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Zu Gast: Johann Feindt

Bei einer Lesung im Februar 1990 spricht der Schriftsteller Jürgen Fuchs über seine Haft im Stasi-Gefängnis, als sich ein Besucher meldet: „Ich bin einer von denen, die Sie beschreiben, aber mit uns spricht ja keiner.“ Der schwarze Kasten hört diesem Mann zu, der von sich selbst sagt, dass er ein „Schreibtischtäter“ gewesen sei: Es ist das Psychogramm eines ehemaligen Oberstleutnants der Stasi.

Zu Beginn tastet sich die Handkamera durch eine enge Lagerhalle mit endlosen Regalreihen, in denen tausende Akten gestapelt sind, Berichte von und über Menschen, deren Leben und Gedanken überwacht, seziert und beurteilt wurden. Dazu die Stimme des ehemaligen Offiziers der Staatssicherheit, der von seinem Interesse am Menschen berichtet, von seinem humanistischen und wissenschaftlichen Streben. Als promovierter Psychologe schulte er Stasi-Mitarbeiter darin, DDR-Bürger noch effektiver zu vernehmen, zu manipulieren und ihre Persönlichkeit zu brechen. Tamara Trampe fragt nach und möchte verstehen. Ein Eingeständnis seiner eigenen Verantwortung oder gar Schuld kommt ihrem Gegenüber nicht über die Lippen. Dafür erfahren wir viel über einen Menschen, der selbst einmal Kameramann werden wollte und dessen Privatleben von seiner Kindheit bis zur Partnerwahl überwacht und reglementiert wurde. Wenn der ehemalige Stasi-Offizier über sein Studium und seine Freundschaft mit dem Dissidenten Jürgen Fuchs spricht, stellt er sogar fest: „Ich hatte auch Schwierigkeiten, mit dem MfS zurechtzukommen. Ich war auch ein Sicherheitsrisiko.“ (ps)

Der schwarze Kasten