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Das Kino liebt die Eisenbahn. Denn wie beim Filmeschauen im dunklen Saal vor großer Leinwand weitet sich beim Eisenbahnfahren die Wahrnehmung. Es zerfließt das Gefühl für Entfernung und Geschwindigkeit, verschmelzen Land und Stadt, Realität, Sehnsucht und Fantasie. Wenn der Passagier, im Zug sitzend, hinausschaut und die vorbeifliegende Landschaft zum Spektakel wird, ist das nicht fast so wie im Kino?

Seit der Einfahrt eines Zuges im Film der Brüder Lumière aus dem Jahr 1895 bevölkern Eisenbahnen die internationale ebenso wie die deutsche Filmgeschichte. Lang ist die Liste herausragender Werke, in denen die Eisenbahn als Fortbewegungsmittel und Utopie, als Ort intensiver Begegnungen oder als schiere Emotions- und Geschichtenmaschine die Hauptrolle spielt. Das gilt insbesondere für die Dampflokomotive, die selbst einem magischen Wesen gleicht: rasend, Kilometer fressend, lang wie ein Lindwurm, Rauch speiend wie ein Drache.

Unsere Filmreihe Einsteigen bitte! lädt zu einer Bahnreise durch die deutsche Filmgeschichte ein, von den 1920er Jahren bis in die frühe Nachwendezeit, vom Sensationsfilm Abenteuer im Nachtexpreß (1925) mit Harry Piel über ein Montagefeuerwerk in Das Stahltier (1935) und das deutsch-deutsche-Drama Verspätung in Marienborn (1963) hin zum Autorenfilm Rheingold (1978) und dem düsteren Film Noir Europa (1991). Zu erleben ist das überreiche Spektrum von Filmen, die mit und in der Bahn spielen. Darunter sind auch zahlreiche Dokumentar- und Experimentalfilme, Propaganda- und Imagefilme, in denen die Bahn im „Dritten Reich“, in der DDR und der Bundesrepublik ihre gesellschaftliche Bedeutung mal plakativ, mal reflektierend vorstellt. „Der Kluge reist im Zuge“, sagt ein Bundesbahn-Schaffner in Rheingold und zitiert damit ironischerweise den Slogan der für ihre Pünktlichkeit und Verlässlichkeit berühmten Schweizerischen Bundesbahnen. Wir sagen: Der Kluge – und natürlich auch die Kluge – reist im Kino! Denn das Kino ist, nun in den Worten der Deutschen Bundesbahn von 1954, „Pünktlich, sicher und bequem!“ (Philipp Stiasny)

Die Retrospektive Einsteigen bitte! wurde kuratiert von Philipp Stiasny.

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