Migrant*innen in Schweden

Peter Nestlers vierteilige Auseinandersetzung mit verschiedenen migrantischen Gruppen in Schweden ist eine humanistische Anklage: Denn wenn man die sowohl mit Gesprächen wie mit historischen Dokumenten erarbeiteten Geschichten der Hanse auf Gotland, der Sinti*zze und Rom*nja in Schweden und der geflüchteten Iraner*innen betrachtet, erkennt man ein sich verschränkendes Netz aus Kapitalismus und Faschismus, das seit hunderten Jahren auf Kosten sogenannter Ausländer*innen über Gesellschaften gespannt wird. Subtil fragen die Filme dabei, wie sich die Geschichte der Unterdrückten überhaupt re-konstruieren ließe. Nestlers Antwort ist so simpel wie komplex: Man muss berichten, so wie die Romnja-Mutter Nestlers Tochter, und man muss zuhören und dokumentieren.

Gleichzeitig findet Nestler nicht nur Wehrhaftigkeit unter den Unterdrückten, er dokumentiert auch die Würde, die diese in ihrer Arbeit finden: Teppichknüpfen bei den Iraner*innen, Eisenherstellung bei den Wallonen, Silberverarbeitung bei den Rom*nja. Es ist paradox, dass diese identitätsstiftende Arbeit im gleichen Atemzug zur Ausbeutung der jeweiligen Gruppe führt – und in größeren Zusammenhängen gar zur Produktion jener Güter (Waffen, Öl), die diese Gruppen unterdrückt. Weil Nestler die Widersprüche im Bild der Arbeit zulässt, entsteht ein monumentaler Blick auf grausame Ausbeutungsmechanismen. (ph)

Eh-Jae Kim ist Filmwissenschaftlerin und Mitarbeiterin des Zeughauskinos.

Manche Filmtitel und Voice-Over von Peter Nestler verwenden rassistische Begriffe für Sinti*zze, Rom*nja und die indigenen Völker der USA. Diese Begriffe sind aus dem historischen Kontext zu verstehen. Peter Nestler und seine Filme richten sich gegen diese Diskriminierung.