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Unter Kinder- und Jugendliteratur (KJL) sind Publikationen zu verstehen, die sich inhaltlich und sprachlich für Kinder und Jugendliche eignen. Sie sind entweder eigens für junge Menschen verfasst worden oder werden größtenteils von diesen gelesen. In dieser Buchgattung werden die unterschiedlichsten Veröffentlichungsformen verwendet - von einfachen Bilderbüchern über Sachbücher für den Schulunterricht bis hin zur Belletristik.

Bei den frühesten Kinderbüchern handelte es sich vielfach um Lehrmaterialien, damit das Lesen, Schreiben, Rechnen und die religiöse Erziehung kindgerecht vermittelt werden konnte. Die Literaturgattung selbst entwickelte sich erst im 18 Jh. mit dem Ausbau des deutschen Schulwesens. Lesen sollte von nun an nicht mehr nur die Grundlage zum Lernen bilden, sondern auch als kurzweiliger Zeitvertreib dienen. Veröffentlichungen der Schönen Literatur wurden dafür von denen der pädagogischen abgekoppelt. Die erzieherische Komponente verschwand in Kinderbüchern jedoch nie.  Gerade in Volksmärchen und Sagen war die Verknüpfung zwischen moralischer Anleitung und spannender Unterhaltung charakteristisch. Den Höhepunkt hatte das sogenannte moralische Erzählen in berühmten Werken wie Der Struwwelpeter und Max & Moritz, auch wenn die dargestellten Erziehungsmethoden heute eher kritisch zu diskutieren sind. Ein Meilenstein zum Ende des 19. Jhs. war die Herausbildung der Mädchenliteratur als Untergattung der KJL. Diese bildeten einen besonderen Gegensatz zu den auf Jungen zugeschnittenen Abenteuerromanen. Bevor die Nationalsozialisten im Dritten Reich die KJL durch ihre Literatur- und Kulturpolitik lenkten, entstand eine Vielzahl von Büchern, die nicht nur das gut-bürgerliche Leben des vorangegangenen Jahrhunderts zeichneten, sondern auch sozialistische Werte förderten. Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich der KJL-Markt im geteilten Deutschland unterschiedlich. Während sich  Kinderbücher in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik stark an sowjetischen Autor*innen mit sozialistischen Inhalten orientierten, eroberten in der Bundesrepublik eher anglo-amerikanische und skandinavische Schriftsteller*innen den Buchhandel. Heute schauen wir auf einen breitgefächerten Markt mit fiktionalen und non-fiktionalen Bücher für alle Altersklassen, der gerade bei der KJL zu allen möglichen Thematiken Medien bereithält.

Die KJL hat über die Jahrhunderte dennoch die gleichen Aufgaben. Neben der Leseübung und der damit verbundenen Erweiterung und Festigung des Wortschatzes zielt sie auf Wissensvermittlung und das Erzeugen eines Bildungsbedürfnisses ab. Kinderbücher werden aber auch zum Zweck der Selbstreflexion, dem Verarbeiten von seelischen Vorgängen sowie dem Erlernen von sozialen Kernkompetenzen und ethischen Werten herausgegeben. Nicht zuletzt fördern sie die kindliche Fantasie, die eine große Unterstützung beim Heranwachsen ist. Diese hilft die eigene Umwelt besser zu verstehen und wahrzunehmen, Dinge zu verarbeiten, die ein Kind beschäftigen, und Empathie für andere zu entwickeln.

Die DHM-Bibliothek sammelt Vertreter der KJL als historische Zeitzeugen der Epochen, in der sie entstanden sind, ohne dabei den Anspruch der Vollständigkeit zu haben. Neben Klassikern wie Der kleine Prinz und Emil und die Detektive besitzt sie deswegen auch Kinderbücher, die inhaltlich aus der Mode oder auch sprachlich aus der Zeit gekommen sind. Die kleine Ausstellung sollte zum einen die Bandbreite der Publikationsformen in der DHM-Bibliothek abbilden, zum anderen aber auch für den Umgang mit besonderen, bzw. als kritisch anzusehende Exponate im Ausstellungswesen sensibilisieren.

Idee und Auswahl: Charlotte Lenz

Johann Amos Comenius: Orbis sensualium picti pars prima et secunda
Nürnberg: Johannes Andreas Endter, 1745/46 | R 92/2984 -1/2

Joachim Heinrich Campe: Vaeterlicher Rath für meine Tochter
Braunschweig: Verlag der Schulbuchhandlung, 1789 | R 60/1701<a>

Hoch-Deutsches Lutherisches A B C- und Namens-Büchlein für Kinder, neue und verbesserte Auflage
Philadelphia: Schäfer und Konradi, [um 1838] | R 94/1038

Riccardo Stephens: Wenn ein Knabe raucht, 2. vermehrte Auflage
Friedrichshagen: Jugendbund-Buchhandlung, [um 1910] | R 15/1287<2>

Erich Kästner: Emil und die Detektive, 211.-215, Tsd.
Berlin: Williams & Co Verlag, 1947 | 18/1677<211.Tsd.>

Antoine de Saint-Exupéry: Der Kleine Prinz
Bad Salzig: Karl Rauch Verlag, 1950 | R 2024/37

Benno Pludra: Bootsmann auf der Scholle, 6. Auflage
Berlin: Der Kinderbuchverlag, [1965] | 2020/1144

Ursula Kirchberg: Rike und Matti – Wenn Eltern sich trennen
München: Ellermann Verlag, 1986 | 18/672

Ari Folman und David Polonsky: Das Tagebuch der Anne Frank – Graphic Diary
Frankfurt am Main: S. Fischer, 2017 | 18/640

Heinrich Hoffmann: Der Struwwelpeter, 458. Auflage
Frankfurt am Main: Literarische Anstalt Rütten & Loening, [um 1918] | RA 11/1295<458>

Beatrice Braun-Fock: Zehn kleine Negerbuben
Mainz: Verlag Jos. Scholz, [um 1932] | RA 2021/11

Ernst Hiemer: Der Giftpilz – ein Stürmerbuch für Jung und Alt
Nürnberg: Verlag Der Stürmer, 1938 | GA 1773<a>

Wilhelm Hauff: Der kleine Muck und andere Erzählungen
Berlin: Lessing-Verlag, [1950] | 19/747

Karl May: Winnetou I – Filmband, Lizenzausgabe
[Rheda-Wiedenbrück]: Bertelsmann Lesering, [1964] | R 02/637 -1