Bestandsforschung
Das DHM überprüft systematisch seine Sammlungen auf Hinweise nach möglichem NS-Raubgut wie nach Enteignungen in der SBZ-/DDR. Einzelne Sammlungsbestände werden auf ihre Provenienzmerkmale hin untersucht. Ergeben sich daraus Rechercheansätze, wird die Herkunft einzelner Objekte eingehend erforscht. Die Provenienzrecherchen werden durch die Besonderheiten unserer Sammlungen strukturiert:
Kennzeichnend für die Sammlungen des DHM ist ihr (kultur-)historischer Charakter. Anders als bei einer reinen Kunstsammlung sind die Bestände auf ihre historische Aussagekraft hin zusammengestellt worden und nicht nach kunsthistorischen Kriterien. Hieraus ergeben sich oft komplizierte Recherchewege. Eine große Zahl von Objekten stammt beispielsweise aus serieller Produktion, wodurch einzelne, möglicherweise belastete Gegenstände nur schwer zu identifizieren sind. Hinzu kommen Objekte von kaum bekannten Hersteller*innen und/oder Künstler*innen, die sich in Quellen wie Ausstellungs- und Auktionskatalogen kaum finden lassen.
Das DHM wie auch das MfDG sind Nachkriegsgründungen. Dementsprechend setzte der Sammlungsaufbau des MfDG erst 1952, der des DHM ab 1987 ein. Von den ab diesem Zeitpunkt erworbenen Objekten lassen sich nur sehr bedingt Vorbesitzer*innen aus der Zeit vor 1945 identifizieren und Handelswege nachvollziehen.
Es ist davon auszugehen, dass von den mehr als eine Million Sammlungsobjekten des DHM nur ein Bruchteil systematisch auf Entzugskontexte während der NS-Zeit, der sowjetischen Besatzungszeit oder der DDR-Zeit untersucht werden können. Der Fokus der Provenienzrecherchen am DHM liegt aus den genannten Gründen daher bei (annähernd) unikalen Objekten, die sich größtenteils in den Sammlungen mit künstlerischem Charakter befinden, wie Gemälde und Skulpturen, Grafik und Angewandte Kunst.
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Publikation
Provenienzforschung in der Gemäldesammlung des DHM
Zwischen November 2017 und Oktober 2019 führte das Deutsche Historische Museum (DHM) ein vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste gefördertes Forschungsprojekt zur Überprüfung eines Teilbestandes der Gemäldesammlung auf mögliche NS-verfolgungsbedingte Entzugsvorgänge durch. Aufbauend auf dem bereits veröffentlichten Zwischenstand zum Projekt liegt nun der Abschlussbericht mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse vor.
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Publikation
Der „Hofzwerg“ aus der Sammlung des Theaterregisseurs Max Reinhardt
Seit 1988 befindet sich in der Gemäldesammlung des Deutschen Historischen Museums (DHM) das Porträt eines kleinwüchsigen Mannes in eleganter, höfischer Kleidung – eines „Hofzwergs“. Das DHM kaufte das Bild aus dem späten 17. Jahrhundert im Münchener Kunsthandel als Werk eines unbekannten Salzburger Meisters an. Bei der Rückseitenanalyse im Jahr 2018 konnten auf dem Keilrahmen zwei Aufkleber festgestellt werden, die das Bild mit dem Schloss Leopoldskron und der Sammlung Max Reinhardt in Verbindung bringen. Ein Blick auf die Rechnung aus dem Jahr 1988 bestätigte die Zuweisung an das Schlossinventar und die Sammlung Reinhardt.
Aufgrund dieser Hinweise wurde eine intensive Recherche durchgeführt, anhand derer die verschiedenen Facetten und Möglichkeiten der Provenienzforschung exemplarisch anschaulich werden. -
Publikation
Bruno Lohse und die Kaiserbilder Albrecht Dürers im Deutschen Historischen Museum
2003 erwarb das Deutsche Historische Museum zwei Albrecht Dürer und seiner Werkstatt zugeschriebene Porträts, Brustbilder von Kaiser Karl dem Großen und von Kaiser Sigismund. Als Verkäufer trat eine nicht näher bezeichnete Schweizer Familienstiftung auf. Die vom Museum vor dem Ankauf in die Wege geleitete Überprüfung der Herkunft der Bilder ergab keine Hinweise auf Raub- oder Fluchtgut.
Erst 2015 fanden sich Anhaltpunkte, dass die Bilder aus dem Besitz von Bruno Lohse stammten, der zwischen 1941 und 1944 für die nationalsozialistische Kunstrauborganisation Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg in Frankreich tätig war. Eine Spurensuche begann. -
Publikation
Die verborgene Geschichte eines Gemäldes von Adolph Menzel
Bevor das Gemälde "Borussia" von Adolph Menzel 2001 an das Deutsche Historische Museum kam, erregte es großes öffentliches Interesse. Es war das erste Kunstwerk eines Berliner Museums, welches nach Verabschiedung der "Washingtoner Erklärung" von 1998 aus deutschem Bundesbesitz an die rechtmäßigen Erben im Jahre 2000 restituiert wurde.
Ausgehend von den zum Teil rätselhaft wirkenden Aufschriften und Etiketten der Gemälderückseite lässt sich an dem Kunstwerk exemplarisch eine nahezu vollständige Objektbiografie veranschaulichen.