichtigen Fragestellungen, die im Umgang mit der Präsentation von kolonialen Objekten in europäischen Museen auftreten.

Monika Grütters: „Das heutige Symposium ist ein richtiger und notwendiger Schritt auf unserem Weg, Licht ins Dunkel unserer Kolonialgeschichte zu bringen. Mein Dank gilt den Expertinnen und Experten aus Afrika, die eigens für dieses Treffen nach Berlin angereist sind, um mit uns zu sprechen. Denn es ist der Dialog mit den Stimmen aus Afrika und auch aus Asien, es ist der gemeinsame Blick auf die leidvolle Vergangenheit, der uns Deutschen, uns Europäern im Ringen um den richtigen Umgang mit den Vermächtnissen dieser Zeit unverzichtbare Erkenntnis- und Verständnishilfe ist.

Die Bundesregierung hat sich mit dem Koalitionsvertrag einmal mehr zur Aufarbeitung unserer kolonialen Vergangenheit bekannt. Dabei hilft uns, dass wir in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten lernen mussten, Verantwortung für historisches Leid und Ungerechtigkeit zu tragen. Aufbauend auf diesem Erfahrungsschatz stellen wir uns auch unserer kolonialen Vergangenheit und wollen gemeinsam mit den Herkunftsstaaten und Herkunftsgesellschaften konstruktive Wege suchen und finden. Das ist Teil der historischen Verantwortung Deutschlands gegenüber den ehemaligen Kolonien – und Voraussetzung für Versöhnung und Verständigung mit den dort lebenden Menschen.“

Raphael Gross: „Eine offene Diskussion um dieses Objekt kann aus meiner Sicht mehrere positive Wirkungen haben: Sie wird in Deutschland das Bewusstsein für den Zusammenhang zwischen der deutschen Unrechtsherrschaft mit dem Genozid an den Nama und Herero und der Geste der Aneignung dieses portugiesischen Herrschaftssymbols öffnen. Sie kann in Namibia als ein Signal gesehen werden, dass man die Geschichte dieses Landes auch hier neu wahrnimmt. Die Frage nach historischer Gerechtigkeit kann das Fundament für die Kontroversen um Provenienzforschung und Restitution sein und dabei als ein missing link dienen: Was ist historisch gerecht? Diese Frage kann ein richtungsweisender Impuls für die Diskussion um die Rückgabe kolonialer Objekte sein.“

Seine Exzellenz, Herr Andreas B.D. Guibeb, Botschafter der Republik Namibia in der Bundesrepublik Deutschland: „Das Symposium des Deutschen Historischen Museums zum Thema ‚Die Säule von Cape Cross – Koloniale Objekte und historische Gerechtigkeit‘ gibt uns eine geeignete Gelegenheit, Ansichten darüber auszutauschen, wie wir mit der gemeinsamen Kolonialgeschichte zwischen Deutschland und Namibia umzugehen haben, und zwar mit dem Ziel, der Gegenwart, aber auch der Zukunft gerecht zu werden.“

 

Die Wappensäule von Cape Cross

In der Dauerausstellung des Deutschen Historischen Museums befindet sich seit 2006 die Wappensäule von Cape Cross. Sie zeigt das portugiesische Wappen, gekrönt von einem Kreuz. Auf ihr ist in Lateinisch und Portugiesisch der Herrschaftsanspruch des portugiesischen Königs João II. über das Land festgehalten, der sich über die aufgestellte Säule manifestierte. Der Seefahrer Diogo Cão hatte Ende des 15. Jahrhunderts im Auftrag des portugiesischen Königs auf der Suche nach einem Seeweg nach Indien den westafrikanischen Küstenverlauf erkundet und 1486 an der Küste des heutigen Namibia die Wappensäule aus Kalkstein errichtet. Ende des 19. Jahrhunderts ging sie in deutschen Besitz über, als das Gebiet Teil der Kolonie „Deutsch-Südwest-Afrika“ geworden war. Die Säule wurde 1893 ins Deutsche Kaiserreich verbracht. An ihrer Stelle ließ Kaiser Wilhelm II. 1895 als eigenes Herrschaftszeichen eine Nachbildung der Originalsäule mit einer zusätzlichen deutschen Inschrift und dem Reichswappen errichten. In Namibia wurde 1986 auf dem Cape Cross genannten Ort eine originalgetreue Replik der Wappensäule eingeweiht. Namibia hat im Jahr 2017 einen Anspruch auf die originale Wappensäule von Cape Cross bekundet.

Neue Veranstaltungsreihe „Historische Urteilskraft

Wem gehört die Wappensäule von Cape Cross und wohin gehört sie? Welche Ansprüche und welche moralische Verantwortung sind mit der Säule verbunden? Welche Fragen nach dem Umgang mit kolonialer Vergangenheit und historischer Gerechtigkeit können an der Säule von Cape Cross festgemacht werden? Was ist ihr eigentlicher Ort – Deutschland, Portugal oder Namibia?

Das interdisziplinäre Symposium ist der Beginn der neuen Veranstaltungsreihe „Historische Urteilskraft“ des Deutschen Historischen Museums, die sich einmal jährlich mit aktuellen gesellschaftlichen und museumsrelevanten Themen beschäftigen wird. Das Symposium soll einen wichtigen Beitrag zu den aktuell geführten Debatten zur Aufarbeitung des Kolonialismus leisten. Dazu gehören historische, kuratorische, rechtliche und moralische Aspekte, die am Beispiel dieses Exponats beleuchtet wurden. Zentral ist dabei die Frage nach historischer Gerechtigkeit.

Zu den Referenten des Symposiums gehörten Ethnologen, Juristen, Historiker, Philosophen, Politiker und Museumsfachleute aus Afrika und Europa:
Prof. Francisco Bethencourt (King’s College, London), Prof. Dr. Sebastian Conrad (Friedrich-Meinecke-Institut, Freie Universität Berlin), Dr. Dag Henrichsen (Basler Afrika Bibliographien, Basel), Winani Kgwatalala (Botswana National Museum, Gaborone), Dr. Lukas H. Meyer (Karl-Franzens-Universität, Graz), Prof. Dr. Achille Mbembe (University of Witwatersrand, Johannesburg), Ellen Ndeshi Namhila (UNAM University of Namibia, Windhoek), Ruprecht Polenz (Sondergesandter der Bundesregierung für die deutsch-namibische Vergangenheitsbewältigung), Prof. Dr. Sophie Schönberger (Universität Konstanz) und Dr. Jeremy Silvester (Museums Association of Namibia, Windhoek).


Detaillierte Informationen zum Programm erhalten Sie unter: http://www.dhm.de/sammlung-forschung/symposien-workshops/die-saeule-von-cape-cross.html