documenta.
Geschichte / Kunst / Politik
Ganztägiges Symposium am 15. Oktober 2019
Die ästhetisch-politische Geschichte der Bundesrepublik spiegelt sich in besonderer Weise in der documenta: Bei ihrer Gründung 1955 galt sie als künstlerische Initiative des Wiedereintritts in die Welt der Moderne, als ‚Neuanfang‘ nach einer Phase extremer politisch-ideologischer Instrumentalisierung.
Seither zieht sie sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Bundesrepublik und wurde immer wieder zu einem Ort, an dem sich zentrale Aspekte der deutschen Nachkriegsgeschichte, die Spuren des Nationalsozialismus, die Blockbildung des Kalten Kriegs und das Selbstverständnis der bundesrepublikanischen Gesellschaft widerspiegelten.
Auf dem Symposium documenta. Geschichte / Kunst / Politik diskutieren renommierte Kunsthistorikerinnen und Historiker, Künstlerinnen und Kuratoren an ihrem Beispiel das komplexe Verhältnis von Geschichte, Kunst und Politik, darunter u.a. Bildhauerin E. R. Nele Bode (Frankfurt/Main), Kunsthistoriker Wolfgang Brauneis (Köln), Archivkuratorin Mela Dávila (Hamburg), Museumsdirektorin und Kuratorin Sabine Eckmann (St. Louis), Künstlerin Maria Eichhorn (Berlin), Historiker Norbert Frei (Jena), Kuratorin Julia Friedrich (Köln), Historiker und Kurator Bernhard Fulda (Cambridge), Kunsthistoriker und Kurator Eckhart Gillen (Berlin), Dokumentarfilmer und Künstler Amar Kanwar (Neu-Delhi), Kunsthistoriker und Kurator Lars Bang Larsen (Kopenhagen), Kurator und Kunsthistoriker Pietro Rigolo (Los Angeles), Kunstkritikerin und Wissenschaftshistorikerin Julia Voss (Lüneburg), Literaturwissenschaftlerin Liliane Weissberg (Philadelphia) und Historikerin und Kuratorin Dorothee Wierling (Hamburg).
Das Symposium ist das zweite in der Reihe „Historische Urteilskraft“. Es steht im Zusammenhang mit unserer für 2021 geplanten Ausstellung zur Geschichte der documenta, die Lars Bang Larsen und Dorothee Wierling kuratieren.
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Publikation
Historische Urteilskraft 02. Magazin des Deutschen Historischen Museums
Mit dem Titelthema widmet sich die zweite Ausgabe der politischen Geschichte der documenta: Die Beiträge eröffnen neue Perspektiven auf die 1955 gegründete zeitgenössische Kunstausstellung, die sich als Gegenentwurf zur „Entartete Kunst“-Ausstellung verstand, dabei jedoch – das zeigen neue Forschungen und Quellen – selbst nicht frei von NS-Kontinuitäten war.
PROGRAMM
Stand: 4. September 2019
8.30-9.30 Uhr
Registrierung
9.30-10.30 Uhr
Begrüßung
Prof. Dr. Raphael Gross, Deutsches Historisches Museum, Berlin
Rahmenvortrag
Moderation
Prof. Dr. Liliane Weissberg, University of Pennsylvania, Philadelphia
Zweifel annehmen
Amar Kanwar, Künstler und Filmemacher, Neu-Delhi
Diskussion
10.30-11.00 Uhr
Zeitzeugin im Gespräch
Prof. Dr. Dorothee Wierling i.R., Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg
E. R. Nele Bode, Bildhauerin, Frankfurt a. M.
11.00-11.45 Uhr
Impulsvortrag
Moderation
Mela Dávila, Archivkuratorin, Hamburg
Moderne ist die beste Medizin: Wie die documenta den Deutschen half, die Wunden, die sie anderen zugefügt hatten, für ihre eigenen auszugeben. Und gleich zu heilen.
Dr. Julia Friedrich, Museum Ludwig, Köln
Diskussion
11.45-13.00 Uhr
Mittagspause
13.00-14.30 Uhr
Panel I
Die documenta und der Nationalsozialismus
Moderation
Prof. Dr. Julia Voss, Leuphana Universität Lüneburg
documenta I – Neuanfang durch Kanonisierung?
Dr. Bernhard Fulda, University of Cambridge
Die „Gottbegnadeten“ in der BRD. Künstler des Nationalsozialismus in den 1950er und 1960er Jahren
Wolfgang Brauneis, Kunsthistoriker, Köln
Diskussion
14.30-15.00 Uhr
Künstlerin im Gespräch
Dr. Lars Bang Larsen, Kurator, Kopenhagen
Maria Eichhorn, Künstlerin, Berlin
15.00-15.30 Uhr
Pause
15.30-18.00 Uhr
Panel II
Die documenta und der Kalte Krieg
Moderation
Prof. Dr. Norbert Frei, Friedrich-Schiller-Universität Jena
Im Schatten des Kalten Krieges: Abstrakte Kunst in Frankreich, Deutschland und den USA, 1945-1959
Dr. Sabine Eckmann, Washington University, St. Louis
„Gefeit gegen die Sirenenklänge der ‚Massenglücksdogmen’“ (Werner Haftmann). Die documenta 1 + 2 als Wiedergutmachung der Vergangenheit und Bollwerk gegen den Osten
Dr. Eckhart J. Gillen, Kunsthistoriker, freier Kurator, Berlin
Besser sehen durch documenta? Die Planung der documenta 5 und der Versuch, über den Eisernen Vorhang hinauszuschauen.
Dr. Pietro Rigolo, Getty Research Institute, Los Angeles
Diskussion
ORT
Deutsches Historisches Museum
Zeughaushof
Unter den Linden 2
10117 Berlin
KONFERENZSPRACHEN
Deutsch und Englisch (mit Simultanübersetzung)
KONTAKT
Vera von Lehsten
tagungsbuero@dhm.de
Tel. +49 (0)30 20304-392
VERANSTALTUNGSREIHE „HISTORISCHE URTEILSKRAFT“
Das Deutsche Historische Museum (DHM) versteht sich als Ort zur Stärkung historischer Urteilskraft. Sie bildet sich in der Diskussion vielfältiger, oft gegensätzlicher Meinungen und ist unabdingbar, wenn wir Ereignisse der Gegenwart im Lichte der Vergangenheit reflektieren, uns an vergangenes Geschehen erinnern oder es erforschen wollen. Sie setzt voraus, von der eigenen Situiertheit zu abstrahieren und zu erkennen, dass historische Ereignisse aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden können: Nur so ist es möglich, auch das eigene Urteil kritisch überprüfen, vergleichend bewerten und reflektiert einordnen zu können.
Mit der gleichnamigen Veranstaltungsreihe wollen wir dem Begriff „Historische Urteilskraft“ in den kommenden Jahren anhand zentraler Themen deutscher Geschichte und ihrer aktuellen Bezüge nachgehen und ihn so für das DHM prägen: Ziel ist es, im Sinne eines aufklärerischen Impulses ein bewusst offenes und unabhängiges Forum zu schaffen, mit dem sich das Deutsche Historische Museum als Verhandlungsort prinzipieller, übergreifender philosophisch-ethischer, historischer und museologischer Fragen etabliert.
Es geht dabei nicht um den Versuch, Konsens zu erreichen, sondern darum, durch den Blick auf Kontroversen die Herausbildung und Fortentwicklung öffentlicher Diskussionen zu befördern und eine Verständigung über die Multiperspektivität statt Linearität von Geschichte herbeizuführen, um diese im Lichte neuer Fakten und Ereignisse erneut in Frage stellen zu können.
Bei dem ersten Symposium unter dem Titel „Die Säule von Cape Cross. Koloniale Objekte und historische Gerechtigkeit“ haben wir im vergangenen Jahr mit renommierten Jurist*innen und Philosoph*innen, Kurator*innen und Historiker*innen als erstes Museum öffentlich und ergebnisoffen den Umgang mit einem umstrittenen kolonialen Objekt in unserer Dauerausstellung diskutiert. Am 16. Mai 2019 folgte das Kuratorium des Deutschen Historischen Museums einstimmig der daraufhin erfolgten Entscheidung des Präsidenten, Prof. Dr. Raphael Gross, die Säule von Cape Cross an den namibischen Staat zu übergeben.