Zur Sammlung
Ein Fluchtboot zweier Brüder, mit dem sie angetrieben von einer Handkurbel vergeblich versuchten über die Ostsee die DDR zu verlassen; der Hut Napoleons, bei der Schlacht von Waterloo erbeutet; ein Gemälde von Felix Nussbaum, wenige Monate vor seiner Deportation im Brüsseler Versteck entstanden; ein Kleid der preußischen Königin Luise; die Handprothese eines mittelalterlichen Ritters: Dies ist nur eine kleine Auswahl aus ca. einer Million Zeugnissen zur deutschen Geschichte. Die ältesten stammen aus dem frühen Mittelalter, als von Deutschland noch keine Rede war, die jüngsten aus der unmittelbaren Gegenwart.
Jedes Jahr wird diese Sammlung um ca. 7.000 Objekte ergänzt und stellt damit ein wachsendes materielles Gedächtnis deutscher Geschichte im europäischen Kontext dar. In seiner Zusammensetzung spiegelt es den wechselnden Blick auf die Geschichte wider, da vor jedem Erwerb die Frage zu beantworten ist, warum ist das Objekt erhaltenswert und welche Erkenntnisse lassen sich daraus über unsere Vergangenheit für die Gegenwart und für kommende Generationen gewinnen
Die Aufgabe des Deutschen Historischen Museums (DHM) ist es, diese häufig sehr fragilen und von Zerfall bedrohten Objekte zu bewahren, ihre Herkunft und ihre Bedeutung zu erforschen und sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Zusammensetzung der Sammlung ist jedoch nicht zufällig, sondern selbst ein Spiegelbild von 200 Jahren Museumsgeschichte.
Die eindrucksvolle Sammlung von Waffen, Uniformen und militärischen Abzeichen, aber auch viele der Zeugnisse zur preußischen Geschichte gehen auf das Zeughaus und das dort 1883 gegründete preußische Militärmuseum zurück, das dem Ruhm der brandenburgisch-preußischen Armee dienen sollte. Nach der durch die Alliierten 1945 verfügten Auflösung dieses Museums gingen die Bestände und das Zeughaus selbst an das 1950 neu gegründete Museum für Deutsche Geschichte über. Das zentrale Geschichtsmuseum der DDR sollte ein sozialistisches Geschichtsbild mit der Entwicklung von der Urgesellschaft zum Kommunismus vermitteln. Die Sammlungstätigkeit konzentrierte sich auf die Umsetzung dieses Geschichtsmodells und trug zahlreiche Zeugnisse zur Geschichte der sozialen Bewegungen seit dem Mittelalter, insbesondere der Arbeiterbewegung, und der materiellen Kultur des Alltags zusammen. Aber auch Gesellschaft und Politik der DDR waren ein wesentliches Sammlungsziel, so dass das DHM auch über die bedeutendste Sammlung zur Geschichte der DDR verfügt.
Das DHM sieht sich heute in seiner Sammlungstätigkeit der regionalen, kulturellen und sozialen Diversität Deutschlands als Teil Europas verpflichtet. Besondere Schwerpunkte bilden dabei Zeugnisse zur Geschichte der Demokratie in Deutschland, aber auch des Nationalsozialismus und seines Nachwirkens in der BRD und der DDR.
Gemälde, Grafiken, Möbel, Kunsthandwerk, technische und medizinische Geräte, Münzen und Medaillen, Alltagskultur, Kleidung und Fahnen, Dokumente, Waffen und Uniformen, militärische und zivile Abzeichen, Plakate, Fotografien und Postkarten, Manuskripte und seltene Buchdrucke bilden so ein breites Spektrum von Politik, Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft, das zu immer neuen Fragen und zur fruchtbaren Auseinandersetzung mit Vergangenheit und Gegenwart herausfordert.